Der Weg ins Dunkel
es vorbei war. Sein Freund war endgültig am Ende seiner Kräfte.
«Ich kann nicht …», begann Joshua, sprach dann aber nicht weiter.
Beide wussten, was er als Nächstes sagen würde.
«Schon gut», sagte Luca, der selbst keine Reserven mehr hatte. «Wir lassen uns Zeit. Von jetzt an bewegen wir uns nur noch stundenweise weiter, eine Stunde gehen wir, dann ruhen wir uns eine Stunde aus. Hauptsache, wir schaffen es irgendwie zur UN -Basis.»
Joshua schüttelte den Kopf. «Wir wissen beide, dass das nicht funktionieren kann. Dafür haben wir nicht genug Zeit.»
«Das wissen wir doch gar nicht. Wir müssen uns aufs Hier und Jetzt konzentrieren und dich aus diesem verdammten Dschungel bringen.»
«Nein», sagte Joshua fast tonlos. «Hier geht es um mehr als dich und mich. Du musst Hilfe holen, bevor den anderen das Wasser ausgeht. Du musst es schaffen.»
Vor seinem inneren Auge sah er die verschütteten Minenarbeiter, die verzweifelt einen Ausweg suchten und wussten, dass ihre Uhr tickte.
«Aber, Luca …», fuhr er fort. «Das ist nur das eine. Das andere ist, dass die Welt informiert werden muss. Es muss bekannt werden, was dieses Teufelszeug anrichtet.» Eine neue Entschlossenheit kehrte in seinen Blick zurück. «Eins weiß ich genau: Mordecai hasst Ausländer, auch uns … Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr.»
Luca sah den Freund fragend an.
«Verstehst du denn nicht?», sagte Joshua. «Wenn Menschen überall auf der Welt Mobiltelefone benutzen, die dieses Zeug enthalten, werden Hunderttausende sterben. Ich kenne dieses Schwein. Wenn das passiert, betrachtet er es als eine Art göttlicher Rache an der westlichen Welt … wofür auch immer.»
«Wir wissen doch gar nicht, ob dieses Feuer-Coltan wirklich in Telefone eingebaut wird», wandte Luca ein. «Es ist lediglich eine Vermutung von Bear.»
«Egal, wofür es benutzt wird … Eins ist sicher: Sobald es sich erhitzt, ist es tödlich. Was musst du noch wissen? Wir müssen dafür sorgen, dass das bekannt wird, Luca! Wir müssen die Menschen warnen, wie gefährlich dieses Zeug ist.»
Luca sagte nichts. Stattdessen ließ er den Kopf sinken und sah plötzlich wie ein Geschlagener aus.
Noch nie hatte Joshua ihn so gesehen. «Luca?», sagte er.
Luca sah auf, und Joshua sah ihm die Verzweiflung an.
«Es war so schwer, dich zu finden», sagte Luca. «Es überhaupt hierher zu schaffen … Und nun verlangst du von mir, dass ich dich in diesem verfluchten Wald zurücklasse. Das kann ich nicht, Josh! Nie wieder kann ich jemanden seinem Schicksal überlassen.»
«Hör auf, Luca! Nimm dir das nicht so zu Herzen.»
«Es ist dasselbe … immer wieder dasselbe.»
«Nein!», schrie Joshua fast. «Damals war es ein Bergsteigerunglück. Hier geht es um etwas ganz anderes. Hier geht es darum, eine Menge Menschen zu retten, die in der Mine eingeschlossen sind. Du kannst mir glauben, dass ich nicht besonders scharf darauf bin, hier allein gelassen zu werden, aber du bist der Einzige, der helfen kann.»
Luca starrte in das Gebüsch und reagierte nicht.
«Ich halte durch, Luca. Ich warte einfach, bis du wiederkommst.» Joshua versuchte zu lächeln. «Herrgott, du hast es geschafft, mich aus einer Mine der LRA zu retten. Da wirst du das hier ja wohl auch noch schaffen.»
Joshua wartete auf eine Reaktion, aber Luca blieb gedankenverloren sitzen. Schließlich murmelte er: «Wie haben wir es bloß geschafft, uns in einen derartigen Schlamassel zu manövrieren?»
«Weißt du das wirklich nicht mehr? Das war doch schon immer so, seit unserer Kindheit. Sobald wir zusammentrafen, ging der Ärger los, jedes Mal.» Wieder versuchte Joshua lächeln. «Wenigstens jagt mein Vater dieses Mal nicht mit erhobenem Golfschläger hinter uns her, weil du seinen Wagen zu Schrott gefahren hast.»
Jetzt musste auch Luca grinsen.
«Ich habe bis heute nicht verwunden, dass mein Vater
mir
das angehängt hat», sagte Joshua. «Und das, obwohl ich das Mädchen, das wir beeindrucken wollten, nicht mal rumgekriegt hatte.»
Luca grinste noch immer. «Tja, das mit den Mädchen lief nicht so gut, was?»
Beide mussten lachen, aber dann wurden sie wieder still. Die Zeit verging, und keiner von beiden wollte wahrhaben, dass sie sich jetzt trennen mussten. Schließlich brach Joshua den Bann. Er hievte sich aus dem Schlamm und kroch auf das Gebüsch zu, um dort Schutz zu suchen. Luca half ihm. Als sie es geschafft hatten, umarmte Joshua ihn plötzlich.
«Vergiss mich nicht», sagte
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