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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Weisman
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Fußende des Bettes saß ein Mann mittleren Alters in konservativer Geschäftskleidung ‐ das heißt konservativ, wenn man die grellen Juwelen, die Federbündel und die mit Symbolen bestickten Beutel übersah, mit denen er behängt war. Er musterte Thorn durch ein glitzerndes Monokel, während dieser ihn anschrie.
    »Verraten Sie mir mal eins, Fortescue, seid ihr denn alle  völlig  verrückt geworden?«
    Nathaniel Edward Fortescue, Bakkalaureus der Philosophie, Harvard, ‘32, Doktor der Theologie, Cambridge, ‘39, legte ein elegant geschneidertes Hosenbein über das andere und beugte sich vor. Seine Hand ruhte auf dem polierten Kristallknauf eines knorrigen Spazierstocks. »Ich versichere Ihnen, Mr.
    Thorn, wir sind völlig normal.«
    »Ja, klar, das ist offensichtlich. Ihr Burschen wollt ja auch nur eine Konzernanlage überfallen, wo die Sicherheit schon Schaum vor dem Mund hat, weil ihr den ersten Run gegen sie versaut habt. Sie haben alles außer taktischen Atomwaffen und einem SWAT‐Team von Drachen und warten im Moment nur drauf, daß sich jemand mit ihnen anlegt. Jesus, wie komme ich bloß darauf, so ein prima Plan wie der könnte zum Himmel stinken? Ich muß zu daneben sein, um mich noch mit der Wirklichkeit befassen zu können!«
    »Bitte, Mr. Thorn«, murmelte der andere gequält. »Reiten Sie nicht auf diesem anfänglichen Debakel herum. Ich will gerne zugeben, daß gewisse, mittlerweile verstorbene Agenten unseres Arbeitgebers bei ihren schlecht geplanten Aktionen in dieser Angelegenheit das Element der Überraschung zunichte gemacht haben. Wenn ich Ihnen jedoch die Voraussetzungen näher erläutern dürfte, unter denen wir gegenwärtig arbeiten, werden Sie, so glaube ich, erkennen, warum wir Ihre Dienste benötigen.«
    Thorn starrte ihn einen Augenblick lang an. »Redet der immer so?« fragte er Iris.
    Bevor sie antworten konnte, hob der Mann mit dem Spazierstock eine Hand. Ein geisterhafter Lichtschein spielte um seine Finger. Mit einem leise gemurmelten Spruch streckte er Thorn die ausgestreckte Handfläche entgegen. Der Elf wurde auf die Matratze gepreßt, und er spürte ein gewaltiges Gewicht auf sich ruhen, so daß er sich nicht rühren konnte. Er öffnete den Mund, um zu fluchen, brachte aber nur ein ersticktes Schnaufen heraus.
    Iris sprang auf und rannte zum Bett. »Verdammt noch mal, Neddy, ich bin gerade damit fertig geworden, den Burschen zusammenzuflicken. Wenn du meine Arbeit ruinierst, nehme ich diesen tollen Spazierstock und …«
    »Bitte, meine Liebe«, protestierte der Zauberer mit gequälter Miene. Der Spitzname ›Neddy‹ schien ihm sauer aufzustoßen.
    »Ich habe nur den Wunsch, Mr. Thorn die Angelegenheit ohne weitere Unterbrechungen zu präsentieren. Ich würde einem Spezialisten, der die Qualitäten besitzt, die wir benötigen, um unseren Auftrag zu erfüllen, doch wohl kaum ernsthaften Schaden zufügen.« Er wandte sich an Thorn. »Habe ich Ihre Aufmerksamkeit, Mr. Thorn?«
    Thorn schaffte ein Nicken. »Ausgezeichnet.« Der Magier wedelte mit der Hand, und der Elf keuchte, als das unerträgliche Gewicht verschwand. »Spa … sparen Sie sich den Mister, Drek«, keuchte er. »Ich heiße Thorn. Einfach nur Thorn, okay?« Halbherzige Widerspenstigkeit war so ungefähr alles, was er im Moment aufbieten konnte.
    »Nun gut. Tja … äh … Thorn, wir benötigen einen Experten für, sagen wir mal: physisches Überwinden von Sicherheitsvorrichtungen. Einen Einbrecher, mit anderen Worten.« Der Magier grinste plötzlich. »Mir ist klar, daß ein Zauberer, wenn er sich nach einem Einbrecher umsieht, einen Hobbit anheuern sollte, aber glücklicherweise steht uns keiner zur Verfügung.«
    Thorn und der Troll protestierten gleichzeitig lautstark dagegen, Tolkien in die Unterhaltung hineinzuziehen. Dieser Fantasy‐Autor des 20. Jahrhunderts war bei vielen Metamenschen nicht sonderlich gut angesehen. Nach der ersten Welle der Goblinisierung im Jahre 2021, hatte man die in Herr der Ringe geschaffenen Stereotypen benutzt, um das Mißtrauen der Öffentlichkeit gegenüber den neuen Rassen, insbesondere den Orks und Trollen, anzuheizen. Darüber hinaus wehrten sich eine Menge Elfen gegen das luftige Feen-Image, das der alte Garnspinner ihnen aufgeprägt hatte.
    »Gibt es denn hier in der Gegend keine geeigneten Talente, die dafür in Frage kommen?« wollte Thorn wissen.
    »In Seattle gibt es tatsächlich eine ganze Reihe hervorragender Leute, aber wie Sie ja schon angemerkt haben, sind

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