Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
den anderen Teil angeht … Nun, du hast eine Erklärung verdient.«
Ich stützte das Kinn in die Hand und wartete darauf, diese neue Version der Wahrheit zu hören.
» Die Männer, die zu identifizieren ich dich diesen Herbst gebeten habe, arbeiten für einen Mann namens Juri Ekomow. Er ist kein guter Mensch. Er ist gierig, gewalttätig und unberechenbar. Er hat es darauf abgesehen, seine kriminellen Machenschaften auf unser Viertel auszudehnen. Ich bin von ganzem Herzen davon überzeugt, dass er für Veritys Tod verantwortlich ist. Es ist nur Gottes Gnade zu verdanken, dass es nicht dich getroffen hat.«
Ich hätte ihn verbessern können, aber ich tat es nicht. Billy war nicht der Einzige, der gut darin war, sich nicht in die Karten blicken zu lassen.
Er fuhr fort: » Ich will ihn nur von unserem Viertel fernhalten, um uns alle zu schützen – unsere Familie, unsere Freunde, unsere Lebensweise. Du hast vielleicht geglaubt, du hättest das Richtige getan, als du diese Männer nicht identifiziert hast, aber du hast dadurch Aufmerksamkeit auf dich gezogen. Du bist in Gefahr, und es ist längst zu spät für solchen Leichtsinn. Du kannst nicht einfach unbewacht in der Stadt herumlaufen.«
Ich zeigte auf Colin. » Bewacht.«
» Und doch bist du heute Abend entwischt.« Er sah Colin stirnrunzelnd an.
» Deine Jungs waren mit in der Kirche, schon vergessen? Mach ihm keine Vorwürfe, wenn deine Schläger der Aufgabe nicht gewachsen sind. Deine und Juri Ekomows Geschäfte interessieren mich nicht. Ich habe dir doch schon einmal gesagt, dass ich da nicht mitmache.«
Billys Augen verengten sich. » Du vergisst, wie viel Einfluss ich auf dein Leben habe, Mo. Du bist noch ein Kind in der Obhut deiner Mutter, und sie hört auf mich. Das musst du bei deinem Vorgehen berücksichtigen.«
Ich musste nur eines, und zwar verdammt noch mal aus diesem Haus wegkommen. Oder zumindest aus der Küche.
» Ich gehe ins Bett.« Als ich aufstand, hielt ich mich an der Tischkante fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, da der Raum sich um mich drehte. Ich biss mir auf die Zunge, um nicht zu stöhnen, und konzentrierte mich darauf, nach oben zu kommen, ohne umzufallen. Wenn Billy bemerkte, dass etwas nicht stimmte, würde er mich auf der Stelle einem Alkoholtest unterziehen. Wenn Colin etwas bemerkte – was mir weitaus wahrscheinlicher vorkam –, würde er auch dieses Thema in meinem Verhör morgen zur Sprache bringen.
Als ich mein Zimmer erreichte, warf ich meine Tasche aufs Bett und mich gleich hinterher. Hausarrest? Ich war fast achtzehn. Ich schrieb nur Einsen. Ich arbeitete in der Kinderkrippe der Kirche, seit ich dreizehn war. Und ich hatte die verdammte Welt gerettet und sollte nun mein letztes Schuljahr hinter Schloss und Riegel verbringen, bloß weil ich einmal geschwänzt hatte? Ein Tropfen auf der ausgeblichenen Steppdecke zog meine Aufmerksamkeit auf sich, und ich beugte mich näher heran. Er sickerte schnell in den sorgsam zusammengesetzten Baumwollstoff ein. Und dann erschien ein zweiter, rosenrot, und sickerte in den ersten. Ich berührte den Fleck, und als ich meine Finger hochhob, waren sie scharlachrot.
Blut, erkannte ich, als mein erschöpftes Gehirn langsam alles zusammensetzte. Und es stammte von mir.
Kapitel 15
Am nächsten Morgen war das Nasenbluten noch meine geringste Sorge. Colin wartete mit umwölktem Gesicht in der Küche.
» Hallo«, sagte ich und ging direkt zur Kaffeekanne. Zu viele Reisen durchs Dazwischen und eine Runde Albträume hatten dafür gesorgt, dass mir alles wehtat und ich völlig durcheinander war. » Möchtest du auch welchen?«
» Nein.« Er wartete, bis ich Sahne und Zucker in den Kaffee gerührt und meinen ersten Schluck genommen hatte. » Also. Gestern Abend.«
Ich sah ihn über den Becher hinweg an. Colin war groß, gut einen Meter achtzig, und lehnte scheinbar ganz entspannt an der Theke. Nur das stürmische Grau seiner Augen deutete auf den Zorn hin, der sich dahinter zusammenbraute.
» Es ist kompliziert.«
» Das verstehe ich eben nicht. Du hast getan, was sie wollten. Warum können sie keinen anderen finden, der ihnen diesmal hilft?« Er stieß sich von der Theke ab. » Du hast Luc in den letzten vierundzwanzig Stunden zwei Mal getroffen, und beide Male hast du, als du wieder aufgetaucht bist, ausgesehen, als ob du durch die Mangel gedreht worden wärst. Das gefällt mir nicht.«
» Woher wusstest du, dass Luc dabei war?«
» Wenn du aus der Kirche
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