Der Weg in die Verbannung
für drei Abende und zwei Nachmittagsvorstellungen.
In der ersten Reihe des Zuschauerspaliers in der Hauptstraße standen fünf Personen, die offensichtlich zusammengehörten; zwei Weiße und drei Indianer. Der eine der beiden Weißen, in Leder gekleidet wie ein Rinderhirte, groß, starkknochig, mit rötlichem Haar, hatte zynisch in sich hineingelacht, als der »Überfall auf die Postkutsche« als Nummer der Galavorstellung versprochen wurde.
»Wie der Herr Zirkusdirektor sich so etwas vorstellt, das möchte ich wissen«, murmelte er vor sich hin. Dann wandte er sich an den schon hochgewachsenen Indianerjungen, der neben ihm stand und bis dahin still und äußerlich unbewegt alle bunten Eindrücke in sich aufgenommen hatte. »Den bockenden Esel kannst du reiten, Harka. Die zehn Dollar verdienst du dir am ersten Abend, das möchte ich wetten!«
»Gehen wir zur Vorstellung?« fragte der zweite Weiße. Er war mit sehr guten Stoffen zweckmäßig und unauffällig gekleidet wie ein Mann, der sich zu Pferd auf Reisen befindet. »Das Unternehmen, das hier einzieht, hat, so scheint es, wirklich etwas zu bieten. Hast du Lust, Harka, dir eine Zirkusvorstellung anzusehen?«
»Ja«, sagte der Junge.
»Also dann hole ich fünf Karten!« rief Jim. »Ich lege aus«, fügte er großzügig hinzu, als der Maler in die Tasche greifen wollte. »Wir können dann verrechnen!«
Es war erst früher Nachmittag. Während Jim sich zur Zirkuskasse drängte, gingen Gelbbart und Langspeer in das Hotel, wo alle wohnten; der Maler wollte sich ausruhen und über ein Bild nachdenken, das ihm vorschwebte. Harka und Mattotaupa gingen zusammen, langsamer als Jim, zu dem großen Platze, auf dem das Zirkuszelt aufgebaut wurde. Der Zeltbau interessierte sie. Mit erstaunlicher Schnelligkeit, gut eingeübt und Hand in Hand arbeitend, wurden die riesigen Masten errichtet und die Planen gespannt. Die weißen Männer verstanden mehr vom Zeltbau, als die beiden Dakota ihnen zugetraut hatten. Innerhalb von zwei Stunden stand das Zelt, und im Innern wurden die Logen um die Manege purpurrot ausgeschlagen, und die ansteigenden Sitzreihen, die aus einfachen Brettern bestanden, aufgebaut. Es wirkte wie ein Zauberkunststück, dessen Rätsel die Schnelligkeit war.
Hinter dem Zelt befand sich die Tierschau. Der Maler hatte Mattotaupa schon am Tage vorher, als man Quartier bezogen hatte, Taschengeld gegeben, und so konnte der Indianer jetzt für sich und seinen Jungen den Eintritt zur Tierschau bezahlen. Harka interessierte sich aber weder für Elefanten noch für Löwen, Tiger, Krokodile, Kamele oder Seehunde, schon gar nicht für die Bären, die ihm viel besser in Wald und Prärie zu passen schienen als in den Käfig. Er strebte sofort zu den beiden großen Stallzelten, in denen die Pferde untergebracht waren, denn hier vermutete er auch den Esel, der am Abend in der Vorstellung bocken sollte. Dieses Tier wollte er sich schon bei Tage genau besehen. Im ersten Zelt befanden sich nur Pferde. Sie waren größer als die halbwilden Mustangs der Indianer, von edlem Wuchs und sorgfältig gepflegt. Es gab einige darunter, bei denen sich Mattotaupa und Harka aufhielten, da sie ihnen sehr gut gefielen. Im zweiten Stallzelt waren die Ponys untergebracht, die Zebras und die vier Esel. Harka ging zu den Eseln.
»Wir treffen uns hier wieder«, sagte der Vater zu ihm. »Ich will mir unterdessen die Pferde noch einmal ansehen.«
Harka nickte, und Mattotaupa ging.
Der Junge blieb bei den Eseln stehen, jedoch nicht so nahe, daß dies auffallen konnte. Er hielt sich ein wenig abseits. Die vier Esel standen still und teilnahmslos in ihrer Box vor der Krippe. Sie waren am Zaumzeug, das sie um den Kopf trugen, angehängt. Die Tiere waren gleich groß, von gleicher Färbung, sogar von gleicher Zeichnung. Sie schienen alle noch jung zu sein. Auf den ersten Blick war nicht zu sagen, welches von ihnen sich besonders widerspenstig zeigen konnte, oder ob sie alle vier imstande waren, jeden Reiter abzuwerfen.
Harka ging etwas näher heran, und er ging von Tier zu Tier. Einer der Wärter wurde darauf aufmerksam und sprach den Jungen an. Aber Harka verstand nicht, was der Mann sagte. Da es ihm unangenehm war aufzufallen, entfernte er sich aus dem Stall und suchte den Vater bei den Pferden. Nachdem die Indianer noch an den Raubtieren vorbeigegangen waren, verließen sie die Tierschau und begaben sich zu dem Hotel, in dem sie mit dem Maler und den anderen Gefährten zusammen wohnten. Das
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