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Der Weg des Unsterblichen

Der Weg des Unsterblichen

Titel: Der Weg des Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lueck
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gesund sehen. In diesem Moment habe ich mir geschworen, so lange zu bleiben, bis ich das wieder gutmachen konnte. Eine Gelegenheit dazu bekam ich zwei Jahre später.«
    Ich schluckte und nickte. »Der Tod von ihrem Vater. Noé hat mir davon erzählt.«
    »Ja, genau. Ich habe zehn verdammte Unsterbliche fertig gemacht, selbst als sie michschon mit ihren Giftwaffen getroffen hatten, machte ich weiter. Als ich dann sterbend am Boden lag, dachte ich bei mir: Wenn ich wieder aufwache, bin ich hier weg. Es gab keinen Grund mehr, zu bleiben. Ich hatte meine Schuld beglichen und der Mann, den ich bewundert hatte, war tot. Aber als sich dann Noé über mich gebeugt hat…Als ihr von Trauer und Tränen gezeichnetes Gesicht das Letzte war, das ich in diesem Leben gesehen hatte…« Er sah mich ernst an. »Da wusste ich, dass ich bleiben musste, denn mir wurde auf einmal bewusst, warum ich damals für sie gestorben war, und warum ich es in diesem Moment tat: ich wollte sie aus irgendeinem Grund beschützen. Als sich meine Seele zum vierten Mal seit Beginn meiner Existenz von meinem Körper löste, schwor ich mir, dass ich alles tun würde, damit sie nie wieder so weinen musste.« Das typische Grinsen kehrte auf sein Gesicht zurück. »Ich bringe lieber die Leute zum Weinen, die das mit ihr versuchen.«
    Ich atmete tief ein, sodass es sich schon nach einem Seufzen anhörte. Wir schwiegen für eineWeile, bevor Azriel wieder den Kopf hob. “Dann darf doch sicher ich jetzt eine Frage stellen, oder?”
    Überrascht sah ich ihn an, nickte aber.
    “Was hat dein Vater dir erzählt, warum ihr hier seid?” Er hob die Hand und fuhr mit ihr einen Kreis durch die Luft. Sein Blick sah ernst aus, auch wenn seine Stimme belustigt klang.
    Ich spürte, wie meine Augenbrauen zusammenzogen. “In der Akademie?”
    “Nein. Hier. Im Exil, weit entfernt von eurer eigentlichen Heimat. An einem Ort, an dem niemals die Sonne scheint.”
    Ich biss mir auf die Unterlippe, bis ein stechender Schmerz durch meinen gesamten Kopf schoss. Langsam senkte ich den Blick und starrte den schwarzroten Teppich unter meinen Füßen an. “Mein Vater und die Leute um ihn herum haben vor tausend Jahren einen Weg in die Menschenwelt gefunden. Sie haben die Menschen gesehen, denen zu dieser Zeit so viel Leid zugestoßen war und wollten ihnen helfen. Aber es war verboten, in eine andere Welt überzutreten.” Ich stockte für einen Moment,entschloss mich aber, weiterzureden: “Die Regierung der Welt der Unsterblichen, Asytrum, verbannten meinen Vater und seine Leute für ihr Vergehen in dieses Exil. Aber sie haben von dort aus einen neuen Weg zu den Menschen gefunden.” Ich hob den Kopf und sah Azriel fest an. “Sie taten es, um die Menschen zu retten.”
    Der Dämon bedachte mich mit einem undurchdringlichen Blick, bevor er langsam den Mund öffnete: “Und, glaubst du das?”
    Eine Weile sahen wir uns ernst an, und ich spürte, wie mein klopfendes Herz von innen gegen meinen Brustkorb hämmerte. Ich beantwortete seine Frage mit einer Gegenfrage: “Wie alt bist du, verdammt nochmal?”
    Doch er hatte keine Gelegenheit mehr, etwas darauf zu antworten, denn schon waren Schritte auf dem Flur zu hören. Alarmiert sprang Azriel auf, aber ich hob beschwichtigend eine Hand. »Sie kommen nicht wegen dir. Das sind die Wachen.« Meine Augen verengten sich zu Schlitzen, denn ich wusste, dass die ruhigen Momente vorbei waren. »Es geht los.«

20
    Vorsichtig schlichen wir über den Hof, der von kargem Gras bedeckt und den Sternen kläglich beschienen war. Nicht einmal ein sanftes Lüftchen schlich sich hierher, nirgends war auch nur die kleinste Bewegung wahrzunehmen.
    Meine Muskeln waren angespannt, und ich war unheimlich nervös. Das hier war gefährlicher als alles, was ich in meinem Leben je getan hatte, und wer wusste schon, ob ich aus dieser waghalsigen Situation jemals wieder unbeschadet herauskommen würde.
    Ich warf einen Blick zu Azriel hinüber. Er schien längst nicht so angespannt wie ich, seine Gesichtszüge waren eher von Entschlossenheit geprägt. Seine Bewegungen erinnerten mich in diesem Moment eher an ein Raubtier auf Beutejagd, und ich schwor mir, ihn nach dieser ganzen Sache um Unterricht zu bitten.
    Wir erreichten das große, schwere Tor und somit das riesige Gebäude auf der anderen Seitedes Hofes. Auch in der Menschenwelt hatte ich nirgends so ein großes, respekteinflößendes Haus finden können, und selbst Azriel schien beeindruckt. Er reckte den Kopf

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