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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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eine Ausnahme machen und ein Leben für eine gewisse Zeitspanne verschonen würden, dann würde es nicht Logans Leben sein.
    Die Trauer traf Kylar wie ein körperlicher Schlag. Logan war tot. Sein bester Freund war tot. Tot, und die Schuld konnte einzig bei Kylar zu suchen sein.
    Er hätte dies verhindern können. Kylar hätte Durzo in der vergangenen Nacht töten können. Durzos Rücken war dort gewesen,
ein Ziel, das er nicht verfehlen konnte. Dorian hatte es ihm gesagt. Er hatte es ihm gesagt!
    Welchen Schmerz hatte er Logan nicht zugefügt? Er hatte die Ermordung von Logans Freund Aleine zugelassen, hatte die Wahrheit über die Affäre von Serah und Aleine verschleiert, hatte verschuldet, dass er wegen Mordes ins Gefängnis geschickt worden war, und er hatte ihn gezwungen, seine Verlobung zu lösen. Nun war Logan gezwungen gewesen, ein Mädchen zu heiraten, das er nicht kannte und das ermordet worden war, und dieses Mädchen, das nicht einmal eine ganze Stunde seine Gemahlin gewesen war, war vergewaltigt und getötet worden.
    Kylar ließ sich zu Boden sinken und weinte. »Logan, es tut mir leid. Es tut mir leid. Es ist alles meine Schuld.« Er streckte die Hand aus, um Halt zu suchen, und fasste in die Blutpfütze. Er betrachtete seine blutverschmierte Hand. So blutverschmiert, wie sie in eben diesem Gemach fünf Jahre zuvor blutverschmiert gewesen war, als er zum ersten Mal ganz auf sich gestellt getötet hatte. So blutverschmiert, wie sie, seit er seinen ersten Unschuldigen ermordet hatte, immer gewesen war. Dies war der Ort, an den das Morden ihn gebracht hatte. Der Kreis hatte sich geschlossen, seine Ermordung eines Unschuldigen hatte unausweichlich zu der Ermordung weiterer geführt. Während der vergangenen fünf Jahre hatte er genau das getan, was er zu tun beabsichtigt hatte: Er war mehr und mehr wie Durzo Blint geworden. Er war ein Auftragsmörder geworden. Er schlief schlecht, also schlief er leicht, also war er noch gefährlicher. Er war immer angespannt, und das Blut, das in ebendiesem Raum zum ersten Mal seine Hände bedeckt hatte, war nie weggewaschen worden. Es war nur neues hinzugekommen. Es war kein Versehen, dass jetzt Logans Blut an seinen Händen klebte, kein Zufall.
    Die Drakes sprachen gern über eine göttliche Ökonomie: der
Gott, der Weinen in Lachen verwandelte, Kummer in Freude. Ein Blutjunge war der Großkaufmann der satanischen Ökonomie. Mord zeugte Mord, und wie Durzo gesagt hatte, andere zahlten stets den Preis dafür.
    Müssen andere stets für mein Versagen zahlen? Gibt es keine andere Möglichkeit? Das Blut an seinen Händen sagte: nein, nein. Dies ist die Wirklichkeit; es ist hart, unbequem, hassenswert, aber es ist wahr.
    »Ich breche meine eigenen Regeln«, sagte die verwischte Andeutung eines Schattens.
    Kylar blickte nicht einmal auf. Es scherte ihn nicht, ob er starb. Aber der Mann sprach nicht weiter. Nach langen Sekunden fragte Kylar voller Bitterkeit: »›Spiele nicht nach meinen Regeln. Ein Mord ist ein Mord‹?«
    Durzo trat aus dem Schatten. »Kylar, ich habe eine letzte Regel, die ich dich lehren muss.«
    »Und worin besteht die, Meister?«
    »Du bist jetzt beinahe ein Blutjunge, Kylar. Und nun, da du gelernt hast, beinahe jeden Kampf zu gewinnen, gibt es noch eine weitere Regel: Kämpfe niemals, wenn du nicht gewinnen kannst.«
    »Schön«, sagte Kylar. »Ihr gewinnt.«
    Durzo stand lange da. »Komm, Lehrling. Hier ist deine Feuerprobe.«
    »Ist das alles, woraus Euer Leben besteht?«, fragte Kylar und blickte zu guter Letzt doch auf. »Prüfungen und Herausforderungen?«
    »Mein Leben? Das ist alles, woraus das Leben besteht.«
    »Das reicht nicht«, erwiderte Kylar. »Diese Menschen sollten nicht sterben. Khalidor sollte nicht gewinnen. Es ist nicht recht.«
    »Ich habe nie gesagt, dass es recht sei. Meine Welt ist nicht
in Schwarz und Weiß unterteilt, in Recht und Unrecht, Kylar. Deine sollte es ebenfalls nicht sein. In unserer Welt gibt es nur besser und schlechter, hellere und dunklere Schatten. Cenaria konnte nicht gegen Khalidor gewinnen, ganz gleich, was heute Nacht geschehen wäre. Auf diese Weise sterben einige Adlige, statt Zehntausende von Bauern. So ist es besser.«
    »Besser? Mein bester Freund ist tot, und sie vergewaltigen wahrscheinlich gerade seine Gemahlin! Wie könnt Ihr einfach dastehen und nichts tun? Wie könnt Ihr denen helfen?«
    »Weil Leben leer ist«, antwortete Durzo.
    »Schwachsinn! Wenn Ihr das glaubtet, wärt Ihr vor langer Zeit

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