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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Felsen klettern konnte. Seine Nase hatte endlich zu bluten aufgehört, und er hatte seine Hand verbunden, so dass sie nicht mehr allzu sehr blutete, aber wenn er versuchte zu schwimmen, würde sie von neuem zu bluten beginnen. Seine Hand pulsierte, und sein ganzer Körper fühlte sich schwach an vom Blutverlust.
    Wenn es irgendeine andere Nacht gewesen wäre, wäre Kylar fortgegangen. Er war nicht in der Verfassung, einen Mordanschlag zu versuchen. Aber Logik bedeutete nicht viel. Nicht heute Nacht. Nicht nach dem, was Roth getan hatte.
    Das Gebäude auf dem Spalt der Insel Vos war aus Stein gebaut, quadratisch mit einer Seitenlänge von dreißig Schritt und eingeschossig. Es war angeblich ein Wunder der Ingenieurskunst, aber Kylar verstand wenig davon. Er nahm an, dass Adlige sich nicht von einem Wunder beeindrucken ließen, das nach faulen Eiern roch.
    Es war Dummheit, weiterzugehen. Kylar war so erschöpft, dass er kaum auch nur daran denken konnte, seine Magie zu benutzen. Es kostete eine gewisse Art von Kraft, das zu tun. Er lehnte sich an die schwere Tür und sammelte seine Kräfte. Er hielt noch immer Vergeltung in der Hand. Als er nun auf die Waffe hinabschaute, starrte er das Wort an, das in die Klinge geritzt war. GERECHTIGKEIT. Nur dass jetzt nicht mehr »Gerechtigkeit« dort stand. Er blinzelte.
    BARMHERZIGKEIT stand dort in der gleichen silbernen Schrift, genau an der Stelle, an der früher in schwarzer Schrift GERECHTIGKEIT gestanden hatte. Quer über dem Griff stand nun ebenfalls in Silber: VERGELTUNG.

    Der Ka’kari war fort. Kylar war vor Müdigkeit so verwirrt, dass er einen Moment lang verzweifelte. Dann fiel ihm wieder ein, wo der Ka’kari geblieben war. Er ist in meine Haut eingedrungen? Wie müde genau war er? Gewiss musste seine Fantasie ihm etwas vorgegaukelt haben. Es musste eine Halluzination gewesen sein.
    Er drehte die Hand, und plötzlich floss schwarzer Schweiß wie Öl aus seiner Haut, flüssig für einen Moment, bevor er plötzlich zu einer warmen Metallkugel gerann. Die Kugel war jetzt mitternachtsschwarz und vollkommen ohne besondere Merkmale. Ein schwarzer Ka’kari. In Logans Geschichten waren nur sechs Ka’kari erwähnt worden: weiß, grün, braun, silbern, rot und blau. Kaiser Jorsin Alkestes und sein Erzmagus Ezra hatten sie sechs Kämpen gegeben und damit einen von Jorsins besten Freunden gekränkt, der ihn darauf verriet. Nach dem Krieg waren die sechs Ka’kari Gegenstände großer Begierde gewesen, und jene, die sie getragen hatten, waren schnell gestorben.
    Kylar versuchte, sich an den Namen des Verräters zu erinnern. Er lautete Acaelus Thorne. Jorsin hatte ihn doch nicht gekränkt. Indem er so tat, als kränke er ihn, hatte Jorsin seinem besten Freund eine Möglichkeit gegeben zu fliehen - und ein Artefakt vor feindlichen Händen zu retten. Weil niemand von der Existenz des schwarzen Ka’kari gewusst hatte, hatte auch niemand Jagd auf Acaelus gemacht. Acaelus hatte überlebt.
    Durzo hatte seinen Brief mit »A Thorne« unterschrieben.
    »Oh, Götter«, hauchte Kylar. Er konnte jetzt nicht darüber nachdenken, konnte nicht innehalten, oder er würde nicht in der Lage sein, sich von neuem in Bewegung zu setzen. »Hilf mir«, sagte Kylar zu dem Ka’kari. »Bitte. Diene mir.« Er drückte den Ka’kari, und dieser löste sich auf, floss über seine Haut, über seine Kleider, über sein Gesicht, über seine Augen. Kylar zuckte
zusammen, aber er konnte nach wie vor perfekt sehen - konnte nach wie vor durch die Dunkelheit sehen, als sei sie natürlich. Er blickte auf seine Hände hinab, auf sein schwarzes Schwert und sah sie vor Magie schimmern und verschwinden. Sie waren nicht nur in Schatten gekleidet, wie Blutjungen sich kleideten. Sie verschwanden. Kylar war kein Schatten mehr, wie er es zuvor gewesen war. Er war unsichtbar.
    Es blieb keine Zeit zum Staunen; auf ihn wartete Arbeit. Es waren zehn Minuten oder mehr vergangen, seit er Roth auf dem Dock gesehen hatte. Wenn Roth heute Nacht sterben sollte, musste Kylar sich beeilen. Er öffnete das Schloss und trat in das Gebäude.
    Im Innern war es drückend heiß. Hölzerne Laufstege umgaben einen gewaltigen runden, zentralen Kamin von fünfzehn Schritt Breite. Er bestand aus breiten, zusammengenieteten Metallplatten, die von einem äußeren Rahmen aus Holz gestützt wurden. Der Schlot reichte etwa vier Stockwerke weit hinunter, wo er dem natürlichen Spalt in der Erdkruste aufsaß.
    Als Kylar in die dunklen Tiefen des

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