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Der Weg des Unsterblichen

Der Weg des Unsterblichen

Titel: Der Weg des Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lueck
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als Azriel auf einmal wieder sprach: »Eins noch. Und hör gut zu, denn das sage ich ganz sicher nur einmal: Danke, dass du Noé nicht verraten hast.«
    Ich hatte die Waffe schon halb in seine Richtung erhoben, aber nun stockte ich. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, die seine Worte allein ausgelöst hatten. Nur eine winzige Sekunde lang war ich unachtsam, als sich der Schuss aus meiner Waffe löste.
    Azriel war so schnell auf den Beinen und hatte sich umgedreht, dass meine langsamen Augen gar nicht hinterher kamen. Vollkommen entsetzt und mit leicht geöffnetem Mund starrte er mich an, scheinbar hatte er überhaupt nicht mit so etwas gerechnet. »Du…du Vollidiot! Was zum Teufel machst du denn da?«, schrie er ungehalten.
    Ich spürte, wie meine Hand taub wurde und sah hinab. Die Waffe lag am Boden, aus meiner linken Handfläche floss das Blut. Wie zum Teufel hatte das passieren können? Wie hatte ich es geschafft, mich selbst in die andere Hand zu treffen? Die Taubheit griff auf meinen Arm über und schließlich auf den Rest meines Körpers. Wie ein plumper Sandsack fiel ich ins hohe Gras, ohne den Aufprall zu spüren.
    Nur eine Sekunde später tauchte Azriels Gesicht über mir auf. »Du dämlicher Unsterblicher, ich glaub’s nicht. Wolltest du etwa auf mich schießen?« Sein Blick war nicht so wütend, wie seine Stimme klang.
    Ich konnte sehen, dass die Venen in meinem Arm von der Hand aus dunkler, fast schwarz wurden. Das Gift breitete sich langsam in meinem Körper aus und in wenigen Minuten würde ich einen qualvollen Tod sterben, wie es mein Vater beschrieben hatte. Ich sah Azriel an, der grollend die Augen verdrehte. »Denk ja nicht, dass ich dich hier einfach verrecken lasse.«
    Und im nächsten Moment presste er seine Hand mit schmerzhafter Kraft auf meinenOberarm. Unglaublich, wie stark er war. Mir entfuhr ein schmerzverzerrter Schrei. »Was machst du da, Dämon?!«
    »Was wohl!«, fauchte er mich an. »Ich drücke dir deine verdammten Adern ab. Wenn du also so freundlich wärst.« Er bog meinen tauben, schmerzenden Arm so, dass er mir direkt über dem Gesicht schwebte. Verständnislos starrte ich ihn an.
    »Stehst du wirklich so auf dem Schlauch?«, knurrte er ungehalten. »Du hast genau zwei Möglichkeiten: Entweder du wartest so lange, bis von meinem Druck dein dämlicher Arm abgestorben ist oder du fängst verdammt nochmal an, dir dieses Gift aus der Hand zu saugen. Entscheide dich.«
    Meinte er das wirklich ernst? Ich starrte ihn entsetzt und vollkommen unverständig an. Scheinbar, denn die Schwärze, die bereits sämtliche Venen auf meinem Arm nachgefahren war, hatte kurz vor seiner Hand gehalten und bewegte sich nicht weiter.
    Langsam wurde der Schmerz unerträglich und ich betrachtete meine Hand. Die Kugel warsauber durch die Handfläche gedrungen, wahrscheinlich lag sie ein paar Meter von mir entfernt irgendwo im Gras. Trotz Schmerztränen in den Augen biss ich mir in die eigene Hand und sog, so stark ich konnte. Ich schmeckte kaum Blut, obwohl ich die rote Flüssigkeit meinen gesamten Arm hinunter laufen sah. Aber da war nur eine widerlich bittere Substanz, die mir an den Mundwinkeln hinunterlief. Ich machte so lange weiter, bis ich nur noch den metallischen Geschmack meines eigenen Blutes auf der Zunge spürte. Schon ließ Azriel meinen Arm los und kippte ruckartig meinen Kopf zur Seite, damit ich hustend den Rest des Giftes ins Gras spucken konnte.
    Die Taubheit hielt an, aber ich wusste, dass sie bald nachlassen würde, und dass die unheimliche Schwärze aus meinem Arm verschwunden war. Ich war gerettet.
    Azriel stand wieder über mir, die Hände in den Taschen seines Kapuzenpullovers und sein übliches Grinsen im Gesicht. »So einen seltendämlichen Unsterblichen wie dich habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht getroffen.«
    »Warum hast du das gemacht?«, keuchte ich atemlos und noch immer furchtbar schwach. Jedes bisschen Luft schien in meinen Lungen zu brennen wie ein gewaltiges Feuer. »Warum hast du mich nicht einfach hier sterben lassen? Warum hast du mich nicht einfach umgebracht? Ich wollte das Gleiche schließlich mit dir tun.«
    »Aber du hast es nicht getan. Ich war nur einen Moment unachtsam, und mit dem Ding hättest du mich bestimmt erwischt, wenn du es gewollt hättest.« Er trat gegen die am Boden liegende Waffe, und bedachte sie mit einem Blick, als weckte sie böse Erinnerungen in ihm. Dann sah er wieder mich an. »Du hast es nicht getan, aus welchem Grund

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