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Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)

Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica O'Rourke
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dich geliebt. Sie wusste, was den Durchgang da entlangkam, wusste, wie schlimm es werden würde. Sie hat dich weggeschickt, um dir das Leben zu retten. Wenn du jetzt Schatten nachjagst, sorgst du dafür, dass das alles umsonst war. Das wäre wirklich eine Schande.«
    » Also sollte ich lieber so tun, als wäre alles normal? Wohl kaum. Wer es auch getan hat…« Ich wandte mich wieder der Leiche auf dem Tisch zu und ließ meine Hand auf ihrer Stirn ruhen, das Laken zwischen uns. » Ich muss sie finden, damit sie dafür bezahlen.«
    Als ich die Worte aussprach, drang ihre Wahrheit mir unter die Haut, unter das Eis, das mich einhüllte, ins Blut und in die Knochen. Wer uns auch in dem Durchgang angegriffen hatte, hatte mich in einen Strudel des absoluten Entsetzens gerissen, das ich nie wieder spüren wollte. Aber das spielte keine Rolle. Ich würde mir Gerechtigkeit verschaffen, das schwor ich mir und nahm meine Hand dabei nicht vom Laken; ich wollte, dass Verity mich hörte. Es war nicht das, was ich hätte tun sollen– ich hätte bei ihr bleiben und kämpfen sollen–, aber es war alles, was ich jetzt noch für sie tun konnte.
    Luc zog mich vom Tisch weg. » Das werden sie. Ich verspreche es. Aber du kannst dich daran nicht beteiligen.«
    Wart’s nur ab, setzte ich zu sagen an, aber er unterbrach mich. » Es ist keine gute Idee hierzubleiben. Man wird dich vermissen.« Er hatte recht. Normalerweise war ich das Mädchen, das niemand bemerkte, aber diese Nacht war alles andere als normal. Ich musste in meine Kabine zurück, bevor meine Mutter aufwachte oder mein Onkel zurückkehrte. Luc führte mich hinaus, und ich drehte mich um, um Verity ein letztes Mal anzusehen.
    Sie lag still und reglos auf dem Tisch, und meine Knie gaben wieder nach und rissen Luc aus dem Gleichgewicht.
    » Oh, zur Hölle.« Er hob mich auf, als wäre ich ein Kind, und drängte sich durch die Schwingtür hinaus. » Du willst es mir aber auch wirklich nicht leicht machen, oder?«
    Ich erinnerte mich an Veritys Gesichtsausdruck, grimmig und entsetzt, als sie mir gesagt hatte, dass ich davonlaufen sollte. Ich erinnerte mich, wie sie geschrien hatte, als die Schwärze sie umfing, und an hellrotes Blut auf einem knochenweißen Messer, nass im Licht der Straßenlaterne. Ich erinnerte mich, wie ich sie im Dunkeln in dem Durchgang gehalten hatte, als ihr Leben am Verlöschen war. All diese Erinnerungen gerannen zu einer kalten, harten Kugel direkt hinter meinem Brustbein.
    » Keine Chance«, sagte ich, als Luc mich zurück in mein Zimmer trug.

Kapitel 4
    Wir begruben Verity an einem windstillen Augustmorgen. Gegen zehn Uhr waren es schon über dreißig Grad– ein schwüler, drückender Tag, der förmlich um ein Gewitter bettelte, das die Hitze durchbrach und die Welt reinwusch. Die Sonne brannte unbarmherzig, und ich konnte spüren, wie meine zu blasse Haut rosa wurde und sich bereitmachte, wie verrückt Sommersprossen zu entwickeln. Trotz der Hitze war die Kirche beim Gottesdienst überfüllt. Während Pater Armando darüber salbaderte, dass man Gottes unergründlichen Willen hinnehmen müsse, behielt ich die Sonnenbrille auf und ließ den Blick ohne Unterlass über die Menge schweifen.
    Es schien, als ob jeder, den Verity je gekannt hatte, da war– Mädchen von der St.-Brigid-Schule, Jungen von unserer Bruderschule, St. Sebastian. Die Volleyballmannschaft stand in einem engen Grüppchen beisammen, hielt sich an den Händen und weinte. Ein Teil von mir wollte hingehen und sich zu ihnen stellen, um sich weniger allein zu fühlen, aber ich wusste, dass dieses Gefühl eine Illusion gewesen wäre. Sie waren nicht da gewesen. Sie hatten nicht gesehen, was ich gesehen hatte. Sie hatten Verity nicht festgehalten, sie nicht angefleht zu bleiben. Und sie dürsteten nicht so nach Gerechtigkeit wie ich.
    Es waren auch Freunde aus der Nachbarschaft und der Kirche da; sie waren schwarz gekleidet und fächelten sich Luft zu. Die elfenbeinfarbenen Programmheftchen wirkten vor ihrer dunklen Kleidung wie Motten. Die Reporter, die mir die letzte Woche über ständig auf den Fersen gewesen waren, lungerten in halbrespektvollem Abstand herum. Detective Kowalski stand mit gesenktem Kopf und gefalteten Händen am Rande der Gruppe und war sich der Blicke und des Gemunkels der Trauernden, die von ihm zu meiner Familie und zurück sahen, nicht bewusst. Und irgendwo in der tränenreichen Menge befand sich die Person, die Verity getötet hatte.
    Der Friedhof, einer der

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