Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
dann sah ich mir die seltsame kleine Sammlung an. Und danach legte ich alles zurück und ärgerte mich wieder einmal über mich selbst.
Luc hatte kein Geheimnis aus der Tatsache gemacht, dass er mir nachzustellen gedachte, aber bis jetzt hatte er mir Spielraum und meine Freiheit gelassen– die beiden Dinge, die ich in Chicago nie bekommen konnte. Wenn ich ihm jetzt erzählte, was ich gesehen hatte– oder gesehen zu haben glaubte–, würde sich alles zwischen uns ändern. Wieder einmal.
Ich war mir nicht sicher, ob ich dazu bereit war.
Ich war mir nicht sicher, ob ich stark genug war.
Ich winkte ab, als sei nichts gewesen, und sagte: » Ich dachte, ich hätte etwas gespürt, und habe dann vermutet, du wärst es.«
» Jemand hat einen Zauber gewirkt? Hier?«
» Ich glaube nicht.« Ich wählte meine Worte sorgfältig, da ich nicht zu viel verraten wollte. Geheimnissen wohnte Macht inne. Ich wollte sie zwar vielleicht nicht haben, aber ich würde sie auch nicht gedankenlos an ihn abtreten. » Ich kann es in den Linien spüren, wenn jemand Magie wirkt. Ich kann es sogar sehen, wenn ich mich genug anstrenge, wie eben, als du dir die Hände gewärmt hast. Es liegt eine Ley-Linie auf der Westseite des Gebäudes, und ich habe gespürt, wie sie reagiert hat, als du auf sie zurückgegriffen hast, um den Zauber zu wirken. Aber das hier war etwas anderes. Es war in mir, als würde es aus der Quelle der Magie kommen, nicht aus den Linien.« Ich zupfte wieder an meiner Schürze und bereute, dass ich das Thema überhaupt angeschnitten hatte. » Es war nichts, Luc. Wahrscheinlich bloß der Stress.«
» Bist du dir sicher?« Er musterte mich forschend, und gleichzeitig spürte ich, wie sich die Verbindung zwischen uns verstärkte, als ob er versuchte, mich magisch zu lesen.
Die vertraute Berührung erschütterte mich, da sie mich daran erinnerte, in welchem Verhältnis wir früher zueinander gestanden hatten, und ich antwortete unbedacht: » Ich bin mir nicht sicher. Ich bin mir in keiner Hinsicht mehr sicher.«
» Wirklich?« Seine Augen funkelten.
Ich hatte es sehr eilig, das Thema zu wechseln. » Warum bist du überhaupt hier? Haben die Quartoren dich geschickt?«
Gott, das war das Letzte, was ich heute Abend gebrauchen konnte: dass die Quartoren, die Anführer der Bögen, mich zu sich zitierten. Anders als die Seraphim wollten sie mich zwar nicht tot sehen, aber sie waren auch nicht gerade meine größten Fans.
» Ich bin aus eigenem Antrieb gekommen«, sagte er schulterzuckend. » Heute ist doch der große Abend, an dem dein Daddy nach Hause kommt. Ich dachte, ich würde einmal vorbeischauen, um festzustellen, ob du Hilfe brauchst. Oder eine Fluchtmöglichkeit.«
» Du bist süß.« Ich hatte vergessen, wie liebenswürdig er sein konnte; diese kleinen Gesten verrieten mehr über ihn, als er gern zugab.
» Das ist das Letzte, was ich bin.« Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und Sorgenfalten auf der Stirn und wandte sich ab, um ein Rechteck in die Luft zu zeichnen. Eine flammende Tür, die sich ins Nichts öffnete, nahm Gestalt an. » Wenn die Magie sich wieder so seltsam verhält, ruf nach mir. Du weißt doch noch, wie das geht, nicht wahr?«
» Als ob ich das vergessen könnte!« Reflexartig berührte ich mein Handgelenk, spürte die Verbindung, die mich an Luc kettete, eine magische Erinnerung, dass mein Leben und seines immer ineinander verflochten sein würden. » Es ist noch mehr, nicht wahr? Es war nicht bloß ein Höflichkeitsbesuch.«
» Es ist immer mehr. Aber heute Abend ging es nur darum, dass ich dich vermisst habe. Selbst wenn das Gefühl nicht auf Gegenseitigkeit beruht.«
Als er näher herantrat, begann unsere Verbindung zu summen. Ich hielt vollkommen still, als er mit einem Finger über das verknotete Gewirr von Schürzenbändern an meiner Taille strich. Die Luft erschauerte, als der Zauber sich um den Knoten schlang, und Luc fing die Schürze auf, als sie herunterfiel.
» Danke«, sagte ich, nahm ihm den Stoff ab und zerknitterte ihn in den Händen.
» Es war mir ein Vergnügen«, murmelte er und verschwand durch die Tür.
Kapitel 3
Draußen war die Luft klar und schneidend kalt, der Himmel vom Lichtschein der Stadt orangefarben getönt. Ich vergrub meine Nase im Schal und rannte zum Truck.
» Alles in Ordnung?«, fragte Colin, als ich einstieg. » Du siehst ganz durcheinander aus.«
Ich holte tief Luft und stählte mich. Einen Moment lang zog ich in Erwägung, ihm nichts zu
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