Der Weg in Die Schatten
hatten ihn verwandelt. Er würde wieder ein Mann sein, später. Jetzt war er harter, kristallklarer, gefrorener Zorn. Logan überlegte, dass er selbst mit gefesselten Händen beide Wachen töten könnte. Mit der Wut, die in seinem Körper tobte, glaubte er nicht, dass es viel gab, was ihn aufhalten konnte.
Bis auf Magie. Auch Roth hatte es gewusst, und er hatte seinen Hexer, Neph Dada, ausgeschickt, um Logan zum Kerker zu eskortieren. Neph hatte sich den Grundriss der Burg offensichtlich eingeprägt, denn er bewegte sich mühelos durch die Flure der Dienstbotenquartiere, die Hintertreppen und Keller.
Die Stadt Cenaria hatte nur ein Gefängnis, mit der Burg verbunden durch einen einzigen Tunnel - jetzt überrannt von khalidorischen Hochländern - und vom Rest der Stadt getrennt durch die beiden Arme des Plith. Gefangene wurden mit einer Barkasse ins Gefängnis gebracht. Nur wenige verließen es wieder.
Die Verbrecher, die hierherkamen, hätten geradeso gut von der Erde selbst verschlungen werden können.
Oder, so dachte Logan mit dem Rest Verstand, der sich noch nicht in Zorn verwandelt hatte, als ein eigenartiger Geruch seine Sinne bestürmte, vielleicht wurde es aus anderen Gründen Der Schlund genannt. Von der Nordseite der Insel Vos kamen ständig Dämpfe und erfüllten die Luft des Gefängnisses mit dem Geruch von Schwefel, bevor sie sich einen Weg nach draußen bahnen konnten.
Neph Dada hielt vor einem eisernen Tor inne, während einer der Männer, die Logan bewachten, nach einem Schlüssel tastete. Neph funkelte den Mann an und wedelte vor dem Schloss mit der Hand, wobei sich die schwarzen Ranken auf seinem Arm nicht ganz im gleichen Rhythmus bewegten wie sein Arm selbst. Das Schloss klickte.
Der Wachmann förderte den richtigen Schlüssel zutage und lächelte schwach.
»Ich muss mich noch um andere Dinge kümmern«, sagte Neph. »Werdet Ihr von hier an allein mit ihm fertig?«
»Ja, Herr«, antwortete der Mann und beäugte Logan nervös.
Logans Herz lächelte. Die Chancen standen nicht direkt gut, wenn er nackt gegen zwei bewaffnete Männer kämpfen musste, aber solange Nephs magische Fesseln seine Arme bewegungsunfähig machten und seinen Beinen kaum genug Raum gaben, um zu schlurfen, gab es nichts, was er tun konnte.
»Gut. Die Fesseln werden noch zehn Minuten halten«, erklärte Neph.
»Reichlich Zeit, Herr«, sagte der Wachmann.
Mit einem Schnauben ließ Neph sie allein. Der Wachmann mit der großen Nase verschloss das Eisentor und gab Logan
Zeit, sich an den düsteren Raum zu gewöhnen. Rechts und links waren schwere Türen mit vergitterten Fenstern.
»Für den Fall, dass Ihr darüber nachgedacht habt«, begann Nase. »Dies sind die hübschesten Gemächer hier. Wirklich angenehme Räume. Für Adlige. Doch nicht für Euch.« Er kicherte.
Logan sah den Mann ausdruckslos an.
»Die Rampe dort führt an die Oberfläche. Auch nicht für Euch.«
Der wieselgesichtige Mann sah Nase an. »Verhöhnst du tote Männer immer?«
»Immer«, antwortete Nase und schob sich einen Finger in die Nase. »Was?«, fragte er, als Wiesel ihn ansah. »Ich habe mich gekratzt.«
»Halt den Mund«, erwiderte Wiesel. »Nach unten auf die dritte?«
»Ja, den ganzen Weg hinunter bis zu den Heulern. Bringen wir es schnell hinter uns.« Nase klopfte an die vierte Tür, an der er vorbeikam. »Ich bin gleich wieder für dich da, ich komme gleich zurück zu dir, Schätzchen!«
Aus der Zelle erklang ein leiser Schrei, aber die Frau darin blickte nicht auf.
»Dieses Miststück macht mich heiß«, bemerkte Nase. »Hast du sie mal gesehen?«
Wiesel schüttelte den Kopf, daher sprach Nase weiter: »Hat mehr Narben im Gesicht als ein Hochländer Flöhe, aber wer muss schon ihr Gesicht ansehen, hm?«
»Der Prinz wird dir die Kehle rausreißen, wenn du sie anrührst«, bemerkte Wiesel.
»Ah, woher soll er es denn erfahren?«
»Er kommt heute Nacht herunter. Er will unsere Sa’kagé-Jungen befreien und nach diesem Frauenzimmer und irgendeinem
kleinen Kind sehen, das sie hereingeschleppt haben«, erwiderte Wiesel.
»Heute Nacht? Hölle, ich werde keine fünf Minuten für sie brauchen«, sagte Nase. Er lachte.
Sie gingen durch von Menschenhand geschaffene Tunnel zwei Stockwerke hinunter, und die Ausdünstungen vieler Menschen auf engem Raum vermischten sich mit kräftigem Schwefelgeruch, dem beißenden Gestank von Abwässern und anderen Gerüchen, die Logan nicht identifizieren konnte. Er prüfte in regelmäßigen Abständen
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