Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
Ich ließ mich wieder heruntersinken und versuchte, mich nicht gekränkt zu fühlen.
» Ich bin nicht so scharf darauf, ein Publikum zu haben.«
Ich sah mich um. Ein paar Leute musterten uns– nicht viele, aber genug, um dafür zu sorgen, dass Colin verlegen wurde. » Gut. Aber wir bleiben nicht den ganzen Abend hier.«
Er grinste und zog den Kopf ein, so dass sein Atem warm mein Ohr streifte. » Das hatte ich auch nicht vor.«
Unter Rückenschmerzen machte ich mit einem vollen Tablett die Runde durch die Bar. Die ganze Zeit über spürte ich, wie Colin mich beobachtete, ein Anker in stürmischer See, und ich klammerte mich an das Gefühl. Aber Stück für Stück wurde ich mir bewusst, dass ich noch etwas anderes empfand, ein Prickeln, das mich wünschen ließ, ich könnte mir die Arme reiben, um ein Schaudern zu vertreiben, obwohl der Raum überheizt war.
Um mich her verklangen die Stimmen zu leisem Gemurmel. Ich wirbelte herum und hielt nach Colin Ausschau, aber die Menschenmenge verbarg ihn vor meinem Blick. Die Magie regte sich– Aufregung, Stress und Unbehagen weckten ihre Kraft in mir. Irgendetwas ging hier vor.
Luc? Er hatte ein Talent dafür, im unpassendsten Moment aufzutauchen, und einen unpassenderen als heute Abend konnte ich mir nicht vorstellen. Die Verbindung zwischen uns ruhte nun schon seit fast drei Monaten, eine willkommene Pause, in der ich mich an mein neues Leben und die ständige Gegenwart der Magie in mir gewöhnt hatte. Ich hatte immer gewusst, dass Luc irgendwann zurückkommen würde, aber ich hatte gehofft, dass ich alles unter Kontrolle haben würde, bevor er erschien und meine Welt wieder auf den Kopf stellte.
Meine Hände zogen das leere Tablett wie einen Schild an meine Brust. Ich kniff die Augen zusammen und tastete mich an den Ley-Linien entlang, um festzustellen, ob zitternde Anspannung darauf hindeutete, dass ein Bogen hier war. Aber die Linien waren still; ihre Kraft ruhte. Es deutete nichts darauf hin, dass Luc oder irgendjemand sonst im Raum Magie wirkte– noch nicht einmal einen Verhüllungszauber. Ich sah mich um und suchte nach vertrauten grünen Augen und scharf geschnittenen Wangenknochen, aber sie waren nicht in Sicht. Das war auch besser so, sagte ich mir.
Die Leute standen drei Reihen tief vor der Eichentheke, die an der Seitenwand des Raums entlangführte. Hinter ihnen konnte ich die Rücken der Stammgäste sehen, die sich über ihre Drinks beugten, und Charlie, meinen Lieblingsbarkeeper. Er zapfte Bier, lotete aus, wer schon genug hatte, und arbeitete sich in stetigem Rhythmus die Bar entlang. Er tauchte immer wieder auf und verschwand, während die Leute vor ihm hin und her wimmelten.
Es war ein gewohnter Anblick, aber irgendetwas schien nicht ganz zu stimmen, so wie bei der Art von Rätseln in Kinderzeitschriften, bei der man zwei scheinbar gleiche Bilder betrachten und die Unterschiede einkreisen musste. Worin bestand der Unterschied? Die Bar. Charlie. Die Gäste. Die Party. Was gehörte nicht hierher?
Eine Lücke klaffte in der Menge auf und verschaffte mir für einen kurzen Augenblick klare Sicht auf die Bar– aber das reichte.
Die Stammgäste sahen alle Charlie oder die Eingangstür an. Von meinem Standort am rückwärtigen Ende der Theke konnte ich bloß ihre Hinterköpfe sehen. Nur ein einziger Mann sah in die andere Richtung.
Sah mich an.
Für einen Sekundenbruchteil konnte ich ihn so deutlich erkennen, als hätte ich ein Foto von ihm aufgenommen– spöttisch hochgezogene Augenbrauen, der Mund zu einem sarkastischen Lächeln verzogen–, dann schloss sich die Blende, als die Menschenmenge die Lücke wieder auffüllte.
Nicht Luc.
Plötzlich wünschte ich mir, er wäre es gewesen.
Anton Renard. Der Anführer der Seraphim, ein abtrünniger Bogen, der mich tot sehen wollte.
Das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Ich zwang mich, auf ihn zuzugehen, aber als ich den Barhocker erreichte, war er verschwunden, und in den Ley-Linien herrschte Grabesruhe.
» Gibt es ein Problem?«, fragte Colin hinter mir. Er ließ das tröstliche Gewicht seiner Hände auf meinen Schultern ruhen.
Ich holte zittrig Atem und drehte mich dann zu ihm um. » Ich dachte, ich hätte Anton gesehen. Hier.«
Seine Miene verhärtete sich. » Bist du dir sicher?«
» Nein.« Wenn es tatsächlich Anton gewesen wäre, hätte ich den Widerhall des Zaubers, den er benutzt hatte, um sich zu verbergen, in den Linien gespürt. Entweder täuschte ich mich, oder es war ihm gelungen, in
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