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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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sie und versuchte zu lächeln. «Wie heißt du?»
    Der Mann starrte sie an, als hörte er diese Frage zum ersten Mal. Dann sagte er: «Idi», und lächelte beinahe. «Danke, dass Sie uns helfen.»
    Bear drückte ihm die Hand. Dann sah sie die nächste Wanne kommen. «Okay, Idi», sagte sie. «Folge mir.»
    Bear ließ ihn los und sprang mit einem Satz in die Wanne. Sie hatte so viel Schwung, dass sie bei der Landung mit einem Fuß umknickte und auf den Rücken fiel.
    «Spring!», formte sie mit den Lippen in Idis Richtung. Sie hob die Arme, als wollte sie ihn auffangen.
    Die Wanne fuhr weiter hinab, ohne dass Idi sich rührte.
    «Spring!»
    Idi rannte los, ohne richtig hinzusehen, und sprang. Nur seine Arme landeten in der Wanne, der Rest seines Körpers hing über dem Abgrund. Er sah Bear hilfesuchend an und trat wild um sich, ohne seine Position verändern zu können. Bear erhob sich weit genug, um seine Handgelenke zu packen.
    Weiter oben wurde jetzt geschrien. Im nächsten Moment ratterte ein Maschinengewehr los und übertönte die Pressluftbohrer. Entlang der Minenwände pfiffen die Salven auf sie zu, trafen die Wanne und prallten in einem Funkenregen davon ab.
    Plötzlich spürte Bear, dass Idis Körper ganz steif wurde. Im nächsten Moment quollen Blut und Knochensplitter aus seiner Schulter und spritzten ihr ins Gesicht. Sie erstarrte und hielt ihn fest, musste aber die Augen schließen, weil immer mehr Blut in ihre Richtung spritzte. Sie wartete auf die nächste Salve, aber es entstand eine Pause, als die Soldaten auf der obersten Ebene ihre Gewehre nachluden.
    Idis Handgelenke drohten Bear zu entgleiten. Die Wanne schaukelte, und als sie an einen Stützpfeiler stieß, gab es einen Ruck, und Idi wurde fortgerissen. Bear schrie auf und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Um sich nicht selbst zu gefährden, konnte sie nicht nachsehen, wohin Idi gefallen war. Er musste sich irgendwo direkt unter ihr befinden, im Dunkel der untersten Ebene.
    Dann wurde wieder geschossen. Bear duckte sich auf den Wannenboden und hielt sich die Ohren zu. Überall um sie herum schlugen Kugeln in Holz und Metall ein, aber offenbar schossen die Soldaten wegen der Dunkelheit ungezielt drauflos.
    Bear machte sich noch kleiner und lag ganz still. Angst und Entsetzen hielten sich die Waage. Sie konnte nichts tun, bevor die Wanne den Boden erreichte. Doch dann merkte sie, dass die Wanne plötzlich stillstand, einen Moment hin und her schaukelte und dann die Richtung änderte. Sie wurde hochgezogen.
    «Hilfe!», schrie sie. Doch es half alles nichts – sie musste springen.
    Sie stand auf, packte den Wannenrand, beugte sich weit darüber und versuchte die Entfernung bis zum Boden abzuschätzen, aber es war so dunkel, dass es unmöglich war. Konturlos lag die Tiefe im schwarzen Staub unter ihr. Sie konnte sich doch nicht ins Nichts fallen lassen!
    Die nächste Salve wurde abgefeuert. Vor Schreck verlor Bear den Halt und stürzte. Einen Moment lang fühlte sie sich schwerelos, dann schlug sie auf. Die Wucht des Aufpralls war erst in den Füßen und Knien zu spüren, dann spürte sie es in der Wirbelsäule und klappte zusammen wie ein Taschenmesser.
    Atemlos lag sie da, jegliche Luft schien aus ihrer Lunge gewichen zu sein. Sie wollte noch einmal um Hilfe rufen, aber sie bekam keinen Ton heraus. Auch sehen konnte sie nicht richtig. Es war, als blickte sie durch einen engen Tunnel, an dessen Ende eine einzelne Glühbirne schwach leuchtete.
    Plötzlich griffen Hände nach ihr und hoben sie auf. Bear brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass es die Minenarbeiter waren, die sich vor ihr runtergelassen hatten. Sie zogen sie in den nächsten Schacht.
    Gestützt von den anderen, stolperte sie durch die lange Reihe der Stützpfeiler. Sie sah das Stemmeisen am Boden liegen, dann den versteinerten Lavastrom, der aus dem Berg herausführte. Sie hatten es geschafft! Hier begann der enge Tunnel. Die Männer drückten sie auf den Boden und schoben sie voran. Vor sich hörte sie die Männer ächzen, die bereits im Tunnel waren. Sehen konnte sie nichts.
    Sie zwang sich vorwärtszurobben, obwohl ihr der ganze Körper von dem Sturz weh tat. Zentimeter um Zentimeter kam sie voran, während der Gestank und die Hitze immer stärker wurden. Sie hatte das Gefühl, dass der Tunnel sie erdrückte und ihr die letzten Kräfte raubte. Sie hatte die letzten Reserven verbraucht und wollte sich nur noch hinlegen und darauf warten, dass alles vorbei war. Sie kroch

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