Der Weg in die Verbannung
den weißen Mann, dies zu erfahren?«
Während des Gesprächs wateten und stapften allmählich weitere sechs Männer herbei. Sie waren alle ähnlich gekleidet, mit guten Lederjoppen versehen, aber Büchsen oder Flinten schienen die meisten nicht oder jedenfalls nicht mehr zu haben. Doch trugen sie teils Revolver, teils Pistolen bei sich.
»Häuptling der Indianer, was redest du so umständlich!« sagte der untersetzte Weiße, der das Gespräch führte, ungeduldig. »Wir sitzen alle zusammen in der Patsche. Wir dreizehn hier wissen kaum, wie wir hierhergekommen sind; die Sache war etwas turbulent und mit mehreren Purzelbäumen und salti mortali verbunden; mir brummt der Schädel immer noch, und wo die übrigen zwanzig von uns geblieben sind, weiß keiner. Vielleicht wird es auch nie einer erfahren. Fünf von uns sind lahm, gebrochene Knochen, geprellte Glieder, angeschlagene Köpfe. Wir anderen wundern uns und möchten nach Hause. Mögen die Geier oder die Wölfe, oder was sonst noch in diese gottverlassene Gegend kommt, das Land weitervermessen. Wir jedenfalls gedenken den Winter woanders zu verbringen, und wenn die Company das Geschäft aufgeben muß … . von uns aus! Bitte!«
»Was für eine Company?«
»Aber ich kann dir doch die Geschichte nicht von Adam und Eva an erzählen! Der Sündenfall war jedenfalls der größte Fehler; wäre der nicht passiert, brauchte ich nicht zu arbeiten. Aber davon hast du keine Ahnung. Vielleicht stammt ihr Roten gar nicht von Adam ab. Mag dem sein, wie ihm wolle, die Company, das ist die Company! Die Company, das ist die Company, die hier mal ein Stück Eisenbahn bauen will, und dafür müssen wir den Schienenweg vermessen. Hast du schon mal was davon gehört, ja? Im Sommer war’s ein schönes Leben, Büffel zu Hunderten und Tausenden, wir konnten gar nicht genug abknallen, um sie nur halbwegs loszuwerden. Einen Nigger hatte ich auch zur Bedienung, schönen Nigger, mit einem kleinen Boy dazu. Schlaue Füchse waren sie und sind mir entkommen. Der Kleine ist mir nachts entwischt, und was den Großen anlangt, so hat sich so eine alte Habichtsnase von Indianer dazwischengemengt, und ich mußte ihn laufenlassen. Aber die alten Geschichten beiseite! Sage mir lieber endlich, wie wir aus dieser Menschenfalle hier wieder ’rauskommen! Du schweigst so umständlich. Auf diese Weise kommen wir doch niemals weiter!«
Mattotaupa betrachtete den Sprecher, wie ein Kind einen sonderbaren Molch betrachtet. »Wohin wollt ihr?«
»Häuptling der Indianer, das ist uns, offen gestanden, ganz egal, wohin wir kommen, aber jedenfalls irgendwohin, wo es etwas zu saufen und zu fressen gibt, ehe wir verdursten und verhungern!«
»Wo sind eure Pferde?«
»Das mußt du euren Sturm fragen, euren vermaledeiten, verdammten, verfluchten Sturm! Der hat sie irgendwohin geweht und irgendwo zugedeckt! Was weiß denn ich! Wenn wir auch noch nach unseren Pferden suchen wollten, hätten wir viel zu tun. Wahrhaftig, sehr viel.«
Mattotaupa lächelte ironisch. »Wahrhaftig, sehr viel«, wiederholte er in der Sprache der weißen Männer, die aus seinem Munde fremdartig klang. Dann ließ er wieder den Indianer mit dem Halstuch übersetzen, der auch alle Reden des Weißen getreulich und ohne Ungeduld in der Sprache der Dakota wiederholt hatte: »Wo sind eure Büchsen und Flinten?«
»Beim Teufel, Mann, beim Teufel und seiner allverehrten Großmutter! Sonst vielleicht noch eine Auskunft gefällig? Mein Name ist Bill! Ich bin kein Landvermesser, sondern ein erfahrener Scout, berühmt von Alaska bis Mexiko, Sieger in vierundzwanzig Hahnenkämpfen, sechsundzwanzig Jahre alt, geboren, getauft, noch nicht verstorben, aber dem Verrecken offenbar nahe, denn ich habe heute nacht viel Staub geschluckt, und in diesem elenden Lande hier kannst du nur noch Sand, aber keinen Tropfen Brandy mehr finden. Bist du nun zufrieden, wie? Oder womit darf ich noch dienen, bis du dich endlich entschließt, uns aus dieser Sandbüchse hier zu retten?«
»Darüber könnten wir beraten.«
»Beraten, Allmächtiger! Ich will dir jetzt mal klipp und klar was sagen, du dreckiger Indsman, du verfluchte Rothaut! Entweder führst du uns aus diesem Sandwellenmeer in eine anständige Gegend für anständige Menschen, oder wir schlagen dir und deinem Lausejungen hier ganz einfach den Schädel ein.«
Der Indianer, der die Weißen begleitete, übersetzte teilnahmslos, wie eine Maschine.
»Versucht das doch!« erwiderte Mattotaupa, ebenfalls mit
Weitere Kostenlose Bücher