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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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größer, als der alte Portier Azoth die Tür öffnete und sie hineinführte.
    Graf Drake war in seiner Amtsstube. Er erhob sich und bat
sie herein, und irgendwie gelang es ihm, sich keine Überraschung anmerken zu lassen, als er Puppenmädchens zerstörtes Gesicht sah. Er war ein besserer Mensch als Azoth.
    »Hat Azoth dir gesagt, warum du hier bist, junge Dame?«, fragte der Graf. Der Name war mit Bedacht gewählt, wie Azoth sah. Puppenmädchen war ein Teil von Azoths Leben - sie würde kein Teil von Kylars Leben sein. Sie würde seinen neuen Namen nicht erfahren.
    Puppenmädchen schüttelte scheu den Kopf und klammerte sich an Azoth.
    »Wir haben eine Familie für dich gefunden, Puppenmädchen«, fuhr Graf Drake fort. »Sie möchten, dass du zu ihnen kommst und ihre Tochter bist. Sie werden für dich sorgen. Du wirst nie wieder auf der Straße schlafen müssen. Sie dienen in einem Haus hier auf der Ostseite. Wenn du es nicht willst, brauchst du nie wieder ins Labyrinth zurückzukehren.«
    Natürlich war es alles ein wenig komplizierter gewesen. Graf Drake kannte die Familie seit einiger Zeit. Sie hatten im Laufe der Jahre noch andere als Sklaven geborene Waisen aufgenommen, konnten es sich aber nicht leisten, noch ein Kind durchzufüttern. Also hatte Azoth geschworen, mit seinem Lohn für sie aufzukommen; dieser Lohn war bereits recht großzügig, und Master Blint hatte ihm versichert, er würde sich noch vergrößern, während er nützlicher wurde. Graf Drake war nicht begeistert davon gewesen, etwas vor Master Blint geheim zu halten, aber nachdem Azoth ihm erklärt hatte, was geschehen war, war er bereit gewesen zu helfen.
    Puppenmädchen klammerte sich an Azoth; sie verstand entweder nicht, was der Graf gerade gesagt hatte, oder sie konnte es nicht glauben.
    Graf Drake stand auf. »Nun, du hast ihr sicher noch einiges
zu sagen, und ich muss die Kutsche bereitmachen lassen. Wenn ihr mich also jetzt entschuldigen würdet?« Er ließ sie allein, und Puppenmädchen sah Azoth anklagend an.
    »Du warst nie dumm«, bemerkte er.
    Sie drückte seine Hand, und sie drückte sehr fest.
    »Mein Meister hat mir verboten, dich zu sehen. Heute ist das letzte Mal, dass wir einander jemals sehen werden.« Sie zog mit kampflustiger Miene an seiner Hand. »Ja, ein Abschied für immer«, bekräftigte er. »Ich wollte es nicht so, aber er wird mich töten, wenn er herausfindet, dass ich ihm überhaupt so weit getrotzt habe. Es tut mir leid. Bitte, sei nicht böse auf mich.«
    Sie weinte wieder, und es gab nichts, was er tun konnte.
    »Ich muss jetzt gehen. Er könnte jederzeit zurückkommen. Es tut mir leid.« Er riss den Blick von ihr los und trat auf die Tür zu.
    »Verlass mich nicht.«
    Die Stimme stieß ihm eine Lanze aus Eis in den Rücken. Er drehte sich ungläubig um. Es war eine Kleinmädchenstimme, genau wie man es erwarten würde, wenn man nicht gewusst hätte, dass Puppenmädchen stumm war.
    »Bitte?«, sagte Puppenmädchen. Es war eine hübsche Stimme und passte so gar nicht zu der zerschlagenen Maske eines Gesichts, zu der Ratte sie verurteilt hatte.
    Wieder füllten sich Azoths Augen mit Tränen, und er rannte zur Tür hinaus...
    Direkt in jemanden hinein, der groß und hager war und so hart, als sei er aus massivem Stein gemeißelt. Azoth fiel auf den Hintern und blickte voller Entsetzen auf.
    Master Blints Gesicht war purpurn vor Zorn. »Du wagst es?«, rief er. »Nach allem, was ich für dich getan habe, trotzt du mir?
Ich habe soeben einen der Neun getötet, und was tust du? Du läufst zwei Stunden lang dort herum, wo ich es gemacht habe, so dass alle wissen, dass Blints Lehrling dort war. Du könntest mich alles gekostet haben!«
    Er riss Azoth vom Boden hoch, als sei er ein Kätzchen, und schlug ihn. Azoths Robe zerriss in Blints Hand, während er unter der Wucht des Schlages zu Boden fiel. Aber Blint trat vor, und diesmal traf seine geschlossene Faust auf Azoths Kinn.
    Azoths Gesicht prallte vom Boden des Grafen ab, und er sah nur aus den Augenwinkeln, dass Puppenmädchen auf Master Blint zuflog, während das riesige schwarze Schwert aus der Scheide glitt.
    »Tut ihr nicht weh!«, schrie Azoth. Wie ein Wahnsinniger stürzte er sich auf Blint und packte die Klinge, die den Namen Vergeltung trug. Doch Blint war eine Naturgewalt. Er wurde nicht einmal langsamer, während er Puppenmädchen hochhob und sie in den Flur verfrachtete. Er verschloss die Tür, entriegelte sie und verschloss sie abermals in schneller

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