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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Weisman
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Das Wasser in ihren Augen ist immer noch ein Problem. Sie hat es von ihrer Mutter geerbt.
    Der Uruk‐hai walzt durch die Reste der ruinierten Tür und trifft sie mit einer Faust wie ein Betonklotz am Kopf. Der Schlag wirft sie wieder zu Boden. Irgendwo im Hintergrund lacht Ohara hysterisch und schreit: »Töte sie! Töte sie! Töte sie!« Der Uruk‐hai reißt sie hoch, preßt sie gegen seine Brust und versucht sie zu zerquetschen. Ihre Rippen sind mittlerweile wieder verheilt, stehen aber kurz davor, erneut zu brechen, diesmal alle.
    Das Atmen ist eine Qual. Sie kann die Arme nicht bewegen, so daß sie keinen Hebel, keine Druckpunkte, keine wunden Punkte finden kann. In wenigen Augenblicken wird sie wahrscheinlich tot sein.
    Sinnlos, in menschlicher Gestalt weiterzukämpfen.
    Sie verwandelt sich. Nichts, dem sie je begegnet ist, konnte ihre Transformation verhindern … vielleicht kann sie überhaupt nicht verhindert werden. Sie wirft den Kopf in den Nacken und brüllt.
    Ihre Kleidung reißt in Fetzen. Die Wahrnehmung der Welt erhält eine neue Qualität. Sie hört die wahnsinnige Raserei in Oharas immer spitzer werdenden Schreien. Sie riecht das jähe Aufwallen der Hitze im stinkenden Atem des Uruk‐hais. Die Bestie wankt und müht sich nach Kräften, sie festzuhalten.
    Ihre Hinterpfoten berühren den Boden, und sie brüllt dem Monster mit der ungebändigten Grausamkeit ihrer Tigergestalt ins Gesicht. 
    Der Uruk‐hai steht jetzt einem 350 Kilogramm schweren fleischfressenden Raubtier gegenüber. Es gibt Trolle, die weniger wiegen.
    Der Uruk‐hai blinzelt, seine Welt hat sich plötzlich auf den Kopf gestellt. Tikki brüllt und treibt ihn durch die gesplitterte Tür ins Zimmer zurück. Ohara kreischt, und der Uruk‐hai ist verwirrt. Jetzt ist die Zeit der Rache. Sie stößt ihn mit den Pranken, und der Uruk‐hai taumelt. Noch ein Stoß, und er fällt. Sie zermalmt seinen Kopf zwischen ihren Kiefern und reißt dem Monster das blutige Anhängsel von den Schultern.
    Jetzt zu dem Menschen.
    Heulend wie ein Verrückter, kniet Ohara neben dem Schreibtisch, schießt mit seiner Pistole auf sie. Die paar Kugeln, die tatsächlich treffen, dringen kaum durch ihr Fell.
    Die Kratzer sind schon verheilt, noch bevor sie zu bluten anfangen. Sie wirft den Kopf herum, wobei sie Wände und Fußboden mit den blutigen Überresten des Uruk‐hai‐Kopfes bespritzt, dann brüllt sie so, daß der Mann die ganze Wildheit ihrer Kraft spürt.
    Dann aber spitzt sie die Ohren, schnappt Geräusche auf, neue Geräusche, die rasch lauter werden. Ein Wagen rast mit dröhnendem Motor und quietschenden Reifen auf das Haus zu. In der Ferne heulen die Sirenen.
    Andere Menschen kommen. Zonies! Gefahr! Es würde nur Sekunden dauern, durch das Zimmer zu rennen und diesem Ohara den Tod zu geben, den er verdient hat, aber ihr Überleben hat Vorrang. Tikki kennt jetzt Aussehen und Geruch ihres Feindes, sie kennt seine Stimme und seine Gewohnheiten ‐ die Rache ist ihr sicher. Sie wird einfach auf eine andere Gelegenheit warten, um ihre Beute zu bekommen, diesmal ohne Risiko.
    Schon bald, kleiner Mann, werde ich dich in irgendeiner Nacht noch einmal besuchen, und dann wirst du ganz bestimmt sterben.
    Sie brüllt die Drohung hinaus, wirft sich dann herum und ist verschwunden.
    Einstweilen.



LORELEI SHANNON
Whitechapel Rose
    Übersetzt von Christian Jentzsch
    Ich trat hinaus in die kühle Nacht und füllte meine Lungen mit der verpesteten Stadtluft. Gutgelaunt und zielbewußt marschierte ich die Straße entlang. Mein schwarzer Umhang flatterte hinter mir im Wind, und die Absätze meiner blank polierten schwarzen Reitstiefel klickten auf dem nassen Pflaster. Ich klopfte gegen meinen Zylinder und musterte die leere Straße mit maliziösem Blick, um etwaige Beobachter nicht zu enttäuschen.

Ein Ei traf mich am Kopf. Glücklicherweise war es ein gekochtes. »He, Löwenzahnfresser!« rief eine betrunkene Stimme aus der Gasse gegenüber. Ein großer junger Lümmel torkelte auf die Straße. Im Schein der Neonleuchten glitzerten seine Schweinsäuglein orangefarben. Ich seufzte schwer und packte den Silberknauf meines Spazierstocks aus Ebenholz.

Bevor ich die Klinge darin ziehen konnte, wuchsen zwei Halloweener hinter dem Scheusal aus der Erde wie Rachegeister und zogen ihn an den Haaren in die Gasse zurück. Ich lächelte, als ich ihn vor Schmerz und Überraschung jaulen hörte. Löwenzahnfresser, natürlich.

Wegen meiner ungewöhnlichen Größe und

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