Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
die dicke Wolle dämpfte meine Stimme und machte sie unverständlich.
» Du hättest auf den Handel eingehen und später mit Cujo wegziehen können, nach New York, wie du es mit Vee geplant hattest. Er hat dir die Chance geboten, deinen Traum wahr werden zu lassen, und du hast sie ausgeschlagen.«
» Vielleicht ist es an der Zeit aufzuwachen«, sagte ich. So viel zum Thema, nicht darüber zu sprechen. » Ich werde nicht von dir verlangen, kaltblütig einen Menschen zu töten. Nicht um meinetwillen. Das hier ist nicht dein Kampf. Es ist noch nicht einmal deine Welt.«
» Du hast meinetwegen abgelehnt?«
Es war keine Lüge, nein zu sagen. Ich hatte Billys Angebot aus vielerlei Gründen abgelehnt. Ich wollte nicht in die Fußstapfen meines Onkels treten. Ich wollte die Menschen, die mir wichtig waren, nicht als Druckmittel missbrauchen oder Colin vorschreiben, wie er sein Leben zu führen hatte, nur weil ich es konnte. Und vielleicht hatte ich auch um Lucs und meinetwillen abgelehnt, um sicherzugehen, dass jede Zukunft, die wir möglicherweise hatten, nicht von meiner Familie oder seinen Pflichten überschattet war. Aber ihm das zu sagen würde nur noch mehr Diskussionen auslösen– und Entscheidungen verlangen. Ich entschloss mich stattdessen zu einer Halbwahrheit. » Zum Teil.«
» Musste das unbedingt sein?«, fragte er. » Du kannst dich nicht immer weiter für andere opfern, Mouse. Nicht einmal für mich.«
» Du solltest begeistert sein«, sagte ich. » War das nicht, was du immer wolltest? Dass ich mich für ein Leben bei den Bögen entscheide?«
» Du gibst dein Leben auf, um alle anderen zu retten. Du musst damit aufhören, Mouse. Dein Leben ist wichtig, und wenn du dich weiter so verhältst, als ob es das nicht wäre, werden alle darunter leiden. Behalt das große Ganze im Auge.«
» Es tut mir leid«, sagte ich und ließ eine Liebenswürdigkeit in meinen Tonfall einfließen, die ich nicht empfand. » Ich hatte den Eindruck, dass du wolltest, dass ich mein Flachenleben opfere, damit ich für die Magie sprechen, die Seraphim aufhalten und das Quartorenamt übernehmen kann. Jetzt sagst du auf einmal, dass ich nur tun soll, was ich will? Mein Gott, Luc. Du glaubst, dass mein einziger Daseinszweck darin besteht, der Magie eine Stimme zu verleihen, als ob meine eigene nicht die geringste Rolle spielt. Sogar die Bezeichnung ist schon eine Beleidigung– ›das Gefäß‹. Als wäre ich ohne die Magie leer. Als wäre ich nichts. «
Meine Muskeln waren verkrampft und zitterten vor Wut, nicht auf Luc, sondern auf meine eigene Hilflosigkeit. Ich beschleunigte meine Schritte. Billys Angebot abzulehnen war das Richtige gewesen, aber ein Teil von mir trauerte um die Zukunft, die ich gerade aufgegeben hatte. Alles, was ich jetzt noch wollte, war, nach Hause zu gehen.
Luc holte mich unmittelbar gegenüber von unserem Haus ein. Er packte mich an den Schultern und wirbelte mich zu sich herum. » Du bist nicht nichts. Du bist stark und schlau und höllisch stur. Ich habe dich ohne jede Magie Erstaunliches leisten sehen, und das hat nur dafür gesorgt, dass ich dich umso mehr liebe.« Sein Ton wurde schärfer, als ob auch er zornig war. » Aber du musst aufhören, davor davonzulaufen. Du hast solche Angst, dass die Magie dein Leben an sich reißen wird, dass du zulässt, dass es stattdessen die Angst tut– und das ist noch schlimmer. Tu das nicht. Finde etwas anderes, worüber du dich definieren kannst.«
» Worüber denn zum Beispiel?« Ich hatte mein ganzes Leben damit verbracht, mich von anderen Leuten definieren zu lassen. Von meiner Vergangenheit. Luc definierte sich selbst über sein Schicksal. Keine dieser Optionen erschien mir sehr verheißungsvoll.
» Über deine Entscheidungen«, sagte er und berührte meine Lippen mit einem einzelnen Finger. » Du musst sie selbst fällen, und das bald, sonst werden andere dir die Entscheidungsfreiheit nehmen.«
» Hast du eine Wahl?«
» Teilweise. Jetzt versuche ich, die richtige zu treffen.«
Auf der anderen Straßenseite spähte meine Mutter durch die Panoramascheibe nach draußen. » Ich sollte gehen.«
» Mouse«, sagte er, als ich nach Hause aufbrach. » Danke.«
» Wofür?«
» Dafür, dass du an mich gedacht hast.«
Ich sagte ihm nicht, wie unmöglich es mir in letzter Zeit war, das zu vermeiden.
Kapitel 31
» Wer war der Junge?«, fragte meine Mutter, als ich meine Jacke aufhängte. Anscheinend würde das Verhör nicht lange auf sich warten
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