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Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
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geboren worden. Nachdem meine Großeltern gestorben waren, war er als einziger übrig gewesen, um auf meine Mutter aufzupassen. Einen Moment lang spürte ich, wie sich Mitgefühl in mir regte. Dann erinnerte ich mich daran, dass er sich ja vielleicht um meine Mutter kümmerte, aber zugleich auch schuld daran war, dass wir überhaupt Hilfe brauchten.
    Wortlos ließ ich den schmerzenden Kopf wieder auf meine Arme sinken.
    » Gut. Dann wirst du uns stattdessen sagen, mit wem du zusammen warst.«
    » Mit niemandem, den ihr kennt.«
    » Mit dem Mädchen, das heute im Diner war?«
    Jenny Kowalski? Oh Gott. Wie schlimm würde es werden, wenn er herausfand, dass Jenny Nachforschungen über den Tod ihres Vaters anstellte und mir daran die Schuld gab? Ich glaubte nicht, dass er einer Jugendlichen etwas antun würde – eigentlich nicht. Allerdings hatte er vor einem Monat auch nicht lange gefackelt, mich die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen, indem er von mir verlangt hatte, fälschlich jemanden des Mordes an Verity zu beschuldigen, um seine eigene Stellung in der Mafia auszubauen. Nicht auszudenken, was er tun würde, wenn er glaubte, dass Jenny eine Bedrohung darstellte – und nach ihrem inbrünstigen Tonfall zu urteilen war sie vielleicht tatsächlich eine.
    Ich stemmte mich mit gewaltiger Anstrengung aus dem Sitz hoch und sah ihm in die Augen. » Nein. Ich habe euch doch gesagt, dass es niemand war, den ihr kennt.«
    » Ein Junge?«, fragte meine Mutter mit schrillerer Stimme und legte das Messer beiseite. » Warst du mit einem Jungen zusammen?«
    Colin wandte sich mit völlig ausdrucksloser Miene langsam um. Ich wählte meine Worte sorgfältig und bestimmte sie für ihn.
    » Es gab etwas, das ich erledigen musste.« Ich hoffte, dass Colin begriff, was ich damit andeutete – » musste«, nicht » wollte« –, aber seine Augen waren verhangen und unergründlich. Ich richtete meine Aufmerksamkeit mühsam wieder auf Billy und rieb mir die Stirn.
    » Und du glaubst, dass du so einfach ganz allein aus der Kirche verschwinden kannst? Ohne auch nur auf Wiedersehen zu sagen?«
    Es war nicht einfach, und ich konnte es nicht ganz allein tun, aber abgesehen davon … Ja, so ungefähr. Ich glaubte allerdings nicht, dass es mir viel nützen würde, das jetzt auszusprechen. » Warum hätte ich dableiben sollen? Damit die Leute noch weiter hätten sticheln können, weil Dad nach Hause kommt? Ich kann es einfach nicht fassen, dass du mich nicht vorgewarnt hast.«
    » Süße, warum hätte ich dich denn warnen sollen? Ich weiß, dass du wütend bist, weil Daddy uns verlassen hat, aber er kommt doch zurück. Es ist ein Segen!«
    » Er hat uns nicht verlassen. Er wurde für mehrere Schwerverbrechen verurteilt.«
    » Du siehst wieder einmal nur das Negative.«
    Konnte sie tatsächlich derart ahnungslos sein? » Es gibt nichts wirklich Positives daran. Ich will nicht, dass er hierher zurückkommt. Ich will nicht im selben Haus leben wie er.«
    » Das ist nicht deine Entscheidung.« Die Stimme meiner Mutter hatte einen scharfen, schneidenden Unterton angenommen, und ihre Augen funkelten gefährlich. » Das hier ist mein Haus, und ich habe mir die Finger bis auf die Knochen abgearbeitet, damit es so bleibt. Er ist dein Vater und mein Mann, und du wirst ihn mit dem Respekt behandeln, den du ihm schuldest. Jeder begeht Fehler, Mo. Sogar du. Aber wir vergeben einander, weil das in Familien so üblich ist. Weil es in dieser Familie üblich ist.« Sie presste sich die Hand auf den Mund und rannte aus dem Zimmer.
    In meiner Familie war vieles üblich, aber ich hatte nie den Eindruck gehabt, dass Vergebung besonders weit oben auf der Liste stand. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, Colins Blick aufzufangen. Aber er starrte immer noch aus dem Fenster und hoffte vielleicht, Luc zu erspähen.
    » Bist du nun zufrieden?«, fragte Billy. » So einen glücklichen Tag hat sie seit Jahren nicht mehr erlebt – und du hast ihn ihr verdorben.«
    Ich legte den Kopf wieder hin, weil ich nicht wollte, dass Billy mir das schlechte Gewissen ansah, das an mir zu nagen begann.
    » Du hast so einiges mitgemacht, nicht wahr?«, fragte er nach einer langen Minute. Seine Stimme war sanfter, und als ich aufschaute, ruhten seine Hände locker gefaltet auf dem Tisch. Er wirkte gutmütig und vollkommen vernünftig.
    Er war hinter etwas her.
    » Mo, du bist alt genug, die Wahrheit zu erfahren. Einen Teil davon hast du sicher schon erraten, schlau wie du bist. Was

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