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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Gesichtsfeldes. Kylar setzte instinktiv zum Tritt an.
    Sein Fuß traf den Leibwächter an der Brust. Obwohl es ein kräftiger Mann war, konnte Kylar das Bersten von Rippen spüren. Der Mann flog mit dem Rücken gegen die Wand. Er rutschte hinab und blieb reglos auf dem Boden liegen.
    Kylar überprüfte binnen eines Augenblicks den Rest des Raums und sah keine weiteren Bedrohungen. Jarl hatte die Hände ausgebreitet, um zu zeigen, dass er keine Waffen hatte.
    »Er wollte dich nicht angreifen. Er wollte sich nur davon überzeugen, dass du keine Waffen bei dir hast. Ich schwöre es.« Jarl betrachtete den Mann auf dem Boden. »Bei den Eiern des Hochkönigs, du hast ihn getötet.«
    Mit finsterem Blick besah sich Kylar den Mann, der bewusstlos in der Ecke lag. Er kniete neben ihm nieder und legte zwei Finger an den Hals des Mannes. Nichts. Dann ließ er die Hände über die Brust des Mannes gleiten, um zu ertasten, ob eine der gebrochenen Rippen vielleicht sein Herz durchstoßen hatte. Schließlich schlug er dem Mann mit der Faust auf die Brust. Und noch einmal.
    »Was zur Hölle tust du...?« Jarl brach ab, als die Brust des Mannes sich plötzlich hob.

    Der Leibwächter hustete und stöhnte. Kylar wusste, dass jeder Atemzug die pure Qual für den Mann sein musste. Aber er würde weiterleben.
    »Schaff jemanden herbei, der sich um ihn kümmert«, sagte Kylar. »Seine Rippen sind gebrochen.«
    Jarl trat mit großen Augen in den Hauptraum und kehrte einige Sekunden später mit zwei weiteren Leibwächtern zurück. Wie der erste waren sie groß und massig, und sie sahen so aus, als seien sie möglicherweise imstande, die Kurzschwerter an ihren Gürteln zu benutzen. Sie funkelten Kylar nur wütend an und hoben den Mann mit vereinten Kräften hoch.
    Sie trugen ihn aus dem Raum, und Jarl schloss die Tür hinter ihnen. »Du hast das eine oder andere gelernt, hm?«, bemerkte Jarl. »Ich wollte dich nicht auf die Probe stellen. Er hat darauf bestanden, anwesend zu sein. Ich dachte nicht... vergiss es.«
    Nachdem er seinen Freund einen Moment lang angestarrt hatte, sagte Kylar: »Du siehst gut aus.«
    »Meinst du nicht: ›Wie bei allen neun Höllen hast du mich gefunden, Jarl?‹«, lachte Jarl.
    »Wie bei allen neun Höllen hast du mich gefunden, Jarl?« Jarl lächelte. »Ich habe dich nie verloren. Ich habe nie geglaubt, dass du tot warst.«
    »Nein?«
    »Du konntest noch nie etwas vor mir geheim halten, Azoth.«
    »Nenn mich nicht so. Dieser Junge ist tot.«
    »Ach ja?«, fragte Jarl. »Das ist eine Schande.«
    Stille breitete sich im Raum aus, während die Männer einander ansahen. Kylar wusste nicht, was er tun sollte. Jarl war sein Freund gewesen, zumindest der Freund Azoths. Aber war er Kylars Freund? Dass er wusste, wer Kylar war, dass er es vielleicht seit Jahren wusste, sagte Kylar, dass er kein Feind war. Zumindest
jetzt noch nicht. Ein Teil von Kylar wollte glauben, dass Jarl ihn lediglich sehen wollte, dass er eine Chance wollte, Lebewohl zu sagen, was sie sich auf der Straße niemals hatten leisten können. Aber er hatte zu viele Jahre mit Master Blint verbracht, um sich auf einen so naiven Standpunkt zu stellen. Wenn Jarl ihn jetzt herbeigerufen hatte, dann deshalb, weil er etwas wollte.
    »Wir haben beide einen weiten Weg hinter uns, nicht wahr?«, fragte Jarl.
    »Hast du mich hierhergeholt, um darüber mit mir zu sprechen?«
    »Einen weiten Weg«, wiederholte Jarl enttäuscht. »Ein Teil von mir hat gehofft, dass du dich nicht so sehr verändert hättest, wie ich es getan habe, Kylar. Ich habe mir schon seit Jahren gewünscht, dich wiederzusehen. Seit du fortgegangen bist, hatte ich den Wunsch, mich zu entschuldigen.«
    »Dich zu entschuldigen?«
    »Ich wollte sie nicht sterben lassen, Kylar. Ich konnte nur nicht oft weg. Ich habe es versucht, aber selbst wenn ich manchmal fortkommen konnte, konnte ich sie nicht finden. Sie musste viel umherwandern. Aber dann ist sie einfach verschwunden. Ich habe nie erfahren, was geschehen ist. Es tut mir so leid.« Tränen glänzten in Jarls Augen, und er wandte mit fest zusammengebissenen Zähnen den Blick ab.
    Er hält Elene für tot. Er macht sich dafür verantwortlich. All diese Jahre hat er mit dieser Schuld gelebt. Kylar öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass sie am Leben war, dass es ihr allen Berichten zufolge, die er bekam, gutging, dass er sie manchmal an den Tagen, da sie zum Einkaufen ging, aus der Ferne beobachtete, aber kein Laut kam über seine Lippen. Zwei

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