Der Weg des Unsterblichen
einem Grinsen, das schon ins Wahnsinnige ging, ließ er die Hand nach vorne schnellen und krallte sich in den goldenen Haaren des Mannes fest. Dann trat er dem Mann mit voller Kraft in den Rücken und riss gleichzeitig dessen Kopf nach hinten. Man konnte das ekelhafte Knacken seiner Wirbelsäule durch die ganze Eingangshalleschallen hören, bevor er ebenfalls zu Boden fiel, in die Blutlache seines geköpften Kollegen.
»Gott, ich dachte schon, dass du mich gar nicht mehr rufst.« Azriel lachte leise und rieb die Hände aneinander. »Beinahe hätte ich mein Versprechen brechen müssen, damit sie nicht auf dich schießen. Und sowas tue ich wirklich ungern.«
Ich spürte, wie sich mein Magen umdrehen wollte. Ein klägliches »Oh Gott« kam mir noch über die Lippen, bevor ich mich zur Seite drehte und übergab.
Azriel trat neben mich und lachte. »Soll ich dir deine Haare hochhalten, Prinzessin?«
»Halt die Klappe.«, würgte ich hervor. »Das ist so - das war so - ekelhaft, Azriel. Wirklich, du bist krank.«
Natürlich amüsierte ihn meine Reaktion nur noch mehr. »Hast du noch nie jemanden sterben sehen?«
»Nicht so !«
»Was genau hast du denn gedacht, was ich mache? Ich habe dich doch vorgewarnt, dass ich jedem den Kopf abreiße, der sich mir in den Wegstellt.« Er klopfte mir behutsam auf den Rücken. »Komm schon, Nero, wir sollten schnell weiter. Wenn jemand die Leichen sieht, ist hier die Hölle los.«
»Ja, ich weiß.« Vorsichtig richtete ich mich auf und vermied es, die Toten anzusehen. »Komm.«
Wir hasteten die Treppe hinunter, auch wenn mein Magen immer noch überzuschwappen drohte. Ja, was hatte ich erwartet? Dass Azriel den anderen einen Schlag vor den Kopf versetzte, damit sie ohnmächtig wurden, aber unversehrt zu Boden sackten? Nein, das ganz sicher nicht. Aber das, was da passiert war, ganz sicher auch nicht.
»Dämonen sind grausam.« Ich musste schon wieder aufstoßen. »Mir kommt die Galle hoch.«
Azriel lachte. »Das ist wahrscheinlich die einzige, richtige Sache, die sie euch im Unterricht beigebracht haben. Wir sind tatsächlich grausam, wenn man uns dazu treibt.«
»Danke.«
»Fürs grausam sein?«
»Nein, fürs Hals retten. Mal wieder.«
»Ach so, kein Ding.« Azriel grinste kurz, dann wurden seine Gesichtszüge wieder ernst. »Was haben die anderen Unsterblichen gemeint? Weiß dein Vater irgendwas?«
Ich überlegte für eine Sekunde, dann schüttelte ich den Kopf. »Keine Ahnung, aber es scheint ganz so. Das könnte heißen, dass wir ziemlich am Arsch sind.«
»Unsinn.« Er lachte bösartig. »Er dachte bestimmt nicht, dass du einen Unsterblichen köpfst, um an ihm vorbeizukommen!«
»So etwas würde ich auch niemals tun!«, fauchte ich erhitzt, dann winkte ich ab und zeigte auf die Tür genau gegenüber dem untersten Treppenabsatz. »Es folgt noch ein kleiner Vorraum, in dem der Pförtner sitzt, danach kommen wir direkt in das Kellergewölbe mit den Verließen.«
»Nur noch eine Wache? Ganz schön mutig.«
»Die wenigsten Eindringlinge kommen bis hierher.« Ich sah ihn flehend an. »Ich begrüße solches Blutvergießen wirklich nicht, also lass es uns noch einmal nach meinem Plan versuchen, bitte. Vielleicht hat mein Vater den Pförtnernicht vorgewarnt. Du kannst jederzeit eingreifen, wenn du es für richtig hältst.«
»Meinetwegen.« Azriel grinste wieder und löste sich in Luft auf.
Noch einmal atmete ich tief ein, bevor ich anklopfte und in den angrenzenden Raum eintrat. Die Wache war ein alter Mann mit wirrem, weißen Haar den ich nur zu gut kannte. Er sprang sofort auf und sah mich überrascht an. »Nero, mein Gott, hast du mich erschreckt.«
»Verzeih, Conatar.« Ich nickte ihm grüßend zu. »Mein Vater schickt mich.«
»Aniguel schickt dich? Ist etwas passiert?«
Ich nickte abermals. »Wir vermuten, dass einer der Insassen immer noch mit einem Dämon zusammenarbeitet und wie es aussieht, braucht dieser Insasse besondere Aufsicht.«
»Tatsächlich?« Conatar quollen beinahe die Augen aus dem Kopf vor Entsetzen. Mein Vater hatte ihm also scheinbar nicht eingetrichtert, dass ich irgendwas Dummes vorhatte. Azriel schien recht zu behalten: Er hatte höchst wahrscheinlich nicht damit gerechnet, dass ich an den Wachen im Eingangsbereich vorbeikam.
»Ja, wenn du mich also reinlassen würdest?«
»Natürlich!« Eilig griff der Mann mit ein paar ungeschickten Bewegungen an den Schlüsselbund an seiner Hose und steckte einen der Schlüssel in das Schloss, um ihn
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