Der Weg Nach Tanelorn
sie, wie ja zu sehen war, alle nur mit Schwertern und Dolchen bewaffnet waren. Aber der Führer der Nichtmenschen ließ sich nicht so leicht beruhigen. Er hegte keinen Zweifel daran, woher der Strahl aus der Flammenlanze gekommen war. Dann deutete der menschliche Führer in die Richtung seines eigenen Lagers, und nun brachen alle nach dorthin auf. Hier wies der Mensch auf ein stabil gebautes Haus, dessen Türen und Fenster mit Vorhängeschlössern gesichert waren. Er schickte einen seiner Leute weg. Als der Mann zurückkam, übergab er seinem Führer einen Ring mit vielen Schlüsseln. Mit einem der Schlüssel öffnete der Führer die Vordertür. Ilian musste ihre Augen sehr anstrengen, um ins Innere sehen zu können. Wie sie gehofft hatte, war dies tatsächlich das Haus, in dem die Flammenlanzen aufbewahrt wurden. Sich dessen zu vergewissern, war eines der Dinge gewesen, die sie unbedingt hatte tun müssen, ehe sie einen weiteren Schritt ihres Planes unternehmen konnte. Als die beiden Gruppen sich trennten, nicht ohne sich noch mit finsteren Blicken zu bedenken, machten Ilian und ihre kleine Gruppe es sich auf den Zweigen bequem, um die Nacht abzuwarten.
Sie lagen auf den Ästen über dem Lager der Menschen aus dem Tragischen Jahrtausend, fast unmittelbar über dem Haus mit den Flammenlanzen.
Ilian gab einem ihrer Begleiter einen Wink. Er nickte und zog einen kostbaren Dolch aus seinem Kittel. Dieser in der Schlacht erbeutete Dolch hatte einem der hochgewachsenen Nichtmenschen gehört. Leise schwang sich der junge Mann durch die Zweige, bis er in ihrem Schatten auf der Straße landete. Er musste fast eine halbe Stunde warten, ehe einer der Menschenkrieger vorbei kam. Er sprang ihn von hinten an, drückte ihm einen Arm um den Hals und hob den Dolch. Dann stieß er ihn seinem Gefangenen ins Fleisch. Der Krieger schrie. Erneut stach der Dolch zu. Der junge Mann wollte nicht sofort töten, sondern einstweilen nur dafür sorgen, dass der Mann schrie – was er auch tat.
Erst mit dem dritten Stich löschte er sein Leben aus. Noch während der Tote auf den Boden fiel, kletterte der junge Mann bereits ein Haus hoch und sprang von seinem Dach auf die unteren Äste eines der Bäume, und von dort aus zu seinen Kameraden zurück.
Diesmal kamen die Krieger aus dem Tragischen Jahrtausend herbeigerannt und sammelten sich um den Toten, aus dessen Hals der Dolch eines Nichtmenschlichen ragte.
Es bestand für sie gar kein Zweifel, wie es geschehen war. Trotz ihrer Unschuld, trotz ihrer Beteuerungen und der Inaugenscheinnahme der gut verschlossenen Energiewaffen, hatten die Nichtmenschlichen sich auf gemeine Weise für ein Verbrechen an ihnen gerächt, das sie gar nicht hatten verüben können.
Gemeinsam rannten die menschlichen Krieger ins Lager der Nichtmenschlichen.
Darauf hatte Ilian gewartet. Sie ließ sich auf das Dach des Waffenhauses herabfallen, schwang schnell ihre Flammenlanze vom Rücken und schnitt mit ihrem Strahl eine kreisrunde Öffnung ins Dach, die gerade groß genug war, dass sie hindurchschlüpfen konnte. Inzwischen waren auch die anderen ihr gefolgt. Einer nahm ihr die Flammenlanze ab, während sie ins Hausinnere sprang.
Sie befand sich auf dem Speicher, die Lanzen aber waren in den Räumen darunter aufbewahrt. Glücklicherweise fand sie schnell die Falltür und schwang sich von ihr in die dunklere Tiefe. Langsam gewöhnten ihre Augen sich an die Düsternis. Ein wenig Licht drang durch die Ritzen der Fensterläden. Ah, hier war zumindest ein Teil der Lanzen. Sie kehrte den Weg zurück, den sie gekommen war, und bedeutete ihren Begleitern, ausgenommen einem, der als Wache zurückblieb, ihr zu folgen. Während sie eine Kette bildeten, um die Lanzen aus der Kammer zum Dach zu befördern, sah sie sich in den anderen Zimmern um. Hier fand sie nicht nur weitere Lanzen, sondern auch Schwerter und Wurfbeile. Aber es war unmöglich, sich davon ebenfalls etwas mitzunehmen, denn mehr als sechzig, Lanzen konnten sie kaum tragen, und die Energiewaffen waren wichtiger. Als sie sich umdrehte, um zu ihren Leuten zurückzukehren, kam ihr plötzlich ein Gedanke. Aber woher wusste sie überhaupt, dass die Rubinspitzen der Lanzen sich von den Schäften abschrauben ließen? Sie nahm sich jedoch keine Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, sondern machte sich sofort an die Arbeit. Mit flinken Fingern schraubte sie die Rubinspitzen ab und legte sie in die Zimmermitte. Dann nahm sie eine der Äxte und zerschmetterte damit
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