Der Weg in Die Schatten
der Berg.
Der kleinere Mann, Dorian, trug einen kurzen, schwarzen Bart und hatte eine scharfe Nase und gerade, weiße Zähne. Er musterte Kylar eindringlich mit seinen blauen Augen. Dann streckte er die Hand aus und nahm etwas von dem in der Luft schwebenden Tuntunpulver zwischen zwei Finger. Leicht geöltes, schwarzes Haar, blaue Augen, helle Haut. Definitiv ein Khalidori. Er war der Hexer. »Sei kein schlechter Verlierer, Feir. Die Sache wäre schlimm für dich ausgegangen, wenn ich sein Schwert nicht zerbrochen hätte.«
Feir runzelte finster die Stirn. »Ich denke, ich hätte mich durchaus allein verteidigen können.«
»Tatsächlich würde er sich in diesem Augenblick, hätte ich nicht eingegriffen, fragen, wie er eine so massige Leiche von der Stelle bewegen soll. Und das ohne seine magische Gabe . «
Dies hatte ein unglückliches Grunzen zur Folge. Der kleinere Mann machte eine Handbewegung, und das Tuntunpulver fiel in einem säuberlichen Häufchen zu Boden. Er betrachtete Kylar, und die Fesseln, die ihn hielten, verlagerten sich und zwangen ihn, sich aufrecht hinzustellen, die Hände an den Seiten, in denen er noch immer die Messer hielt. »Ist das bequemer so?«, fragte er, schien jedoch keine Antwort zu erwarten. Er berührte Kylars Hand mit einem einzigen Finger und starrte in ihn hinein, als würden seine Augen ihn aufschneiden. Dann runzelte er die Stirn. »Sieh dir das an«, sagte er zu Feir.
Feir akzeptierte die Hand, die Dorian auf seine Schulter legte, und starrte Kylar auf die gleiche Weise an. Kylar stand da und wusste nicht, was er tun oder sagen sollte; sein Kopf war voller Fragen, von denen er sich nicht sicher war, ob er sie aussprechen sollte.
Nach einem langen Schweigen sagte Feir: »Wo ist sein Kanal? Er wirkt beinahe geformt, als sei da eine Nische für...« Er stieß scharf den Atem aus. »Beim Lichte, er sollte ein...«
»Beängstigend. Ja«, erwiderte Dorian. »Er ist ein geborener Ka’karifer. Aber das ist es nicht, was mir Sorgen macht. Sieh dir das an.« Kylar spürte, wie sich etwas in ihm zusammenzog. Es war ein Gefühl, als würde er von innen nach außen gestülpt.
Was immer er sah, es machte Feir Angst. Sein Gesicht war reglos, aber Kylar konnte die plötzliche Anspannung seiner Muskeln beinahe spüren, den leichten Geruch von Furcht in der Luft.
»Hier ist etwas, das sich mir widersetzt«, erklärte der mit den blauen Augen. »Der Strom ist unwiderstehlich. Der Schattenumhüllte macht es schlimmer.«
»Lass es los«, sagte Feir. »Bleib bei mir.«
Kylar spürte, wie das, was ihn hochgezogen hatte, von ihm abfiel, obwohl sein Körper noch immer gefesselt war. Dorian wippte auf den Fersen, und Feir packte seine Schultern mit fleischigen Händen und hielt ihn aufrecht.
»Wie habt Ihr mich genannt? Wer seid Ihr?«, fragte Kylar scharf.
Dorian grinste und gewann sein Gleichgewicht zurück, als habe ihm allein die Erheiterung dazu verholfen. »Du fragst, wer wir sind, Träger von Namen? Jetzt lautet er Kylar, nicht wahr? Ein alter jaeranischer Witz. Das gefällt mir. War das dein Sinn
für Humor oder Blints?« Als ein verblüffter Ausdruck auf Kylars Gesicht erschien, fügte er hinzu: »Offensichtlich der von Blint.«
Dorian blickte wieder durch Kylar hindurch, als trüge er eine Liste in sich, die der andere Mann las. »Der Namenlose. Marati. Cwellar. Spex. Kylar. Sogar Kagé, auch wenn das nicht besonders originell ist.«
»Was?«, fragte Kylar. Das Ganze war lächerlich. Wer waren diese Männer?
»Sa’kagé bedeutet Fürsten des Schattens«, antwortete Dorian. »Daher bedeutet Kagé ›Schatten‹, aber ich nehme nicht an, dass dieser Name deine Schuld ist. Wie dem auch sei, du solltest neugieriger sein. Ist dir denn nie in den Sinn gekommen, dich zu fragen, warum andere Kinder wie du gewöhnliche Namen hatten wie Jarl oder Bim oder Sklavennamen wie Puppenmädchen oder Ratte, während du mit Azoth belastet warst?«
Kylar wurde kalt. Er hatte gehört, dass Hexer Gedanken lesen konnten, aber er hatte es nie geglaubt. Und diese Namen. Es war keine willkürliche Liste. »Ihr seid Hexer. Alle beide.«
Feir und Dorian sahen einander an.
»Halb richtig«, sagte Dorian.
»Im Grunde etwas weniger als halb«, fügte Feir hinzu.
»Aber ich war ein Hexer«, erklärte Dorian. »Oder genauer gesagt, ein Meister. Solltest du jemals das Pech haben, einem zu begegnen, wirst du vielleicht nicht den Wunsch verspüren, eine Verunglimpfung zu benutzen.«
»Was seid Ihr?«,
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