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Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
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bestimmt darauf abgesehen, ihre Rache ein wenig persönlicher zu gestalten.
    » Wir machen uns große Sorgen.« Schwester Donna beugte sich vor; sie strahlte liebevolle Strenge aus. » Du hast eine schrecklich schwere Zeit hinter dir, und alle hier haben versucht, dir entgegenzukommen.«
    » Ich weiß.« Ich verknotete die Finger ineinander und hielt den Blick gesenkt. Ich hatte zu Hause genug Erfahrung mit Strafpredigten gesammelt, um die Tricks zu kennen, durch die man sie verkürzen konnte. » Sie waren großartig.«
    Der Pater überflog den Aktenordner, der vor ihm lag. » Du scheinst dich zu quälen. Deine Lehrer haben den Eindruck, dass deine Leistungen nachgelassen haben. Du isolierst dich von den anderen Mädchen. Und ich verstehe immer noch nicht, was bei deinem Bewerbungsgespräch fürs College passiert ist. Diese Art Impulsivität passt nicht zu dir. Wer weiß, welche Konsequenzen das haben wird?«
    Ich dachte, ich hätte mich gut genug bedeckt gehalten, aber sie hatten mich durchschaut. Meine Wangen fühlten sich heiß an, meine Hände kalt, und beide brannten vor Beschämung.
    » Auch deine Unterrichtsteilnahme bietet Anlass zur Sorge«, fuhr er fort. » Du hast mehrfach geschwänzt. Unter anderem gestern.«
    » Constance war übel«, sagte ich. » Ich habe sie nach Hause gebracht.«
    Schwester Donna stellte ihre Teetasse ab. » Das Schulgelände ohne Erlaubnis zu verlassen ist ein schweres Vergehen. Du hättest die Schulkrankenschwester informieren sollen.«
    Die Schulkrankenschwester verteilte Pflaster, Eisbeutel und Cracker. Nicht gerade das, was wir gestern gebraucht hatten.
    » Ich glaube, ich bin in Panik geraten. Sie wollte einfach nur nach Hause.«
    » Constances Wünsche stehen hier nicht zur Debatte. Es ist nicht das erste Mal, dass du unentschuldigt fehlst. Wir versuchen zu verstehen, was mit dir vorgeht, damit wir dir helfen können, aber du machst es uns schwer.« Sie schüttelte gewichtig den Kopf.
    » Mit mir geht nichts vor.«
    Der Pater runzelte die Stirn, und seine Stimme war milde vorwurfsvoll. » Das stimmt nicht ganz. Deine Mutter ist sehr aufgeregt, weil dein Vater nach Hause kommt. Man darf wohl annehmen, dass du nicht gleichermaßen begeistert bist?«
    » Das alles hat überhaupt nichts mit meinem Vater zu tun. Meine Mutter hat es mir bis gestern Abend noch nicht einmal gesagt.«
    » War das bevor oder nachdem du die Kirche verlassen hast, ohne deiner Familie Bescheid zu sagen?«, fragte Schwester Donna. » Ich weiß, dass es uns nichts angeht, was du in deiner Freizeit tust, aber es ergibt sich da ein Muster, verstehst du? Und wir halten es für besorgniserregend.«
    » Es tut mir leid, dass ich Constance ohne Erlaubnis nach Hause gebracht habe. Es wird nicht wieder vorkommen.«
    Normalerweise reichen eine Entschuldigung und das Versprechen, sich zu bessern, aus, um die Wogen zu glätten, besonders, wenn man sonst selten in Schwierigkeiten gerät. Aber den ernsten Blicken nach zu urteilen, die Schwester Donna und Pater Armando einander zuwarfen, würde das diesmal nicht genug sein.
    » Du hast in diesem Semester schon zwei Mal unerlaubt gefehlt. Der Schulordnung nach sollten Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden.«
    Winzige Schweißperlen bildeten sich an meinem Haaransatz. Sie wollten mich zwangsweise beurlauben? Die NYU würde mich unter keinen Umständen aufnehmen, wenn ich beurlaubt worden war. Panik begann mir die Kehle zuzuschnüren. » Aber …«
    Pater Armando hob beide Hände und wehrte so jeden Widerspruch ab. » Wie ich schon sagte, ist uns durchaus bewusst, dass du zuletzt eine schwere Zeit durchgemacht hast, und wir sind bereit, dir etwas entgegenzukommen. Statt dich zu beurlauben, stellen wir dich für den Rest des Halbjahrs unter Bewährung. Kein unentschuldigtes Fehlen mehr. Du musst dich mehr im Unterricht beteiligen. Und auch außerhalb des Unterrichts.«
    » Außerhalb des …« Ich spielte Fußball und war eine der Chefredakteurinnen der Schülerzeitung und Mitglied der National Honor Society. Ich hatte drei Jahre in Folge bei der Bühnentechnik des Frühlingsmusicals mitgearbeitet. Was sollte ich denn zusätzlich dazu noch unternehmen?
    Schwester Donna mischte sich ein, als hätte sie meine Gedanken gelesen. » Miss Corelli versicherte uns, dass deine Arbeit für die Schülerzeitung zwar nicht enthusiastisch, aber ausreichend ist. Und natürlich beginnt die Fußballsaison erst im Frühjahr wieder. Aber deine Mitgliedschaft in der NHS ist ein Privileg, kein

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