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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Indianer befanden sich mit ihren Pferden innerhalb der Umzäunung und hatten die Tiere nicht festgemacht, so daß sie ihnen notfalls sofort zur Verfügung standen.
    Die beiden Dakota schliefen noch nicht, sondern dösten, die offenen Augen auf den Nachthimmel gerichtet, die Ohren aber für den geringsten Laut in ihrer Umgebung offen.
    Das erste, was sich ereignete, war die Ankunft der sieben Langmesser und Scouts, unter Führung von Tobias. Sie brachten ihre Tiere nicht in die Umzäunung, da hier kein Platz für soviel Gäste vorgesehen war, sondern pflockten sie zwanzig Meter weiter an. Tobias blieb bei den Pferden zurück und bat Tom, ihm etwas zu essen zu bringen. Das konnten Mattotaupa und Harka hören. Tom erfüllte den Wunsch des indianischen Scouts, der offenbar auch bei den Pferden schlafen wollte, und ging dann in das Blockhaus, wo großer Lärm entstand, als die Ankömmlinge zu trinken und zu erzählen begannen. Bills endloses Geplapper war deutlich herauszuhören, wenn die Indianer die einzelnen Worte auch nicht verstehen konnten. Sie fragten sich im stillen, ob der Maler bei diesem Lärm im Haus wohl werde schlafen können.
    Der Wirt kam nach einiger Zeit heraus, scheinbar um nach den Pferden und Hunden zu sehen, hielt den Schritt aber dann bei Mattotaupa an und schien eine Unterhaltung anspinnen zu wollen. Mattotaupa beantwortete kaum jede dritte Frage. Als Ben begriff, daß ihm die Umwege nichts nützten, steuerte er sein Ziel geradezu an.
    »Der Rote Jim sucht euch!« Ben hatte sich für seine Handelsgeschäfte so viel von der Dakotasprache angeeignet, daß er sich verständigen konnte.
    »Wer ist das?« fragte der Dakota, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Ihr kennt euch doch! Mann! The Red oder Red Jim oder Red Fox oder wie er immer genannt wird, der war doch bei euch! Feiner Kerl, was?«
    Mattotaupa verzog nur die Lippen.
    »Er sucht euch! War hier, ist dann nach Westen geritten! Hoffentlich nicht im Sandsturm umgekommen. Aber ich glaub’s nicht, denn Jim weiß sich zu helfen. Na, ihr seid recht müde, dann also gute Nacht. Feine Bekanntschaft habt ihr da auch mit dem Maler! Feine Bekanntschaft! Das ist einer, der was ausgeben kann!« Da Mattotaupas Schweigsamkeit nicht aufzubrechen war, entfernte sich Ben wieder.
    Wenn die Indianer vielleicht geglaubt oder gefürchtet hatten, daß das lärmende Treiben der Trinker im Blockhaus die Nacht hindurch währen würde, so hatten sie sich getäuscht. Ben und Bill, deren Stimmen sie herauskannten, sorgten verhältnismäßig früh für vollständige Ruhe. Möglicherweise hatte der Maler ein ansehnliches Trinkgeld gegeben, um sich eine erträgliche Nacht zu verschaffen. Langspeer kam noch einmal zu den Pferden heraus und deutete etwas dergleichen an. Er schien aber das Verhalten des Malers sehr unvorsichtig zu finden und beschrieb den beiden Dakota dreimal genau, wo er und Gelbbart schlafen würden, bemerkte auch noch, daß der Maler eine Pfeife habe, mit der er schrill und durchdringend pfeifen könne. Sie klinge ähnlich wie eine indianische Kriegspfeife.
    Nach diesen Erklärungen, die seine wachsende Besorgnis verrieten, entfernte er sich, um wieder zu Gelbbart ins Blockhaus zu gehen. Gleich darauf kam Ben heraus, ging zu Tobias und ließ sich von diesem die Revolver der erschossenen Verletzten zeigen. Die Weißen hatten beim Brandy wohl davon erzählt. Ben bot einen Preis, den Tobias als lächerlich bezeichnete, worauf Ben hoch und heilig versicherte, daß er derartiges Räubergut überhaupt nie ankaufen werde. Er ließ Tobias stehen, kam aber noch einmal zu Mattotaupa herüber und fragte diesen, ob er nicht wenigstens zwei Revolver mit reichlich Munition kaufen wolle.
    Mattotaupa drehte sich wortlos in seinen Decken, so daß er dem zahnlosen Ben den Rücken zukehrte. Daraufhin verschwand der Wirt wieder in dem still gewordenen Haus. Die Indianer hörten, wie er die schwere Tür von innen zuschloß.
    Mattotaupa hob den Kopf, als ob er lausche, und als alles ruhig blieb, stand er auf und ging weg. Harka schaute ihm nach, konnte ihn von seinem Platze aus aber nur auf eine kurze Strecke beobachten. Als Mattotaupa nach einigen Minuten zu Harka und den Pferden zurückkam, hatte er die Axt bei sich, mit der auf einem Amboß beim Hause Holz klein gemacht wurde. Er nahm sie unter seine Decke und schien einzuschlafen. Harka war todmüde. Der Schlaf überwältigte ihn. Er wußte nicht, wie lange er geschlafen hatte, als er bei einem Ton hochfuhr, den er aus

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