Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
immer ausgemalt hatte, bevor alles in Scherben zersprungen war, erfüllt von faulen Sonntagnachmittagen und Freitagabenden im Kino. Colin würde mir beibringen, den Truck zu fahren, und mir Gesellschaft leisten, während ich fürs College lernte. Wir würden glücklich sein. Mein ganzer Körper fühlte sich bei der Aussicht leichter an, durchflutet von einer Mischung aus Hoffnung und Erleichterung, als ob ich meine Haut einfach abstreifen und frei sein könnte… Ich könnte mein Leben zurückhaben, sogar noch besser als früher.
Alles, was ich tun musste, war, Luc zu bitten, für mich zu töten.
Ich spürte, wie die überschäumende Freude angesichts dieses Gedankens verflog. Ich versuchte, mir eine Rechtfertigung einfallen zu lassen: Ich hatte Evangeline getötet und plante, Anton zu töten. Warum sollte es mit Juri Ekomow anders sein? Er war zwar ganz freundlich zu mir, aber er war kein guter Mensch. Er war ein Krimineller. Er hatte zahllose Morde befohlen. Er bedrohte mein Viertel. Ekomow auszuschalten würde die Welt zu einem besseren Ort machen, und vor allem würde meine Familie davon profitieren. Wäre es wirklich so falsch gewesen?
Ich fühlte mich nicht mehr leicht, sondern niedergedrückt von etwas Dunklem und Klebrigem, dem Rachedurst, der schwer auf mir lastete.
Aber das hier war keine Rache. Es war Gier. Manipulation. Billy nutzte mich aus, ich nutzte Luc aus. Es war falsch.
Die Dinge, die ich getan hatte, beruhten auf meinen Entscheidungen, und allein auf ihnen. Wie konnte ich von Luc verlangen, jemanden kaltblütig zu ermorden, damit ich mit einem anderen Mann zusammenleben konnte? Ich konnte mir nichts Selbstsüchtigeres vorstellen– und auch nicht, was es uns allen antun würde.
Luc stand ein paar Fuß entfernt, vor allen außer mir verborgen, und wartete auf meine Antwort. Unsere Verbindung war so straff gespannt wie meine Nerven, aber völlig still. Das war meine Entscheidung, schien er zu sagen. Aber ich konnte eine solche Entscheidung nicht für ihn fällen. Bei Colin hatte ich das versucht, und es hatte unsere Beziehung zerstört. Das Risiko würde ich nicht noch einmal eingehen.
» Nein.«
Billy blinzelte und sah mich an. » Nein?«
» Nein. Ich werde Luc nicht bitten, Ekomow für dich auszuschalten. Ich werde die Magie nicht einsetzen, um dir zu helfen. Ich werde mit dir nicht um die Zukunft der Donnellys feilschen. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt, anders als alle anderen in dieser Familie.« Ich stand auf und hängte mir die Tasche über die Schulter.
Billys Gesicht war wutverzerrt. » Dafür machst du völlig neue Fehler– und das hier ist ein Fehler, Mo. Du wirst diesen Augenblick noch bereuen.«
» Nicht so sehr wie du«, sagte ich. » Sind wir fertig?«
Er erspähte irgendjemanden über meine Schulter hinweg, und seine einschüchternde Miene wich einer gereizten.
» Das sind wir ganz gewiss. Morgen«, sagte er. » Lieferung. Komm nicht zu spät.«
» Ich komme nie zu spät«, erwiderte ich und ging. Die Bar begann sich zu füllen, aber ich ließ den Blick durch den Raum schweifen und hielt Ausschau nach irgendeinem Hinweis auf das, was Billy so aus dem Takt gebracht hatte. Charlie sah finster drein, und es dauerte nicht lange, bis ich erkannte, warum: Die beiden Polizisten, die meinen Vater am Tag nach seiner Rückkehr unter Druck gesetzt hatten, standen an der Theke und schauten sich im Raum um. Einer von ihnen sah mir in die Augen, stieß seinen Partner an und nickte in meine Richtung.
Sie wussten, wer ich war– und ich hätte wetten mögen, dass sie auch wussten, dass ich mit Jenny zusammenarbeitete. Bevor ihre Aufmerksamkeit mich noch verraten konnte, zog ich den Kopf ein und ging, Luc verhüllt an meiner Seite.
Kapitel 30
» Müssen wir darüber reden?«, fragte Luc, als wir so weit entfernt waren, dass er den Verhüllungszauber ablegen konnte.
» Nicht im Geringsten«, sagte ich. Ich brauchte Zeit, um zu verdauen, was ich getan hatte und warum. Der Impuls, der mich überkommen hatte, war zu zerbrechlich für Worte und zu wichtig, als dass ich ihn hätte aufs Spiel setzen können. So gingen wir schweigend nach Hause. Lucs Finger ruhten sanft auf meinem Arm, und seine Besorgnis war mit Händen zu greifen.
» Danke«, sagte er schließlich. » Dieses Treffen hat dich einiges gekostet.«
Der Preis wird dir erst bewusst werden, wenn es schon zu spät ist. Ich schauderte und steckte die Nase tiefer in meinen Schal. » Alles hat seinen Preis«, sagte ich, aber
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