Der Weg Nach Tanelorn
offenbar dem Experiment eines Zauberers zuzuschreiben.«
»Und Poytarn?«
»Gebrandschatzt und leer. Die Plünderer zogen weiter, offenbar in der Hoffnung, anderswo noch reichere Beute zu machen. Sie werden sehr enttäuscht worden sein, denn die Städtchen an der Küste sind längst verlassen. Die Küstenbewohner hatten von uns allen noch das meiste Glück, denn sie konnten sich rechtzeitig über das Meer absetzen und zu fernen Inseln flüchten. Die Invasoren haben keine Schiffe und waren deshalb nicht in der Lage, sie zu verfolgen. Ich hoffe, es geht ihnen gut. Wir hätten es ihnen gern nachgemacht, aber bedauerlicherweise verfügen auch wir nicht über Schiffe.«
»Sie haben keine Gegenangriffe versucht?«
»Noch nicht«, erwiderte Lyfeth. »Aber wir hoffen, sie werden es bald tun.«
»Oder überhaupt nicht«, warf jemand ein. »Sie haben vermutlich genug Verstand, die richtige Zeit abzuwarten – oder werden die Probleme auf dem Festland überhaupt vergessen.«
»Trotzdem sind sie potentielle Verbündete«, sagte Katinka van Bak erfreut. »Ich hatte keine Ahnung, dass so viele entkommen konnten.«
»Aber wir haben keine Möglichkeit, uns mit ihnen in Verbindung zu setzen«, gab Lyfeth zu bedenken. »Wie schon gesagt, uns sind keine Schiffe geblieben.«
»Wir finden vielleicht andere Mittel. Doch damit beschäftigen wir uns später.«
»Ich glaube, Ymryl setzt sehr viel Vertrauen in das Gelbe Horn, das er um den Hals trägt«, sagte Ilian nachdenklich. »Wenn man es stehlen oder vernichten könnte, würde das vielleicht sein Selbstvertrauen erschüttern. Vielleicht gewinnt er sogar tatsächlich seine Kraft aus diesem Horn, wie er selbst fest glaubt. Ist das wirklich der Fall, wäre es umso mehr Grund, ihn davon zu trennen.«
»Ein guter Gedanke«, gab Mysenal zu, »aber wohl nicht so leicht in die Tat umzusetzen. Was meint Ihr, Katinka van Bak?«
Katinka nickte. »Aber es ist ein wichtiger Faktor, und wir müssen sehen, ob sich in dieser Beziehung nicht etwas tun lässt.« Sie rieb sich die Nase. »Als erstes brauchen wir jedenfalls bessere Waffen, als ihr hier habt. Etwas Moderneres. Wenn jeder von uns mit einer Flammenlanze bewaffnet wäre, könnten wir unsere Schlagkraft verdreifachen. Wie viele seid ihr hier, Lyfeth?«
»Dreiundfünfzig.«
»Also brauchen wir vierundfünfzig gute Waffen – die zusätzliche für Jhary-a-Conel, dessen Waffen so primitiv wie eure sind. Energiewaffen sollten es sein ‚’. .«
»Ich sehe, worauf Ihr hinaus wollt«, murmelte Jhary. »Ymryl und die anderen verfügen über solche Waffen und werden sie natürlich in ihrem unvermeidlichen Kampf gegeneinander einsetzen. Wenn wir zu diesem Zeitpunkt ebenfalls im Besitz von, sagen wir, Flammenlanzen sind, haben wir eine bedeutend größere Chance als mit unseren Schwertern und Äxten allein.«
»Richtig. Das Problem ist jedoch, wie an eine solche Menge derartiger Waffen heranzukommen?«
»Dazu müssten wir nach Virinthorm hineingelangen«, murmelte Ilian. Sie erhob sich, streckte, vor Schmerz leicht zusammenzuckend, ihre mit Blutergrüssen überzogenen Glieder aus. Sie hatte ihren Kettenpanzer gegen einen grünen Kittel ausgetauscht, wie ihn die anderen trugen. Sie hatte alles getan, um ihren früheren Freunden zu zeigen, dass sie nichts mehr begehrte, denn als eine von ihnen anerkannt zu werden. »Dort können wir solche Waffen finden.«
»Und den Tod!« warf Lyfeth ein. »Zweifellos wartet dort der Tod auf uns.«
»Wir müssten natürlich alles tun, dass man uns nicht entdeckt!« Katinka van Bak strich sich über die Lippen.
»Besser noch«, meinte Jhary-a-Conel, »wir schaffen die Waffen zu uns.«
»Was soll das heißen?« fragte ihn Ilian erstaunt.
5. Einbruch in Virinthorm
Sie waren acht.
Ilian schritt den anderen voraus. Sie trug nun wieder ihren glänzenden Kettenpanzer und den Helm über dem goldenen Haar, dazu das schmale Schwert in den behandschuhten Fingern.
Über die breiten Äste der hohen Bäume führte sie die sieben, als befände sie sich auf festem Boden, denn die Baumwege waren ihr von Kindheit an vertraut.
Virinthorm lag vor ihnen.
Über den Rücken hatte sie sich eine der beiden Flammenlanzen geschlungen. Die andere war mit Katinka van Bak im Lager zurückgeblieben.
Ilian hielt an, als sie den Außenbezirk von Virinthorm erreichten und sie die Eroberer auf den Straßen der Stadt sehen konnten.
Virinthorm war seit der Übernahme durch Ymryls Armee in verschiedene Lager aufgegliedert,
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