Der Weg des Feuers
von Kranken und Verletzten und der Nachschub mussten überprüft werden.
»Falls sich der Prophet in Sicherheit wiegen sollte, wird er jetzt klein beigeben«, sagte Nesmontu.
Nordwind ging den beiden Männern voraus, Fang folgte ihnen. Der Esel schlug den Weg zu Sarenputs Palast ein. Vor dem Haupteingang kam es dann zu einer dramatischen Begegnung.
Guter Gefährte und Gazelle, die beiden Hunde des Stadtvorstehers, hielten Wache. Guter Gefährte war schwarz, schlank und schnell, das Weibchen war klein und rundlich und hatte hängende Zitzen. Sie waren immer zusammen, weil einer den anderen beschützte. Jetzt knurrten sie, als sie den großen Fleischerhund sahen.
»Ganz ruhig, Fang!«, befahl Iker. »Sie sind hier die Herren.«
Gazelle wagte sich als Erste vor und ging unter Gefährtes wachsamen Blicken einmal rund um den Neuankömmling. Als sie ihm dann die Nase abschleckte, atmeten alle erleichtert auf. Um ihre neue Freundschaft zu feiern, spielten die drei Hunde, liefen herum und bellten vergnügt. Guter Gefährte hob das Bein, und Fang machte an die gleiche Stelle. Damit war ihre Freundschaft besiegelt. Als das Weibchen müde wurde, legte es sich zum Schlafen in den Schatten, und die beiden Männchen bewachten es.
»Hoffentlich ist Sarenput genauso versöhnlich gestimmt«, wünschte sich Nesmontu. »Du bist zu der entscheidenden Begegnung mit ihm heute Vormittag eingeladen.«
Mit seiner niedrigen Stirn, den schmalen Lippen, den knochigen Wangen und dem spitzen Kinn wirkte Sarenput wenig zugänglich. Der tatkräftige und etwas ungehobelte frühere Provinzfürst bewohnte einen schmucklosen Palast, in dem es dank reichlich frischer Luft, die zwischen geschickt verteilten hohen Fenstern zirkulierte, immer angenehm kühl war.
Der enge Beraterkreis bestand aus Sarenput, General Nesmontu, Sehotep und Iker. Der junge Schreiber, den man dem Stadtvorsteher von Elephantine als Königlichen Sohn vorgestellt hatte, fühlte dessen strengen, wenn nicht sogar missfälligen Blick auf sich ruhen.
»Das Ungeheuer, das den Baum des Lebens töten will, verbirgt sich in Nubien«, erklärte Sesostris. »Er lässt sich Prophet nennen und hat unserer Hauptstadt Memphis schweren Schaden zugefügt. Iker hat uns vor der Falle gewarnt und bewahrt, die er uns im syrischen Palästina stellen wollte. Ich habe nun beschlossen, dass wir ihn unmittelbar angreifen.«
»Den Nubiern schadet es gar nichts, wenn ihnen jemand eine Lehre erteilt«, meinte Sarenput. »Ich habe gerade schlechte Neuigkeiten aus Buhen bekommen. Es soll dort Ärger geben, die Stämme werden immer unruhiger, und man befürchtet, die Festung könnte angegriffen werden.«
»Das heißt, dass der Prophet einen Aufstand anzettelt«, sagte Nesmontu. »Wir sollten so schnell wie möglich einschreiten.«
»Die Verbindungswege zwischen Ägypten und Nubien sind immer noch viel zu schwierig«, urteilte Sesostris. »Deshalb werden wir einen Kanal graben, der das ganze Jahr befahrbar ist. Und weder die Schwemme noch die Felsen des Katarakts werden uns daran hindern. Dann können Kriegs-und Handelsschiffe endlich sicher zwischen den beiden Ländern verkehren.«
Was würde Sarenput, der diese Gegend am besten kannte, wohl zu diesem Vorschlag sagen? Hielt er das Vorhaben für undurchführbar, würde er sich wahrscheinlich ablehnend, wenn nicht sogar feindselig zeigen. Eine derart große Neuerung jagte ihm womöglich einen Schrecken ein, zumindest aber würde er sich ärgern, dass er nicht selbst auf diesen Gedanken gekommen war.
»Majestät, ich stehe voll und ganz hinter Eurer Entscheidung. Vor der Wiedervereinigung der Zwei Länder wäre ein solcher Kanal kaum zu verwirklichen gewesen. Heute ist er dagegen unbedingt notwendig. Die Steinbrucharbeiter und Steinmetze von Elephantine stehen Euch natürlich zur Verfügung.«
»Hier sind meine Berechnungen«, sagte Sehotep, der königliche Oberbaumeister, »der Kanal soll einhundertfünfzig Ellen lang, fünfzig Ellen breit und fünfzehn Ellen tief sein.«
»Der Erfolg dieses Unternehmens hängt ganz von der Zustimmung der Gottheiten des Wasserfalls ab«, teilte ihnen Sesostris mit. »Ich muss sie unverzüglich aufsuchen.«
Seit der Entweihung der kleinen heiligen Insel Biggeh wurde sie streng bewacht. Niemand außer dem Pharao und seinen Stellvertretern durfte sie betreten, damit Isis weiterhin ungestört an der Wiederbelebung von Osiris in seinem Mysterium wirken konnte.
Helles, durchsichtiges Wasser und ein ruhiger,
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