Der Weg in Die Schatten
regt keinen Muskel.
Sie ist eine Statue, hart wie Granit. Der Geruch einer Drohung hängt in der Luft.
Der Schwächere der beiden Barghests winselt.
Studs, der Leibwächter, verschränkt langsam die Arme über der Brust und legt die Hand auf den Kolben der Pistole in seinem Schulterhalfter.
Nichts davon berührt Tikki. Sie ist mit einem bestimmten Ziel hierher gekommen und wird dieses Ziel erreichen. Sollte es zu Gewalttätigkeiten kommen, wird sie keine Kanone und kein Hund aufhalten können. Prince muß sich dessen bewußt sein, denn alle Welt weiß, daß Gestaltwandler schwer außer Gefecht zu setzen und noch schwerer umzubringen sind.
»Es muß sich um etwas Persönliches handeln«, sagt Prince ruhig.
»Sehr persönlich.«
Prince hebt langsam eine Hand, um Studs ein Zeichen zu geben. »Striper ist unsere Freundin. Wir werden diese Angelegenheit friedlich aus der Welt schaffen.«
Studs nimmt die Hand vom Pistolenkolben.
Prince betrachtet sie einen Augenblick, lächelt dann.
»Vielleicht bist du wegen der Ware hier, die Dominick Preise kürzlich verlegt hat. Dieser Datenpack.«
Wohlklingende Reden zu schwingen, ist eine von Princes Spezialitäten.
Tikki nickt.
»Ja, jetzt fällt mir wieder ein, daß der unglückliche Mr. Preise eine unzeitige Begegnung mit einem Explosivgeschoß hatte.
Quecksilbergefüllt, nicht wahr? Verzeih meine Neugier, aber wie bist du an den Wachen des Mannes vorbeigekommen?«
Tikki knurrt. »Komm zur Sache!«
»Natürlich.« Prince lächelt. Zumindest nimmt Tikki an, daß es ein Lächeln ist. Mit den übergroßen unteren Eckzähnen ähnelt seine Miene eher einer Drohgebärde. Aber selbstverständlich hat Prince etwas Derartiges gar nicht nötig. Für Drohungen hat er Studs. »Zufällig weiß ich über diesen Gegenstand Bescheid. Vielleicht können wir eine Abmachung treffen.«
»Rede, Mann!«
Prince verschränkt die Finger über seinem dicken Bauch. »Mir war zu Ohren gekommen, daß ich einen gewissen wertvollen Gegenstand an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit sehr billig von einem Mann bekommen könnte. Nennen wir ihn mal
›Hogan‹. Als Geschäftsmann habe ich naturgemäß immer ein offenes Ohr für Geschäfte, die mir über den Weg laufen. Ich beauftragte eine Person damit, diesen Artikel als mein Agent an sich zu bringen. Und da fängt mein Problem an. Wenn du bereit bist, mir bei der Lösung dieses Problems zu helfen, wäre ich bereit, dir bei deinem unter die Arme zu greifen.«
»Was soll das heißen?«
»Du brauchst Informationen«, erwidert Prince.
»Was schlägst du vor?«
Prince spitzt kurz die Lippen und sagt dann: »Es hat den Anschein, als hätte sich mein Agent selbständig gemacht. Ich würde sehr gern mit dieser Person zusammenkommen und meiner Unzufriedenheit Ausdruck verleihen. Es gibt jedoch Komplikationen. Diese Person muß erst noch aufgestöbert werden, und ich bin mit anderen Angelegenheiten beschäftigt, die meine volle Aufmerksamkeit erfordern. Wenn du dich bereit erklärst, diese Person zu einem Ort meiner Wahl zu schaffen, wäre ich im Gegenzug bereit, ihre Identität zu enthüllen und dir mitzuteilen, was ich über den vermutlichen Aufenthaltsort dieser Person weiß.«
»Was ist mit dem Datenpack?«
»Ich führe andere Geschäfte, mit denen ich wahrscheinlich höhere Gewinne erzielen kann. Ich trete den Pack im Austausch für meinen Agenten an dich ab. Und für eine zukünftige Gefälligkeit.«
»Was für eine Gefälligkeit?«
»Na, deine Dienste, natürlich.«
Sie feilschen ein wenig, aber Tikki weiß, daß ihre Position nicht so stark ist, und sie muß mehr zugestehen, als ihr lieb ist.
Unglücklicherweise stehen ihr Castillanos Spürer nicht zur Verfügung, und so braucht sie zumindest ein paar Hinweise, wenn sie diesem Datenpack näherkommen will. »Einverstanden.«
Prince lächelt und nickt.
Eine Beute zu finden, ist immer eine Sache des Nachgehens von Hinweisen: Aufnehmen der Witterung, Verfolgen von Spuren und Befragen von Leuten, die etwas wissen. Und es gibt immer Leute, die etwas wissen.
Der Ork mit dem Datenpack wird Slash genannt und versteckt sich in der Zone. Das ist der Teil von Seattle, den manche die Puyallup Barrens oder ›Seattle Süd‹ nennen. Er ist anders als jeder andere Stadtteil, ein Gewirr schmaler Gassen, kleiner gewundener Sträßchen und verfallener Häuser. Hier gibt es keine Polizeistreifen. Was hätte das auch für einen Sinn? An jeder Ecke, in jeder Gasse, hinter jeder Bruchbude
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