Der Weg in die Verbannung
beschafft, was in der Gegend um diese Jahreszeit nicht leicht war. Er stellte aber auch einen Krug mit Brandy dazu. Die Männer und der Junge speisten mit Genuß. Für Harka hatte sich die Welt wieder verändert, nachdem er einen neuen Plan und eine neue Hoffnung gefaßt hatte, die ihm mit ihren Zielen allen Krafteinsatzes wert erschien. Er spürte, daß auch im Vater das Blut wieder schneller pulste. Obgleich die beiden Indianer körperlich noch genauso elend und abgeschunden aussahen wie eine Stunde zuvor, merkten ihnen alle an, daß sie einen anderen Blick und eine andere Haltung angenommen hatten. Die Gäste am Tisch glaubten, daß dies der Genuß der Bärentatzen bewirkte, aber darin irrten sie sich. Es konnte nur sein, daß die Bärentatzen den Indianern besser mundeten und sie mehr Freude daran fanden, als es eine Stunde vorher noch der Fall gewesen wäre.
Nach dem Essen bot Jim das frische Wasser an, das alle gern tranken. Nur er selbst zog den Branntwein vor.
Als alle reichlich gesättigt waren und den Durst gestillt hatten, kramte Jim die Sachen hervor, die er auf der Wandbank verstaut hatte. Zuerst hielt er die doppelläufige Büchse in die Höhe, die Harka sehr gut kannte.
»Dein Eigentum, mein Junge, habe ich dir am Pferdebach geschenkt, und diese Büchse soll dir keiner wegnehmen.«
Der Junge nahm die Waffe an sich. Aber da er innerlich schon darauf verzichtet gehabt hatte, empfand er jetzt nicht die enorme Freude, die Jim wohl erwartete. Harka bedankte sich auch nicht. Dankesworte zu machen war nicht indianische Sitte. Er nahm die Waffe einfach entgegen.
Jim mochte enttäuscht sein, ließ sich das aber nicht anmerken. Er packte das große Bündel aus.
»Hier! Zwei Büffelpelzröcke, besser haben sie euch eure Weiber im Zelt auch nicht genäht! Hab’ ich von den Rothäuten da draußen auf der Wiese eingehandelt. Einen großen probiere an, Mattotaupa paßt! Und hier den für dich, Harka. Der Winter kommt! Ihr dürft nicht erfrieren! Wäre schade um so zwei schöne Indsmen. Dann hier gut gegerbte Büffelfelle als Decken. Die können eure Mustangs noch mitschleppen. Maultiere werdet ihr euch wohl kaum halten wollen.«
Während dieser Geschenkaktion zeigten der Maler und Langspeer sehr verlegene Mienen. »Es wäre an uns gewesen, euch zu beschenken«, sagte Gelbbart zu den beiden Dakota. »Uns habt ihr das Leben gerettet.«
»Und das Geld!« fügte Jim ungeniert hinzu.
»Also dürfen wir dir den Betrag für diese Sachen geben?« fragte der Maler Jim.
»Bitte, wenn es sein soll warum nicht?«
Zufrieden kassierte Jim eine erhebliche Summe.
Harka wunderte sich, und Red Jim sank eine Stufe tiefer in seiner Achtung. Sicher hatte dieser rothaarige Mann den Indianern draußen nicht soviel für die Sachen gegeben, wie er jetzt selbst einstrich.
»Wie soll’s denn nun weitergehen?« erkundigte sich Jim und schüttete noch einen Becher Branntwein hinunter.
»Wir möchten im Winter eine Stadt der weißen Männer kennenlernen«, sagte Mattotaupa offen und schaute dabei den Maler an. »Ihr habt ja viel vor!« mischte sich Jim sofort ein, aber der Maler bemerkte kurz:
»Das ist eine Sache, die Mattotaupa mit mir besprechen möchte! Ich lade dich ein, Häuptling«, fuhr er fort, zu dem Dakota gewandt. »Zum Winter muß ich doch zurück in die Städte. Wir gedenken, morgen früh aufzubrechen. Es hält uns nichts mehr hier. Wahrhaftig, nichts hält uns mehr in dieser Räuberhöhle! Wir reiten flußabwärts zum Missouri. Dort wachsen jetzt die Städte wie die Pilze aus der Erde, und dort gibt’s genug Typen für mich, wie ich sie studieren will. Wenn du Lust hast mitzukommen, so ist es mir eine große Freude.«
»Wir werden morgen früh bereit sein.«
»Das paßt genau in meine Pläne«, sagte Jim unverfroren. »Habt ihr etwas dagegen, wenn ich mich bis zum Missouri anschließe? Ein Mann allein, das ist nicht gut. Ich hätte gern etwas Gesellschaft bis zur Stadt. Würde auch euch jederzeit beistehen, versteht sich.«
Der Maler hätte gern abgelehnt, aber das merkwürdig bestimmende Wesen des Roten Jim lenkte jetzt auch seinen Entschluß.
»Wenn ihr durchaus mitreiten wollt, steht dem nichts entgegen.«
»Also abgemacht. Morgen früh!«
Zwischen zwei Welten
Die Stadt am Missouri, die erst vor acht Jahren gegründet worden war, glich noch immer einem großen, ständig wachsenden Heerlager von Auswanderern. Alles war improvisiert, wie aus dem Boden gestampft, aber alles tat auch
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