Der Weg des Unsterblichen
schnell herum zu drehen. Für einen Moment dachte ich, dass wir das Gröbste überstanden hatten, dann hörte ich auf einmal schnelle Schritte auf der Treppe vor der Tür und schon tauchte ein weiterer Soldat auf. »Halt, stehen bleiben!« rief er und richtete seine Waffe abwechselnd auf mich und den Wächter.
»Wa-was ist denn jetzt los, was hat das zu bedeuten?«, stammelte Conatar und zog, mehr aus Verwirrung als aus Wachsamkeit, ebenfalls seine Waffe.
»Oben im Eingangsbereich liegen die übel zugerichteten Leichen von Genahr und Unkata!«, schrie der Soldat und Conatar wurde weiß wie eine Kalkwand. Verdammt, damit war unsere Tarnung wohl endgültig aufgeflogen.
»Und du glaubst, dass ich oder Aniguels Sohn etwas damit zu tun haben?«
Der Soldat hielt seine Waffe weiterhin auf uns gerichtet, also drehte ich mich so um, dass ich ihn im Rücken und Conatar vor mir stehen hatte. Dann zog auch ich meine Waffe und richtete sie auf den Pförtner.
Er wurde noch blasser, wenn das überhaupt möglich war. Zeitgleich begannen er und der Soldat hinter mir auf mich zu schießen. Einer von Conatars Schüssen traf mich am Arm, und die Wunde brannte höllisch. Aber ich wusste, dass so eine geringe Giftmenge mich nicht töten konnte.
Um den Soldaten in meinem Rücken musste ich mich nicht kümmern, das merkte ich an einem ekelhaften Knacken und dem entsetzten Aufkeuchen Conatars.
»Es tut mir wirklich leid.«, meinte ich und schoss. Ich traf Conatar direkt zwischen die Augen. Er taumelte nur einen Moment, dann stürzte er zu Boden und blieb gelähmt liegen.
Ich drehte mich zurück, wo Azriel gerade den Kopf des Soldaten lässig von sich wegkickte.
»Ernsthaft, Azriel, das ist so ekelhaft.«, beschwerte ich mich mit zusammengebissenen Zähnen.
Er lächelte nur stumm, und irgendetwas an seinem Blick gefiel mir nicht. »Kommen jetzt noch irgendwo Wachen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, jetzt nicht mehr. Der Pförtner war der letzte. Aber wir müssen uns trotzdem beeilen. Wenn die Wachablösung kommt und die Leichen sieht, stehen hier gleich zehn Soldaten oder mehr im Raum.«
»Gut.« Er sagte es langsam und vollkommen ruhig. »Dann beeil dich und hol Noé da raus.«
Ich sah ihn erschrocken an. »Was meinst du? Wieso ich? Wir marschieren da jetzt beide rein, war der Plan nicht so?«
Er lachte leise und es jagte mir einen Schauer über den Rücken. »Nero…«
Erst da wanderte mein Blick nach unten, und ich sah dass sich an der linken Seite seiner Rippen bereits dickes Blut durch seinen schwarzen Pullover fraß und an seinen Beinenhinablief. Eine der Kugeln von Conatar oder dem anderen Soldaten hatte ihn getroffen.
»Azriel…« Meine Worte blieben mir fast im Hals stecken. »B-bist du irre? Warum bist du nicht ausgewichen? Du bist doch sonst auch der Schnellste, du hast doch keine Probleme damit, einer Kugel auszuweichen!« Meine Stimme überschlug sich vor Hysterie.
Er lächelte. »Ich habe doch gesagt, dass meine Konzentration nachlässt, wenn ich jemanden beschützen muss.«
Nein! »Nein!«, brüllte ich und packte ihn am Arm. »Wir müssen nur das Gift aus deinem Körper wieder rausholen, so wie bei mir!«
Lächelnd legte er mir eine Hand auf die Schulter. »Hat Papi dir nicht erklärt, dass sich euer Gift im Körper eines Dämons etwas schneller ausbreitet?«
»D-das…das…« Es war vorbei, ich brachte keinen vernünftigen Satz mehr zustande.
Sein Griff an meiner Schulter wurde fester. »Tu mir einen Gefallen, auch wenn das jetzt verdammt kitschig und emotional klingt: Pass gut auf Noé auf, klar?«
Ich konnte ihn kaum noch sehen durch den Tränenschleier, der sich in meinen Augen sammelte, aber ich nickte. »Versprochen.«
»Gut.« Sein Griff löste sich, und ich sah, dass er schwankte. An seinem sarkastischen Grinsen änderte sich auch in diesem Moment nichts. »Und, kannst du ihr was von mir ausrichten?«
»Alles was du willst.« Ich hielt seinen Arm fest, damit er noch einigermaßen gerade stehen konnte.
»Danke, Nero.« Er lächelte. »Sag ihr: Danke für die Cheeseburger und … dass ich mit kleinen Unterbrechungen verdammt nochmal stolze 1225 Jahre alt geworden bin.«
Ein letztes Lachen noch, dann brach er in meinen Armen zusammen und über seinen Körper huschten glühende Flammen. Nur wenige Sekunden später war er vollkommen verschwunden.
Reglos blieb ich stehen, aus meiner Kehle drang ein gequältes Schluchzen. Die Katze hatte ihr letztes Leben ausgehaucht und es zerriss mir das
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