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Der Weg des Unsterblichen

Der Weg des Unsterblichen

Titel: Der Weg des Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lueck
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Aufgabe nachzugehen. Nun, da ich mir dieser Aufgabe nicht mehr sicher war, nagte die Frage nach dem Sinn meiner Existenz an mir. Nur eines war mir vollkommen bewusst: Ich wollte nicht auf den Weg zurück, den ich seit meiner Kindheit gegangen war, ich wollte nicht mehr in die Fußstapfen meines Vaters treten. Aber, was blieb mir dann für eine Aufgabe, wenn nicht einmal diese?
    Ich lächelte süffisant, als ich mir eine Schüssel Suppe nahm. »Vielleicht liegt das daran, dass ich meine freie Zeit auch während des Einsatzes mit Training gefüllt habe und michnicht, wie ihr, mit Menschenmädchen herumgetrieben habe.«
    Gabriel feixte, seine laubgrünen Augen glänzten selbstbewusst. »Wir können nichts dafür, die sind einfach reihenweise unserem unglaublichen Charme verfallen.« Er wischte sich, betont cool, eine Strähne des dichten, braunen Haares aus dem Gesicht. »Schade, dass die meisten von ihnen nichts als hohle Zitronen sind, die nur glotzen können.«
    Wieder lächelte ich. Zum Glück waren nicht alle Menschen so. Zum Glück war Noé nicht so. Wie entspannt konnte ich jetzt über sie nachdenken, wo ich mich von meiner Last befreit und Azriel doch nicht getötet hatte. Ich konnte mich darauf freuen, in die Menschenwelt zurückzukehren, ohne dass mir ihr Hass entgegenschlug. Vielleicht war es doch möglich, was sie gesagt hatte. Vielleicht war es möglich, dass wir Freunde wurden.
    Ich musste mich zusammenreißen. So weit war ich noch lange nicht. Ich hatte zwar den Pfad meines Vaters verlassen und war damit in seinen Augen schon zum Verräter geworden, aber ichwar noch nicht bereit, diese Sache wohlwollend zu betrachten. In meiner Welt war ich nun, wo ich nicht mehr das Ziel von Azriels Tod verfolgte, ein Verbrecher.
    Javan hatte wohl mein kurzes Lächeln bemerkt, denn er grinste mich schief von der Seite an. »Sieh an, Aniguels Sohn scheint ja heute wirklich gute Laune zu haben.«
    »Du interpretierst zu viel. Ich bin nur zufrieden, wie das Training heute gelaufen ist, das ist alles.«
    »Ach komm, uns machst du doch nichts vor.« Javan grinste noch breiter, und in seine Augen trat ein Ausdruck, den ich nicht deuten konnte. »Wir wissen schon, was der Grund für deine gute Laune ist. Also keine Sorge, bei uns kannst du dich nicht verplappern.«
    »Ach ja?« Ich sah ihn durchdringend an. Dass sie mein Geheimnis aufgedeckt hatten, war so gut wie unmöglich. Javan und Gabriel waren nämlich genau das, als was sie auch die Menschenmädchen bezeichneten: hohle Zitronen. Aber ihr dämliches Grinsen verursachte dennoch ein mulmiges Gefühl inmeiner Magengegend. »Dann wollt ihr mich doch sicherlich aufklären?«
    Gabriel lachte auf und sah mich dann geheimnisvoll an. »Es beginnt mit einem R…« Er rollte den Buchstaben und zog ihn damit in eine nervtötende Länge. Beinahe hätte ich ihm dafür eine gefeuert.
    »Mit einem R? Sag schon, was du meinst!«
    »Oh, oh, Magistratssohn, was ist denn auf einmal mit deiner guten Laune passiert?« Javan feixte immer noch, auch wenn es jetzt unsicherer und geduckter wirkte. »Bist du sauer, weil wir es wissen? Komm schon, mittlerweile ist es wirklich kein Geheimnis mehr, es geht schon in der ganzen Akademie rum. Seit gestern Abend hat es sich wie ein Lauffeuer verbreitet.«
    »Vielleicht besitzt ihr ja dann auch die Freundlichkeit, mich aufzuklären? Ich habe nämlich leider immer noch keine Ahnung, wovon ihr sprecht!«, grollte ich aufgebracht.
    Gabriel riss die Arme in die Luft, scheinbar war sein Muskelkater vom Training auf einmal vollkommen vergessen. »Razzia!«, rief er ausund dann immer wieder: »Razzia, Razzia, eine Mörder-Razzia!«
    Die Härchen um mein Flügeltattoo am Arm richteten sich auf unheimliche Weise auf, als mich ein ekelhaft kaltes Gefühl packte. »Was für eine Razzia?«
    Die beiden bekamen tellergroße Augen. »Du weißt nichts davon?«
    »Offensichtlich nicht. Also redet endlich!«
    »Schon gut, schon gut.« Javan fuchtelte abwehrend mit den Händen vor seinem Gesicht herum. »Gestern Abend gab es eine ordentliche Razzia in der Menschenwelt, die eingesessenen Soldaten haben hunderte Hochverräter unter den Menschen hochgenommen und nochmal doppelt so viele Dämonen getötet. Wir dachten, du weißt längst darüber Bescheid, weil du doch der Sohn von Aniguel bist und gestern Nachtschicht hattest…«
    Das stimmte zwar, aber ich war am Vortag viel zu beschäftigt gewesen, mit den Lähmungserscheinungen fertig zu werden, die das Gift an meinem

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