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Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
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keine Rolle.«
    » Dann musst du auch nichts darüber erfahren, oder?« Ich setzte zu einer Erwiderung an, aber er unterbrach mich. » Schwänz heute nicht die Schule. Was auch immer im Zauberland los ist, es ist nichts im Vergleich zu dem, was Billy tun wird, wenn du wieder verschwindest.«
    Gekränkt zog ich meine Hand weg und stieg aus dem Truck.
    » Sieh zu, dass du nicht in Schwierigkeiten gerätst«, sagte Colin. Ich drehte mich um und starrte ihn an. Der bewölkte Himmel ließ sein Haar dunkel wie Kastanienhonig wirken. Seine Augen waren grau wie Schiefer und genauso unnachgiebig.
    Er würde es sich nicht anders überlegen – weder, was die Bögen anging, noch in Bezug auf seine Vergangenheit –, und ich wusste nicht, wie wir auch nur eines dieser beiden Hindernisse überwinden sollten. Ich wandte mich ab und ging die breiten Stufen vor der Tür hinauf, wobei ich mich zwang, mich nicht noch einmal umzusehen. Als Lena mich dann an meinem Spind fand, konnte ich schon fast ein Lächeln zustande bringen.
    » Wow«, sagte sie und musterte mich genau. » Colin?«
    » So ist es besser.«
    Sie wirkte nicht überzeugt, nickte aber dennoch. » Weißt du, was dich aufmuntern wird?«
    » Brownies?«
    » Die hättest du wohl gern. Nachher gibt es Schokolade, in Ordnung? Aber für den Augenblick …« Sie führte mit theatralisch ausgebreiteten Händen einen Stepptanz auf. » Klatsch und Tratsch!«
    Ich konnte gar nicht anders, als über ihre Begeisterung zu lächeln. Ich wusste, dass Lena alles im Auge hatte, was sich im Umkreis der Schule abspielte, aber sie behielt ihr Wissen meistens für sich. » Natürlich schön saftig.«
    » Wie ein Pfirsich.«
    Sie deutete den Flur hinunter, der zum Büro der Beratungslehrerin führte. » Es hat sich nämlich herausgestellt, dass Miss Turner ihre Schul-E-Mail-Adresse benutzt hat, um unanständige Fotos an den Basketballtrainer von St. Sebastian zu schicken.«
    » Tatsächlich?« Miss Turner war die Beratungslehrerin für das erste Viertel des Alphabets – wenn man einen Nachnamen hatte, der mit einem der Buchstaben von A bis G begann, hatte man sie während der gesamten Schulkarriere in St. Brigid als Beratungslehrerin. Sie hatte diesen Herbst viel Zeit damit verbracht, mir gut zuzureden, dass ich offen über meine Gefühle sprechen sollte. Sie trug Twinsets und einen blonden Pagenkopf, der sie zu jung wirken ließ, um irgendjemandem, der älter als neun war, gute Ratschläge zu erteilen. Ich hätte nie gedacht, dass sie so eine wilde Hummel war, aber ich war mir mittlerweile ohnehin nicht mehr sicher, ob ich überhaupt einen Menschen wirklich kannte.
    » Tatsächlich. Schwester Donna hat auch eine Kopie der Mail bekommen.« Wir gingen in Richtung erste Stunde.
    » Ich nehme an, Miss Turner wird uns verlassen, um andere Karrierechancen wahrzunehmen?«, fragte ich.
    » Schon geschehen. Die neue Beratungslehrerin fängt heute an.«
    » Das ist aber schnell gegangen.«
    » Wir reden hier schließlich von Schwester Donna.«
    » Wo du recht hast …«
    Ich hatte gehofft, dass der Skandal um Miss Turner die einzige Geschichte des Tages sein würde, aber bis zur dritten Stunde war bereits offensichtlich, dass das nicht der Fall sein würde. Während Lena und ich an unserem Chemieexperiment arbeiteten, teilten die anderen Tische ihre Zeit dazwischen auf, sich auf ihre eigenen Experimente zu konzentrieren – Salzsäure war kein Spielzeug, wie uns schon eine Million Mal eingeschärft worden war – und mich zu beobachten, als wäre auch ich ein wissenschaftliches Forschungsobjekt. Dr. Sanderson spazierte im Raum hin und her, überprüfte Berechnungen und behielt die Sicherheitsvorkehrungen im Auge.
    Reflexartig flüchtete ich mich in das Experiment vor mir. Das hier war genau der Grund dafür, dass ich die Naturwissenschaften mochte. Alles war vorhersagbar. Es gab Regeln, an die man sich halten musste, Muster, die man beobachten konnte. Selbst wenn die Ergebnisse unerwartet waren, konnte man ihnen früher oder später auf den Grund gehen.
    Während ich Säure in einem Pyrexglas abmaß, schlenderte Jill McAllister zum Bleistiftanspitzer ein paar Meter neben uns. Lena stieß mich an, und als ich aufschaute, sah ich Jill neben unserem Labortisch stehen und ihren Bleistift zwischen den Fingern drehen.
    » Wir haben dich gestern im Unterricht vermisst«, sagte Jill. » War da etwas mit deiner … Familie?« Ihr Lächeln war ein reines Zähneblecken ohne jede Aufrichtigkeit.
    Ich überprüfte

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