Der Weg nach Xanadu
Namen,
buchstabierte ihn in die Muschel, nannte eine Summe und legte auf.
Ein äußerst empfehlenswertes
Haus, sagte der Taxifahrer, während er mein Gepäck im Kofferraum zu verstauen
versuchte, gute Wahl, keine Frage, warten Sie, ich zeige es Ihnen, man kann es
von hier aus sehen. Und er zeigte es mir. Ein wirklich schönes Haus, die
Fassade in Blau und Weiß gehalten. Es thronte auf einem Hügel hoch über der
Stadt. Sehr hoch über der Stadt. Geschätzte sechshundert Fuß über der Stadt.
»Ich kann Sie«, sagte der
Taxifahrer, »leider nicht ganz nach oben bringen. Ab der Mitte des Hügels wird
die Straße zu eng, Sie verstehen.«
Ich verstand. Und wie ich
verstand. Die Nornen, diese heimtückischen alten Hexen, hatten mir schon wieder
einen Knoten in den Faden gemacht und saßen wahrscheinlich gerade
schenkelklopfend vor ihrer Kristallkugel, in deren Innern man sehen konnte, wie
ein schwarzes Gefährt einen sehr steilen Hügel hinaufkroch.
Der Taxifahrer ließ mich
aussteigen und schlug vor, solange zu warten, bis ich mit meinen Transporten
fertig war. Selbstverständlich bei eingeschaltetem Zähler. Eine bewundernswert
geschäftstüchtige Idee.
Es dauerte eine halbe Stunde,
bis ich mein Gepäck in drei Etappen den Hügel hinaufgeschleppt hatte, der
Aufstieg auf den Skiddaw kam mir im Verhältnis dazu vor wie ein
Osterspaziergang, meine Kleidung war völlig durchnäßt, soaking wet, wie der
Brite sagt, und als ich endlich meinen gepeinigten Körper auf einen der Koffer
niedersinken ließ, hatten sich meine Lungenbläschen in kleine Stichflammen
verwandelt, und ich wurde den Verdacht nicht los, daß Hephaistos selbst sich in
meiner Magengrube eine neue Werkstatt eingerichtet hatte.
Ein weißhaariger Gentleman in
einer spinatfarbenen Strickjacke öffnete die Haustür, sah mich da liegen,
hingestreckt auf meiner Kofferlandschaft wie Goethe auf seinem italienischen
Sofa, nur vermutlich nicht ganz so elegant, eilte auf mich zu und legte mir die
Hand auf die Stirn. »Soll ich«, fragte er, »einen Arzt rufen?« Auf keinen Fall,
keuchte ich, es ginge schon wieder, nur eine kleine Kreislaufschwäche, ich wäre
allerdings überaus dankbar, wenn er mir mit dem Gepäck... »Kein Problem«, sagte
der Mann, verschwand kurz im Haus, kam mit einem Klappsessel zurück, den er vor
mich hinstellte und in den ich übersiedelte, und schleppte, ehe ich aus
schierer Höflichkeit protestieren konnte, den ganzen Haufen in mein neues
Zimmer.
Der Schmerz beim Einatmen ließ
nach. Ich stand auf und bewegte mich langsam, beschwert durch nichts als meine Eigenlast,
auf die Schwelle meiner neuen Heimstatt zu. »Kommen Sie herein«, rief mein
Gastgeber, »hier oben bin ich.« Die Treppe war bewältigbar, im Flur dahinter
war eine der Türen offen, ich hörte ein Ächzen und trat ein. »Fertig«, sagte
der Gentleman nicht ohne Stolz; er hatte alles fein säuberlich in einer Ecke
des Zimmers gestapelt. »Fühlen Sie sich wie zu Hause, ich lasse Sie jetzt
allein.« Ich dankte überschwenglich, hockte mich aufs Bett und sah mich um.
Der Knoten lockerte sich. Es
war ein wirklich weitläufiges Zimmer, mit zwei hohen Schränken, zwei
Armstühlen, einem gigantischen Doppelbett und einem komfortablen Arbeitstisch
inklusive Schreibtischsessel. Das Badezimmer war auch nicht viel kleiner, hier
konnte selbst ein Mann wie ich unbeengt seinen Notwendigkeiten nachgehen. In
jedem der beiden Räume fand ich Aschenbecher.
Das wirklich Überwältigende
aber war der Balkon. Ich öffnete die Flügeltüren, ließ mich auf einem
Campingsessel nieder, holte eine Benson aus der Brusttasche und inhalierte
andächtig. Lange konnte ich nicht aufhören, zu schauen.
Tief unter mir breitete sich
das Städtchen aus, ineinandergeschachtelte Häuser, Dächer, gedeckt mit
Schindeln aus gebranntem Torf, imposante Ziegelkamine, aus denen jeweils
mehrere Eisenrohre hochragten, deren Form mich an die Schornsteine alter
Dampfschiffe erinnerten, und so unmittelbar dahinter das Meer, daß man den
Eindruck gewinnen konnte, nicht auf eine Siedlung, sondern auf einen Hafen zu
blicken, in dem gewaltige Kähne in der Brandung schaukelten.
Der Himmel war ohne Wolken, und
obwohl es ein wenig dunstig war, konnte ich am Horizont als feinen Streifen die
Kalksteinwände von Wales erkennen. Von Osten her ragte eine von Farben
überwucherte Felsformation in mein Blickfeld. Inmitten der grünen Strähnen, die
vom Scheitel der Klippe fielen, blitzte eine ovale, hellere Fläche
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