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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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wieder laufenlassen?« ­
    »Er hat gut bezahlt.«
    »Die paar Kröten! Hättest ihn ausnehmen sollen, dann wäre jetzt Geld genug in deinem Beutel.«
    »Du meinst … du meinst doch nicht etwa …«
    »Ich meine nicht, ich sag’s nur so.«
    »Das ist aber gefährlich.«
    »Für mich nicht.«
    »Für dich … es geht doch um mich.«
    »Lassen wir das Spintisieren, denn der Herr Maler mit dem dicken Beutel ist leider nicht mehr da. Sonst was Neues?«
    »Eine wilde Geschichte!«
    »Und die wäre?«
    »So’n Hirngespinst. Bei den Dakota soll es eine Gruppe geben, die Gold hat, und der Häuptling soll von ungeheuren Schätzen wissen!«
    The Red spitzte die Ohren. »Was für ein Häuptling?«
    »Das ist alles?«
    »Ich weiß schon, wonach du schnüffelst, rothaariger Bandit. Aber wenn ich was von Gold gehört hätte, würde ich es mir selber längst geholt haben!«
    »Wenn das so einfach wäre.«
    »Ebendarum, weil das gar nicht einfach ist, hast du auch noch nichts gefunden.«
    »Du weißt immer mehr über andere Leute als diese von sich selbst! Wer sagt dir, daß ich nichts finde?« »Siehst nicht danach aus!«
    »Das ist auch gut so. Aber hast du nichts über Sitting Bull gehört?«
    »Den roten Zauberkünstler? Nichts, was der Rede wert wäre. Aber …« Ben stockte und schluckte.
    »Aber?«
    »Komm, ich muß mal nach dem Blockhaus sehen!«
    The Red überlegte einen Augenblick, dann gab er nach. Man mußte sich elastisch zeigen.
    Ben und Jim gingen ohne Eile zu dem Neubau, an dem noch zwei Mann arbeiteten. The Red betrachtete sich das Haus, wie es entstehen sollte, ein rechteckiges starkes Blockhaus, dessen Türöffnung nach Osten ging und dessen Wände keine Fenster, sondern nur Schießluken haben würden. An der hinteren Breitseite sollte offenbar noch ein kleiner Anbau entstehen.
    »Nicht übel, lieber Ben. Und wie willst du zu Wasser kommen, wenn die Roten dich mal belagern und mit Brandpfeilen schießen?«
    »Man kann innerhalb des Hauses auf Grundwasser graben.«
    »Das läßt sich hören. Na, kümmere dich noch ein bißchen um diesen Bau. Und überleg dir, wie es mit einem geheimen Fluchtweg zum Flusse wäre!«
    Ben stutzte. »Wieso denn Fluchtweg? Im tiefsten Frieden? Ich bin schon ein wohlbekannter Handelsmann!«
    »Das seh’ ich. Wer hat dir das Geld dazu gegeben?«
    »Was geht das dich an?«
    »Gar nichts. Will auch keins haben. Macht nur abhängig. Aber was den Frieden anbetrifft ­ du hast Rosinen im Kopf, Mann!«
    »Wieso?« Ben wurde ängstlich. »Hast du was gehört?«
    »Wenn ich darauf immer warten wollte. Selbst muß man denken, alter Esel, im voraus kombinieren!«
    »Aber warum soll denn geschossen werden?!«
    »Du denkst doch nicht, daß die Dakota das Land behalten werden, in dem sie jetzt ihre Büffeljagden abhalten?«
    »Ist ja doch regelmäßig Unsinn, was erzählt wird. Ich hab’ mir den Namen nicht gemerkt. Aber man sagt, der Stamm hat ihn ausgestoßen, weil er im Suff geschwatzt hat. Sein Sohn soll ihn in die Verbannung begleitet haben.«
    »Der Junge ist doch erst zwölf Jahre alt.«
    »Wa … was? Zwölf Jahre? Du kennst ihn also, du Bandit?«
    Red schalt mit sich selbst. Wie hatte ihm das herausfahren können!
    Ben brauchte von seinem Erlebnis im Zeltdorf der Indianer nichts zu wissen. »Kenne ihn nicht!« log er. »Aber die Geschichte wird doch schon an allen Lagerfeuern erzählt.«
    »Dann brauchst du mich nicht erst danach auszuhorchen. Haben sich die beiden nicht mal bei dir sehen lassen?«
    »Was sollten sie denn hier bei mir?«
    »Verbannte pflegen Munition zu brauchen.«
    »Das ist wahr.«
    »Wenn sie also mal herkommen …«
    »Möchtest du sie wiedersehen?«
    »Kennenlernen!«
    »Wiedersehen. Du kennst sie doch schon.«
    »Dummes Zeug. Dann brauche ich nicht nach ihnen zu fragen.«
    »Oder vielleicht gerade.«
    »Eben nicht. Ich sage immer die Wahrheit, merk dir das!«
    »So siehst du aus, alter Räuber. Da, ich schenke dir eine Prise Tabak.«
    »Wird angenommen.«
    Das Gespräch verlor sich in Belanglosigkeiten.
    Als der Tag zu Ende ging und es dunkel wurde, begab sich The Red zu seinem Pferd, um bei diesem zu schlafen. Die Nachrichten, die er zuletzt erfahren hatte, beschäftigten ihn sehr. Wenn der Häuptling, um den es sich hier handelte, wegen seines angetrunkenen Zustandes und seiner undeutlichen Plapperei von seinem Stamme geächtet worden war, so bestand Aussicht, sich noch einmal an ihn heranzumachen. Ein aus einem frei lebenden Stamme ausgestoßener Indianer war

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