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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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für Banditen haben dich gefesselt, dich, meinen Freund! Verdammte Schweinerei hier! Ben, du bist ein Kojote! Räudig nicht nur deine Haut, sondern auch dein Herz! Verschwinde und bringe uns was zu essen! Aber streue kein Gift hinein, du hinterlistiger Handelsmann!«
    Ben zog grimmig ab.
    Harka mochte das volltönende Gerede des Roten Jim nicht hören. Wie anders klang das hier und jetzt als damals im Dorf, wo Jim fast wie ein Häuptling bewundert und behandelt worden war. Auch Ben gehorchte Jim, aber Harka schien es, daß hier ein Räuberhauptmann über einen Räuber gebot. Den Knaben hatte das große Mißtrauen gegen alle Menschen gefaßt, das die Heimat- und Schutzlosen aus bitteren Erfahrungen heraus zu beseelen pflegt.
    Mattotaupa ließ sich mühsam an dem Ecktisch nieder, an dem der Maler und Langspeer am ersten Abend gesessen hatten. Harka setzte sich zu ihm. Jim war hinter Ben für einen Augenblick hinausgelaufen, um den Maler zu suchen, und so blieben die beiden Dakota für kurze Zeit allein.
    »Sie wollten von mir das Geheimnis des Goldes erpressen«, sagte Mattotaupa leise zu Harka. Bei den ersten Worten lallte er fast, dann fand er seine Sprache wieder. »Sie haben mir gesagt, daß sie dich martern, bis ich gestehe.« Er schaute Harka fragend an.
    »Das war eine Lüge, Vater. Sie wollten mich ermorden, aber ich bin ihnen entkommen und habe mich draußen im Lager versteckt, bis Red Jim mich erkannte.«
    Mattotaupa atmete tief. »Also ist es gut, daß ich geschwiegen habe.«
    »Gut, Vater.«
    »Dein Goldkorn habe ich verschluckt, ehe sie es fanden. Sie wissen nichts davon.«
    »Gut, Vater.«
    Jim kam lange nicht wieder, auch Ben ließ sich nicht sehen. Aber der Maler und Langspeer traten ein, zögerten und setzten sich schließlich, auf eine einladende Handbewegung Mattotaupas hin, mit an den Tisch. Sie hatten etwas zu essen und zu trinken mitgebracht. Mattotaupa trank durstig. Harka griff zu und aß. Alle suchten nach den Worten, mit denen man beginnen könne, sich zu verständigen.
    Unterdessen hatte Jim den zahnlosen Ben draußen beiseite geführt, so daß niemand das Gespräch dieser beiden belauschen konnte.
    »Ben«, sagte er, »zahnloser Aasfresser, ich habe dir einmal gesagt, du sollst mir nicht ins Gehege kommen, und jetzt sage ich es dir zum zweiten und zum letzten Male! Mißbrauche meine Geduld nicht so unverschämt! Dazu hast du nicht das Zeug. Du bist dazu nicht geboren. Du bist einfach dumm, verstehst du? Die Black Hills sind mein Revier, und Mattotaupa ist mein Freund. Nicht weil er was von Gold weiß ­ nichts weiß er, gar nichts ­, aber weil er eben mein Freund ist. Ich will es so und nicht anders! Also laß deine und deiner dreckigen Kumpane Hände weg von dieser Rothaut und seinem Sohn! Wenn sie je wieder einmal in deine Bude kommen ­ viel Lust werden sie nicht dazu haben ­, aber wenn je, so behandelst du sie mit allem Respekt und billigen Preisen, oder ich mache dir den Schnitt über den Ohren und ziehe deine schwarze Kopfhaut ab! Verstanden, ja? Benimm dich endlich, wie es dir zukommt!«
    »Also gewiß, aber ich war’s doch gar nicht …«
    »Halt den Mund, spare dir deine dummen Redensarten. Es ist in deinem Haus geschehen, also warst du’s, da gibt’s doch mir gegenüber nichts zu leugnen. Übrigens war es auch Blödsinn, daß ihr den Maler ausrauben wolltet.«
    »Hast du mir selbst vor ein paar Wochen empfohlen!« widersprach Ben, fast weinerlich.
    »Halt die Schnauze!« Jim hob den Arm, als ob er dem Zahnlosen ins Gesicht schlagen wollte. »Hab ich dir je empfohlen, Dummheiten zu machen? Einen Maler auf einer Handelsstation überfallen! Hat man so etwas schon gehört! Und dann noch mit einem Aufwand, als ob Krieg los sei! Mann, Mann, man soll es nicht für möglich halten. Der Morris Gelbbart hat doch Beziehungen, der ist doch bekannt, dem wird nachgeforscht, wenn er krepiert, das gibt Geschrei bis in die großen Städte hinein! Ja, so ist das. Ich meine, dem kannst du mal heimlich in die Tasche greifen …«
    »Mehr wollte ja auch keiner.«
    Jim begann zu lachen, er bog sich vor Lachen und hielt sich den Bauch. Als er wieder zu sich kam, sagte er: »Du bist so rührend dumm, Ben, daß es mir ans Herz geht. Also mehr wolltest du auch gar nicht, du samt deinen Kumpanen! Dann müßt ihr eben geschickter vorgehen. Jetzt bleibt euch nichts als der schlechte Ruf. Ihr hattet noch Glück, daß der Indianer dazwischenkam und euch mit seiner Axt vor den größten Torheiten bewahrte.

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