Der Weg des Feuers
schöne Göttin des Westens hat unseren Bruder zu sich genommen«, sagte Sesostris, »jetzt wird er ewig im Osten wiedergeboren. Wie Sepi wird er für immer unter uns sein.«
Gerne hätte der Pharao diese Zeremonie weiter gefeiert und den Zusammenhalt des Goldenen Kreises gestärkt, aber es gab eine ernste Frage, die in der Bruderschaft besprochen werden musste.
»Seit dem verheerenden Unglück von Memphis schweigt der Prophet. Dieses Schweigen kann eigentlich nur die Ruhe vor dem Sturm sein, vor einem Sturm, über den wir noch nichts wissen. Die Maßnahmen, die Sobek und General Nesmontu getroffen haben, gewährleisten die Sicherheit unseres Landes. Bedenklicherweise hat der Feind gewusst, wie wir handeln würden.«
»Er ist zum Schweigen verurteilt und unfähig, weiteren Schaden anzurichten«, meinte der Wesir.
»Das will er uns nur glauben machen!«, widersprach Sekari,
»ein Verbrecher seiner Größenordnung gibt niemals auf.«
»Dank Iker wissen wir aber, dass das syrische Palästina nicht das nächste Schlachtfeld sein wird«, sagte General Nesmontu.
»Und die Hauptstadt wird so streng bewacht, dass die Leute des Propheten dort zur Untätigkeit verdammt sind. Er muss also an einem anderen Ort zuschlagen.«
»Der Sommer ist sehr heiß«, stellte Senânkh fest, »vor der Schwemme erreicht die Trockenheit ihren Höchststand. Dieser Zeitraum ist sehr ungeeignet, um Ortswechsel vorzunehmen und einen Angriff zu wagen. Ich glaube, das Wetter und die Jahreszeit gestatten uns eine kleine Verschnaufpause.«
Die Große Königliche Gemahlin berichtete nun von der Arbeit der Priesterinnen in Abydos und der Pflege, die sie dem Baum des Lebens angedeihen ließen. Schließlich wies der Kahle auch noch darauf hin, dass sich alle Ritualisten streng an ihre Vorschriften hielten. Es habe keinen Zwischenfall gegeben. Trotz der allgemeinen Sorge hielt sich das heilige Reich des Osiris tapfer gegen den Feind.
»Geht die junge Isis den Weg der großen Mysterien weiter?«, wollte der Wesir wissen.
»Sie kommt Schritt für Schritt und in ihrem eigenen Rhythmus voran«, antwortete die Königin. »Auch wenn es unser Wunsch ist, sie erhaben zu machen, sollten wir uns doch zu keiner Eile hinreißen lassen, die ihr schaden könnte.«
»Angesichts der schwierigen Aufgabe, die Isis übernehmen soll, muss sie in den Genuss einer ganz besonderen Lehre kommen«, verlangte Sesostris.
»Vielleicht einer wie Iker?«, schlug Sehotep vor.
»Ich leite sie, wie mich mein geistiger Vater geleitet hat.«
Nachdem das königliche Paar die Akazie mit Wasser und Milch begossen hatte, beweihräucherte sie der Kahle, während Isis die Sistren spielte. Sie beherrschte diese Instrumente mittlerweile so meisterhaft, dass sie ihnen eine unvorstellbare Vielfalt an Tönen entlocken konnte.
»In den Archiven vom Haus des Lebens habe ich etwas entdeckt, was sehr wichtig sein könnte«, berichtete die Priesterin, als das Ritual beendet war. »Gold ist für die osirische Verwandlung unersetzlich, weil die Haut des Auferstandenen aus reinem Metall besteht. In ihm verdichtet sich das Licht und spiegelt das unstoffliche Wesen der göttlichen Macht wider. Und sein Leuchten wird zu dem von Maat.«
All das wussten der König, die Königin und der Kahle schon seit langem. Doch es war gut, dass Isis das selbst herausgefunden hatte. Die junge Frau folgte einem Weg, der sie früher oder später zu einer grundlegenden Entdeckung führen würde.
»Den alten Schriften zufolge ist der Pharao der Schürfer, der Goldschmied, der das Gold zum Leuchten bringen kann, damit es Götter und Menschen erleuchtet und den Einklang zwischen Himmel und Erde aufrechterhält. Der Bericht eines Forschers aus der Zeit der großen Pyramiden liefert folgenden Hinweis: Die Götter selbst haben ihren allergrößten Schatz in fernen südlichen Ländern vergraben – in Nubien. Könnte dieses Wunder, das ihre Kräfte verbirgt, etwas anderes sein als das Gold, das für Osiris bestimmt ist?«
»Ohne dieses Gold können wir die Ritualgegenstände, die wir zur Feier der Mysterien benötigen, nicht in Ordnung bringen«, sagte der Kahle. »Ihrer Wirkung beraubt, würden sie so nutzlos. Dann geht es aber auch noch um das große Geheimnis, zu dem ich schweigen muss.«
Nubien ist eine wilde Landschaft, schlecht zu überwachen, voller sichtbarer und unsichtbarer Gefahren, dachte Sesostris, in Nubien war auch General Sepi getötet worden, dessen Mörder bisher ungestraft blieb. Ja, Isis hatte
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