Der Weg des Unsterblichen
eine Hand und hielt mich auf. »Schon gut, warte noch einen Moment. Es ist gut, dass ich dich in einem ruhigen Moment hier treffe, ich wollte sowieso mit dir reden.«
»So?« Meine Muskeln spannten sich an, und ich spürte, wie sich meine Finger wieder in dieBettwäsche krallten. Diesmal allerdings aus einem Anflug von plötzlicher Nervosität, die mir im Magen brannte.
»Wie sind deine Fortschritte in der Menschenwelt? Hast du schon etwas Verdächtiges beobachten können, dem du auf der Spur bist?«
Ich sah ihn an und wusste in der ersten Sekunde nicht, was ich sagen sollte. Dieses seltsame Lächeln, das ich so selten in seinem Gesicht sah – wusste er irgendetwas? Hatten seine zahlreichen Späher ihm etwas zugetragen, hatte ich die ganze Zeit schon unter Beobachtung gestanden, ohne etwas davon zu ahnen? War ich unvorsichtig gewesen oder war ich im Moment einfach nur paranoid? Auf jeden Fall musste ich ihm schnell antworten, bevor er Verdacht schöpfte. »Nein. Wenn ich ehrlich bin, kann man es fast als langweilig bezeichnen.«
Einen Moment lang erwiderte er meinen Blick überrascht, bevor ihm ein Auflachen entfuhr. »Soso, meinem Sohn ist also zu wenig Action, zu wenig Abenteuer in der Menschenwelt? Sorge dich nicht, auch du wirst früher oder später inden Genuss kommen, einen Dämon zu töten. Wir befinden uns erst in der Anfangsphase unseres Plans und haben noch viel vor in der Menschenwelt. Warte ab, Nero, ich werde nicht zulassen, dass du von deinem ersten Einsatz enttäuscht bist.«
Ich erwiderte sein Lächeln halbherzig. Die Pläne des Magistrats kannte ich nicht, auch wenn mein Vater der oberste Anführer davon war. Und wenn ich ehrlich war, interessierten sie mich auch nicht. Eben so wenig wollte ich irgendeinen beliebigen, niederen Dämon töten. Das würde mich nicht im Geringsten befriedigen. Ich wollte Azriel zur Strecke bringen, meine Hände in seinem Blut baden. Wenn ich nur darüber nachdachte, kribbelte es angenehm in meinen Fingern. Aber momentan hatte ich nicht die geringste Chance gegen ihn. Mein Ehrgeiz war definitiv geweckt, aber ich musste noch mehr über ihn herausfinden, sein Vertrauen gewinnen und vor allem brauchte ich geeignetere Waffen für meinen Plan.
»Vater…ich frage mich schon seit längerem, ob es nicht vielleicht noch effektivereSchusswaffen gegen die Dämonen gibt?« Sorgfältig wog ich jedes einzelne Wort ab, um ihn nicht zu erzürnen.
Mein Vater musterte mich überrascht. »Was meinst du genau?«
»Die, die wir benutzen, sind von Menschenhand entwickelt und nicht auf Dämonen zugeschnitten, sagte man mir.« Das war nur die halbe Wahrheit. Ich hatte es bei einer Schimpfrede eines Kollegen gehört, und es hatte sich sofort in mein Gedächtnis eingebrannt. »Ich rede von Pistolen die nicht ewig brauchen, um einen Dämon zu töten.«
»Warum solltest du diese brauchen?«
Ich erwiderte seinen Blick fest, entschlossen. Ein falsches Wort und er würde dahinter kommen, ich musste dringend ruhig bleiben und bedacht sprechen. »Im Unterricht haben wir viel gelernt über Dämonen, die sich unglaublich schnell bewegen können und ich fürchte einfach schon seit längerem, dass unsere Waffen bei solchen Kreaturen nicht effektiv genug sind.«
»Nun, du kannst dir sicher sein, dass deine Schusswaffen gut genug sind, sonst würden wirsie nicht nutzen. Meinst du nicht auch?« Vater sah mich missbilligend an und schüttelte leicht den Kopf. »Du musst dir keine Gedanken solcher Art machen. Deine Waffen reichen, um die meisten Dämonen zu töten oder zumindest für längere Zeit zu verscheuchen.«
» Aber das reicht mir nicht !« Als ich merkte, dass ich in einem Anflug unbändiger Wut die Stimme erhoben hatte, atmete ich kurz tief durch, bevor ich weitersprach: »Es reicht mir nicht, die Dämonen von einem Platz zum nächsten zu scheuchen, das löst doch nicht unser Problem mit diesen widerlichen Ratten. Wenn ich einmal einem Dämon gegenüb erstehe, möchte ich ihn auf keinen Fall entwischen lassen! Ich will ihn erschießen und wenn ich schon nicht gleich sein Herz treffe, will ich wenigstens dabei zusehen, wie er nach ein paar qualvollen Sekunden seinen letzten Atemzug macht!«
Vater zog die Augenbrauen zusammen. Der Blick, den er mir durch seine eiskalten, blauen Augen zuschickte, war unergründlich. »Darüber hast du dir in letzter Zeit so viele Gedanken gemacht, Nero?«
Ich nickte, den Kopf demütig gen Boden gerichtet. »Ja.« Wie würde er darüber denken? Ob er mir
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