Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
Schwarze Drache von den Gilden Rote Hand, Brennender Mann und Rostiges Messer geschluckt worden war. Die alten schwarzen Drachen, die auf Gebäude und Aquädukte gekritzelt waren, verblassten bereits. Er trug zwei Dolche bei sich, aber er brauchte sie nicht zu benutzen. Einmal versperrten ihm einige Brennende Männer den Weg, aber einer von den Großen war früher eine seiner Eidechsen gewesen. Der Junge wechselte einige Worte mit den anderen, die drauf und dran waren zu versuchen, Azoth auszurauben, und sie zogen sich zurück. Die Eidechse sprach kein einziges Wort mit ihm.
    Er durchmaß ihr altes Territorium ein halbes Dutzend Mal, doch Puppenmädchen fand er nicht. Einmal glaubte er, Corbin Fishill zu sehen, jemanden, von dem er immer gewusst hatte, dass er wichtig war, und von dem er jetzt wusste - Master Blint hatte es ihm erzählt -, dass er einer der Neun war. Aber alle Gilderatten, die er sah, blieben auf Abstand.
    Die Zeit rann Azoth durch die Finger, als ihm endlich die alte Bäckerei einfiel. Dort fand er Puppenmädchen, und sie war allein.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm, und einen Moment lang zögerte er, weil er Angst hatte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dann drehte sie sich um.
    Die Spuren von Rattes Sadismus waren noch frisch. Ein Monat hatte nicht ausgereicht, um die Wunden heilen zu lassen. Er war nur lang genug gewesen, um zu zeigen, wie ihr Gesicht während der letzten Wochen ausgesehen haben musste und wie es für den Rest ihres Lebens aussehen würde... Ratte hatte sie zuerst geschlagen, hatte sie geschlagen, bis sie sich unterworfen hatte oder bewusstlos geworden war. Dann hatte er ihr Gesicht mit einem Messer bearbeitet.
    Ein tiefer Schnitt schlang sich vom Winkel ihres linken Auges bis zum Mundwinkel. Er war mit Dutzenden winziger Stiche genäht worden, aber die verbliebene Narbe würde Puppenmädchens Mund für immer zu einem unnatürlichen Grinsen verziehen. Auf ihrer anderen Wange war ein breiter, x-förmiger Schnitt und dazu passend ein kleinerer quer über ihren Lippen. Essen, Lächeln, Stirnrunzeln - es musste qualvoll für sie gewesen sein, überhaupt den Mund zu bewegen. Eins ihrer Augen war noch geschwollen, und Azoth war sich nicht sicher, ob sie jemals wieder damit würde sehen können. Der Rest der Wunden sah so aus, als würde er verblassen: etwas Schorf auf ihrer Stirn, ein kaum wahrnehmbarer gelber Schimmer rund um ihr anderes Auge und eine Nase, die neu gerichtet worden sein musste, denn Azoth war sich sicher, dass Ratte sie gebrochen hatte.
    Alles in allem war ihr Gesicht, was es sein sollte: ein Zeugnis der Grausamkeit. Ratte hatte gewollt, dass jeder, der Puppenmädchen jemals ansah, wusste, dass dies nicht nur ein Unfall gewesen war. Alle sollten wissen, dass dies mit Absicht angerichtet worden war. Einen Moment lang wünschte Azoth, Rattes Tod wäre noch viel grauenhafter gewesen.

    Dann lief die Zeit plötzlich weiter. Er starrte Puppenmädchen an, starrte das Gesicht seiner Freundin mit offenem Entsetzen an. Ihre Augen, die so voller Überraschung und plötzlicher Hoffnung gewesen waren, füllten sich mit Tränen. Sie bedeckte sich und wandte sich ab, und ihre dünnen Schultern zitterten, als sie lautlos weinte.
    Er setzte sich neben sie. »Ich bin gekommen, sobald ich konnte. Ich habe jetzt einen Meister, und ich musste mich seinem Befehl widersetzen, um überhaupt hier sein zu können, aber ich konnte dich nicht hier zurücklassen. Es war schlimm, nicht wahr?« Sie begann zu schluchzen.
    Er konnte sich vorstellen, welche Namen die anderen ihr gegeben haben mussten. Manchmal wollte er jeden im Labyrinth töten. Wie konnten sie Puppenmädchen verspotten? Wie konnten sie ihr wehtun? Es war ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebte. Ein Wunder - und Jarl. Jarl musste sein Leben ein Dutzend Mal aufs Spiel gesetzt haben.
    Azoth trat neben sie und zog sie an sich. Sie drehte sich um und klammerte sich an ihn, als würden ihre Tränen sie wegwaschen. Er hielt sie im Arm und weinte.
    Die Zeit verging. Azoth hatte das Gefühl, als sei er ausgepresst worden. Er war sich nicht sicher, wie lange er sie im Arm gehalten hatte, aber er wusste, dass es zu lange gewesen war. »Ich habe gute Neuigkeiten«, eröffnete er ihr.
    Sie sah ihn mit diesen großen, braunen Augen an.
    »Komm mit mir«, sagte er.
    Puppenmädchen folgte ihm aus den Kavernen, über die Vanden-Brücke und zum Haus des Grafen Drake. Ihre Augen weiteten sich, als sie auf das Haus zugingen, und wurden noch

Weitere Kostenlose Bücher