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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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verloren in einem Tagtraum.
    »Manchmal«, sprach er weiter, »wenn ich zu dem Fluss hinabsteige, beginne ich ein Muster zu sehen. Dann ist er nicht wie Wasser, er ist ein Gewebe, gemacht aus jeder unbedeutenden Entscheidung eines jeden Bauern ebenso wie aus großen Entscheidungen von Königen. Während ich die Ungeheuerlichkeit und Kompliziertheit dieses Stranges zu begreifen beginne, fängt mein Verstand an, zu zerreißen.« Er blinzelte und richtete den Blick auf Kylar. Dann kniff er die Augen zusammen, als verursache es ihm Schmerz, Kylar auch nur anzusehen.
    »Manchmal sind es lediglich Bilder, die vollkommen ungeheißen kommen. Ich kann die Qual auf dem Gesicht eines jungen Mannes erblicken, der mich sterben sehen wird, aber ich weiß nicht, wer er ist oder wann das sein wird oder warum es ihm etwas bedeuten wird. Ich weiß, dass dir morgen eine quadratische Vase Hoffnung geben wird. Ich sehe ein kleines Mädchen über deinem Leichnam weinen. Sie versucht, dich wegzuziehen, aber du bist zu schwer. Weg wovon? Ich weiß es nicht.«
    Ein Frösteln überlief Kylar. »Ein Mädchen? Wann?« War es Ilena Drake?
    »Ich kann es nicht erkennen. Warte.« Dorian blinzelte, und sein Gesicht wurde starr. »Geh, geh jetzt. Frag Momma K!«
    Feir riss die Eingangstür auf. Kylar blickte von einem Magier zum anderen, verblüfft von der Abruptheit seiner Entlassung.
    »Geh«, befahl Feir. »Geh!«
    Kylar lief in die Nacht hinaus.
    Feir blickte ihm lange Sekunden nach. Dann spuckte er aus. Während er immer noch in die Tiefen der Nacht starrte, fragte er: »Was hast du ihm nicht gesagt?«

    Dorian stieß einen zittrigen Atemzug aus. »Er wird sterben. Ganz gleich, was geschieht.«
    »Wie passt das zusammen?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht ist er nicht das, was wir uns erhofft haben.«

35
    Kylar rannte, aber der Zweifel rannte schneller. Der Himmel wurde im Osten heller, und die Stadt zeigte ihre ersten Spuren von Leben. Die Wahrscheinlichkeit, einer Patrouille über den Weg zu laufen, war gering, vor allem da Kylar klug genug war, keine Straßen mit reichen Läden zu wählen, auf denen häufiger Patrouillen unterwegs waren als auf Straßen mit ärmlichen Läden, aber wenn er doch Wachleuten begegnete, was würde er sagen? Ich habe nur einen Morgenspaziergang gemacht, mit dunkelgrauen Kleidern, verbotenen Pflanzen, einem kleinen Waffenarsenal und einem mit Asche geschwärzten Gesicht. Na klar.
    Er verlangsamte seine Schritte. Es war jetzt ohnehin nicht mehr weit bis zu Momma K. Was tat er? Gehorchte er einem Wahnsinnigen und einem Riesen? Er konnte die Vir beinahe von Dorians Armen aufsteigen sehen, und bei dem Bild drehte sich ihm der Magen um. Vielleicht war es doch kein Wahnsinniger. Aber worauf waren sie aus? Die einzigen Menschen, die Kylar kannte und die nur die Dinge taten, die sie für richtig hielten, waren die Drakes, und er vermutete, dass sie die Ausnahme von der Regel darstellten. In der Welt der Sa’kagé, am Hof, in der realen Welt taten die Menschen, was für sie selbst das Beste war.

    Feir und Dorian hatten nicht geleugnet, dass sie andere Motive für ihr Erscheinen in Cenaria hatten, aber sie hatten sich auf jeden Fall so benommen, als sei er das Wichtigste. Sie hatten sich so benommen, als glaubten sie wirklich, dass er den Geschicken des Reichs einen anderen Lauf geben konnte! Es war Wahnsinn. Aber er hatte ihnen geglaubt.
    Wenn sie nur Lügner waren, würden sie dann nicht versuchen, ihm zu sagen, wie großartig alles sein würde, wenn er Blint tötete? Oder waren sie einfach viel klüger als die meisten Lügner? Nach dem, was Dorian gesagt hatte, sah es so aus, als würde Kylar alles verlieren, ganz gleich, was er tat. Welche Art von Wahrsager erzählte einem so etwas?
    Trotzdem begann Kylar von neuem zu laufen und dann zu rennen, wobei er eine Wäscherin erschreckte, die ihre Eimer mit Wasser füllte. Vor Momma Ks Tür blieb er stehen und fühlte sich plötzlich wieder unbehaglich. Momma K blieb bis spät in die Nacht auf und erwachte jeden Tag sehr früh, aber wenn es eine Tageszeit gab, zu der er sich sicher sein konnte, dass sie im Bett liegen würde, dann gerade diese. Es war die einzige Zeit des Tages, da die Tür verschlossen sein würde. Verdammt, würdest du einfach eine Entscheidung treffen?
    Kylar klopfte leise an die Tür, zieh sich einen Feigling und entschied trotzdem, dass er gehen würde, wenn niemand öffnete.
    Die Tür wurde beinahe sofort geöffnet. Momma Ks Zofe wirkte fast ebenso

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