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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Das Geld habt ihr zurückgegeben?«
    »Wir sind gar nicht erst dazu gekommen, es uns zu nehmen. Der Indianer mit seiner Axt …«
    Jim lachte wieder. »Ja, ja, der Indianer mit seiner Axt. Auf den hattest du nicht gewartet, aber er kam rechtzeitig. So, und nun keine Feindschaft, und serviere uns noch eine Bärentatze zum Versöhnungsmahl!«
    »Brandy?«
    »Trinkt der Dakota nicht. Frisches Wasser schaffst du herbei!« Ben entfernte sich kopfschüttelnd.
    Red Jim blieb allein und sah dem Schwarzhaarigen verächtlich und verärgert nach. »Idiot«, murmelte er vor sich hin, und dann dachte er, ohne seine Gedanken auszusprechen, weiter: Der dumme Hund hat den Dakota in Harnisch gebracht und feindselig und mißtrauisch gemacht. Ich muß jetzt Mattotaupas Freund spielen, seinen großen Freund, seinen mächtigen Freund, seinen zuverlässigen Freund! Bis sich vielleicht wieder ein günstiger Moment ergibt, in dem ich ihn weiter befragen kann. ­ Das alberne Gerücht, daß Mattotaupa Goldvorkommen kenne, muß verstummen, sonst hat er viel zuviel Hunde auf seiner Fährte. Meine Beute soll er werden, meine allein!
    Jim steckte sich eine Pfeife an und schlenderte in das Indianerlager, um die Leute auszuhorchen, was Ben ihnen für ihre Ware geboten hatte. Sobald die Bärentatzen fertig gebraten sein konnten, wollte er wieder in das Blockhaus gehen. Nur nicht aufdringlich erscheinen, das wirkte bei Indianern nicht gut. Er behielt aber die Tür im Auge.
    Daher sah er Harka herauskommen, der die Pferde holte und zum Fluß zur Tränke führte. Bald darauf trat auch Mattotaupa ins Freie, schaute sich um und ging langsam zu Harka ans Flußufer. Red Jim beobachtete, wie die beiden Indianer sich niederließen, ohne die Pferde festzumachen. Er beobachtete sie weiter, rührte sich aber nicht vom Platze, damit die beiden ihn nicht bemerken sollten. Zu seinem Leidwesen konnte Red Jim nicht verstehen, was die Indianer miteinander sprachen. Sie sprachen so leise, daß er nicht einmal ihre Stimmen hörte. Nur ihre Haltung verriet ein Gespräch.
    Es war Abend, die Sonne sank über dem sehr fernen Felsengebirge und der tödlichen Dünenlandschaft über der Prärie. Das Wasser des Niobrara schwemmte in der Mittelrinne unlustig den mitgebrachten Sand dahin. Der Fuchs war zu Mattotaupa, den er lange vermißt hatte, ganz nahe herbeigekommen und legte seine Nüstern an die Schulter des Mannes, an der die Kratznarben von den Krallen des Grizzlys noch zu sehen waren. Mattotaupa strich dem Mustang freundlich über das Maul und klopfte ihm den Hals.
    »Wie denkst du, Harka Steinhart?« fragte er.
    »Wir wollten uns umsehen, wie die weißen Männer leben. Nun, wir haben es gesehen, denke ich.«
    »Einige weiße Männer haben wir gesehen, Harka, solche, die sich hier befinden, wo sie nichts zu suchen haben, weil dieses Land den Dakotastämmen gehört. Gelbbart mag recht haben, daß die weißen Männer in ihren eigenen Dörfern und Häusern eine andere Lebensweise haben und daß dort nicht so viele von ihnen Räuber und Mörder werden. Das mag wohl sein. Aber ich weiß nicht, ob wir in den Häusern der weißen Männer leben möchten. Wir sind den Atem der freien Prärie gewöhnt. Wohin gehen wir?«
    »Weit fort!« antwortete Harka bitter.
    »Ein Leben wie das von Langspeer und Gelbbart würde dir nicht gefallen?«
    Harka verneinte. »Gelbbart kann malen, und Langspeer beschützt ihn, so gut und so schlecht er es eben versteht. Sie wissen, wozu sie da sind. Aber was sollen wir beide tun?«
    Mattotaupa zuckte zusammen. »Vielleicht können wir die Begleiter des Roten Jim werden. Er hat uns befreit, und er ist ein großer Jäger.«
    »Aber wofür jagen wir, Vater? Was wir brauchen, erlegen wir auch ohne den Roten Jim. ­ Sogar ohne das Mazzawaken, das er mir schenkte und das mir die weißen Männer, mit denen er auch freund ist, wieder geraubt haben.«
    Harka fügte die letzten Worte leise und selbstquälerisch hinzu. Er erinnerte sich einen Moment daran, daß er im Sommer für dieses Mazzawaken noch eine Welt zu geben bereit gewesen wäre.
    »Was wollen wir also tun, Harka?«
    »Etwas hat mir gefallen, was Langspeer berichtete«, sagte der Knabe nach einem gewissen Zögern. »So sprich.«
    »Was er von den Schwarzfüßen erzählte, meine ich. Von den Schwarzfüßen, die weit oben im Norden in rauhen Prärien leben. Die Siksikau sind tapfer, sie sind frei, sie sind Jäger wie wir, sie leben in Zelten wie wir. Sie haben gleiche Sitten wie wir. Sie sind

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