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Der Weg des Feuers

Der Weg des Feuers

Titel: Der Weg des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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strahlender Himmel. Das Inselchen lag fern vom lärmenden Treiben der Stadt und war wie von einer anderen Welt.
    Der König ruderte zügig und schwieg dabei. Isis saß in Gedanken versunken am Bug der Barke und bewunderte diesen schönen Ort, an dem eine Gestalt des Auferstandenen ruhte.
    Geräuschlos legte das kleine Boot an.
    Die dreihundertfünfundsechzig Opfertische auf der Insel Biggeh heiligten das Jahr. Die Göttin vergoss dort täglich Milch, die von den Sternen stammte, als Trankopfer. Die junge Priesterin folgte dem Pharao zu der Höhle, in der das Bein von Osiris und die Schale von Hapi aufbewahrt wurden, dem Horus-Sohn, der die Nilschwemme auslöste. Oben auf dem Felsen wuchsen eine Akazie und eine Jujube. Isis nahm eine Kanne mit Wasser von der letzten Flut und reinigte damit die Hände des Königs.
    »Ihr Herren über den Wasserfall, seid uns gewogen!«, betete die Priesterin. »Der König ist der Diener von Osiris und die Verkörperung seines Sohnes Horus. Anuket und Satis, ihr Göttinnen, schenkt ihm Leben, Kraft und Stärke, damit er nach Maats Gesetz herrschen und die Finsternis vertreiben kann. Seine Wachsamkeit möge siegreich sein.«
    Da erschienen ihnen auf einmal zwei Frauen von betörender Schönheit. Die eine trug einen Haarschmuck aus bunten Federn, die andere die weiße Krone mit den Gazellenhörnern. Anuket reichte dem Pharao das Zeichen der Macht, Satis gab ihm einen Bogen und vier Pfeile.
    Mit dem ersten Pfeil zielte Sesostris Richtung Osten, mit dem zweiten nach Westen, den dritten schickte er nach Norden und den vierten nach Süden, und die Pfeile verwandelten sich im strahlenden Blau des Himmels in Lichtstrahlen. Die beiden Göttinnen waren verschwunden.
    »Jetzt können wir wieder auf die andere Seite der Wirklichkeit zurückkehren und mit dem Bau des Kanals beginnen«, sagte der König zu Isis.
    Sehotep war sehr froh, dass Iker die Unternehmung begleitete. Unermüdlich bewältigte der Schreiber große Mengen an Arbeit, sei es, dass er Rechnungen überprüfte, die Baustelle leitete, tausend und eine technische Schwierigkeit regelte oder sich die Klagen der Handwerker anhörte und sie immer wieder anspornte.
    Und auch Medes gönnte sich keine Pause.
    Gerade verfasste er den Erlass aus dem achten Jahr von Sesostris III. in dem der Bau des Kanals von Elephantine verkündet wurde, der die erste Provinz Oberägyptens mit Nubien verbinden sollte. Doch über dieser Arbeit vergaß er nicht die beunruhigenden Zukunftsaussichten: Der Aufbruch zu dieser Unternehmung sollte unbedingt noch vor dem Beginn der Schwemme stattfinden, und er hatte keine Neuigkeiten von dem Propheten. Sesostris in diese unwirtliche, feindselige Gegend zu locken, in der es nur so von gefährlichen Stämmen wimmelte, war zwar kein schlechter Plan. Aber diese Auseinandersetzung konnte ewig dauern. Da er weder Reisen, noch den Aufenthalt in freier Natur, noch die Hitze vertrug, würde Medes vermutlich bald Opfer eines verirrten Pfeils oder der Keule eines schwarzen Kriegers. Anstatt sich so nah bei den Kampfhandlungen aufhalten zu müssen, wäre er viel lieber in Memphis geblieben. Diesen Einsatz ablehnen konnte er aber auch nicht, damit würde er seine berufliche Laufbahn zerstören und den Zorn des Propheten auf sich ziehen! Was also auch immer geschah, er musste bis zum Ende dieses Abenteuers durchhalten.
    Auch Gergus Stimmung war äußerst mies. Weil er sich hart abrackern musste, trank er viel zu viel. Als er angetrunken bei Medes vorsprach, merkte der, dass er ihm ins Gewissen reden musste.
    »Hör auf damit, dich so verantwortungslos aufzuführen!
    Schließlich spielst du bei dieser Unternehmung eine wichtige Rolle.«
    »Wisst Ihr denn auch, wohin sie uns führt? In ein Land mit lauter Wilden, bei denen Gemetzel und Quälereien auf der Tagesordnung stehen! Ich habe jedenfalls Angst. Und wenn ich Angst habe, muss ich trinken.«
    »Es reicht, wenn einer deiner Untergebenen sich über deine Trinkerei beschwert – dann wirst du sofort deiner Ämter enthoben. Und das würde dir der Prophet nie verzeihen. Als er diesen Krieg angezettelt hat, hat er mit unserer Anwesenheit in Sesostris’ Armee gerechnet.«
    Den Propheten fürchtete Gergu noch viel mehr als die Nubier, und so wurde er von dieser Warnung mit einem Schlag nüchtern.
    »Aber… Aber was erwartet er denn von uns?«
    »Ich bin sicher, dass er uns rechtzeitig seine Anweisungen übermitteln wird. Und wenn du ihn verrätst – so oder so –, wird er sich

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