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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Weisman
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Schritt hinter dem gutaussehenden Mann auf. Remo legt den Hörer auf und erstarrt dann mitten in der Bewegung. Bei ihrem Anblick stößt er ein einziges Wort hervor: »Drek!«
    Der Mann weicht einen Schritt zurück, dann noch einen. Sein Ausruf klingt schrill. Sein Geruch schwillt zu mühsam kontrollierter Panik an, Remo hat ihre Annäherung nicht wahrgenommen. Selbst jetzt, wo die Leuchttastatur des Telekoms den ganzen Raum mit einem Lichtschimmer erfüllt, steht er da und starrt sie an, als könne er sie nicht richtig erkennen.
    Ein tiefes, gutturales Knurren schwingt durch ihre Brust. »Baby?« sagt der Mann. »Bist du das?«
    Schweigen.
    Remo greift neben sich und schaltet das Licht ein. Das Aufflackern der Deckenpaneele schmerzt in den Augen, aber nur für einen Moment. Tikki blinzelt, und das unangenehme Stechen löst sich augenblicklich in Nichts auf. Der Loverboy steht nun wieder in aller Deutlichkeit vor ihr, aber Remo hat jetzt die Augen weit aufgerissen. Seine Miene verrät Unsicherheit. Er wirkt unbeholfen, eine Hand liegt immer noch auf dem Lichtschalter. Sein Geruch schwankt zwischen simpler Nervosität und etwas Tiefergehendem. Seine Augen huschen rasch über ihr Gesicht, an ihren Schultern vorbei, über die lange Linie ihres Rückens und darüber hinaus.
    Sie beobachtet ihn reglos wie ein Stein.
    Remo murmelt: »Du bist noch größer, als ich gedacht habe …« Er klingt ehrfürchtig.
    Selbst jemand, der halb blind, taub und ohne Geruchssinn wäre, könnte jetzt eindeutig sehen, was sie vor ihm in der Dunkelheit dieser und vieler anderer Nächte verborgen hat.
    Sie steht vor ihm und mustert ihn, aber auf vier Beinen anstatt auf zwei. Ihr Kopf befindet sich auf gleicher Höhe mit seiner Brust. Vom Kopf bis zur Schwanzwurzel ist sie so lang wie er groß, wesentlich massiger und in einen schweren Pelzmantel gehüllt, der so rot wie Blut und mitternachtsschwarz gestreift ist.
    Sie ist eine Gestaltwandlerin, und in dieser ihrer natürlichen Form ist Tikki sehr groß, selbst für die Gattung, der sie auf so perfekte Weise ähnelt:  Panthern Tigris Altaica , die größte Tigerart der Welt.
    Remo gestikuliert nervös. »Ich … ich habe gerade meinen Schieber angerufen.«
    Tikki macht einen Schritt vorwärts. Das leise Knurren in ihrer Kehle steigert sich unvermutet zu einem bedrohlichen Grollen. Remo erbleicht und weicht einen Schritt zurück. Der Geruch, den sein Körper verströmt, verrät seine Furcht. Tikki stupst ihn mit dem Maul an, dann noch einmal, bis er das Gleichgewicht verliert und rückwärts stolpert.
    Remo schreit: »Baby! Was ist denn los?«
    Er muß die Antwort auf diese Frage kennen.
    Hier in der Stadt lebt sie in ihrer menschlichen Gestalt, ihr Alter Ego ist als ›Striper‹ bekannt. Kürzlich ist eine Belohnung von fünftausend Nuyen für jeden ausgesetzt worden, der dabei helfen würde, sie zu fangen. Ob die dahinterstehende Absicht ist, sie zu töten oder lediglich gefangenzunehmen, ist unklar. Sie kennt noch nicht die Identität der Leute, die die Belohnung ausgesetzt haben, auch nicht die Gründe dafür, aber auf der Straße weiß jeder: Irgend jemand ist ziemlich scharf auf ›Striper‹. Remo versucht offensichtlich zu kassieren.
    Auf solch einen Verrat gibt es nur eine Antwort.
    Sie holt mit einer Pranke aus, zu schnell, als daß er reagieren könnte. Ihre Muskeln sind wie Stahlfedern. Was für sie nur ein Klaps ist, schleudert den Mann nach hinten, und er keucht vor Schmerz, als er gegen die Wand prallt. Sie schlägt mit der anderen Pranke zu. Der Hieb holt ihn von den Beinen, und er kracht gegen irgendein Möbelstück und landet auf dem Boden. Wenn sie mit aller Kraft zugeschlagen hätte, wäre er vielleicht geradewegs durch die Wand geflogen.
    Remo wälzt sich auf den Rücken, umklammert seine verwundete Seite und schreit vor Schmerzen.
    Tikki geht zu ihm und stellt sich über ihn.
    »Bitte, Baby!« fleht der Mann. »Bitte … nicht! Nicht!«
    Langsam senkt sie ihr Hinterteil auf seine Hüften, nagelt den Mann augenblicklich auf dem Boden fest, leicht zunächst. Als sie sich mit ihrem vollen Gewicht auf ihm niederläßt gehen Remos unterdrückte Schreie in lautes Gebrüll über, und seine Knochen brechen unter ihr.
    Remo wirft sich hin und her und schlägt wild um sich.
    Sie versetzt ihm einen Hieb an den Kopf.  Komm schon, kleiner Mann
    … versuch zu entkommen.  Er könnte sie so wenig abwerfen wie ein Auto. Tikki zieht ihm langsam die rechte Pranke über den Hals. Ihre

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