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Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Paul Young
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seine Ansichten über den Tod erwiesen sich als vollkommen falsch, ein Gedanke, den er zu beunruhigend fand, um ihn ernst zu nehmen. Er hob die Hand und berührte sein Gesicht, als könnte das etwas beweisen.
    Das Letzte, woran er sich erinnerte, war …? Die Bilder waren ein Durcheinander aus geschäftlichen Meetings und Migräneattacken, und dann ein plötzlicher Alarm, ein jähes Erschrecken. Er erinnerte sich, dass er aus seiner Wohnung getaumelt war und seinen Kopf umklammerte, weil er das Gefühl hatte, der Schädel würde ihm platzen. Dann war er in die Tiefgarage gestolpert und hatte sein Auto gesucht. Seine letzte Erinnerung war, dass er auf ein Licht zuschwebte, das ihn anzog. Und nun war er hier, ohne eine Ahnung zu haben, wo sich dieses »Hier« befand.
    Angenommen, er war nicht tot, dann lag er vermutlich im Krankenhaus, vollgepumpt mit Medikamenten, die den elektrischen Sturm beruhigen sollten, der in seinem Gehirn tobte. Vielleicht erlebte er nun die Nachwirkungen in Form von Halluzinationen, neuronalen Trugbildern, die sich aus unzusammenhängenden Erinnerungsfetzen seines Lebens speisten. Was, wenn er in einer Gummizelle saß, in einer Zwangsjacke, als sabberndes Häufchen Elend? Da zog er den Tod vor. Andererseits: Durch Koma oder Wahnsinn in eine solche Umgebung versetzt zu werden, fand er so schlecht nun auch wieder nicht.
    Wieder strich der kühle, frische Wind über sein Gesicht, und wieder atmete er tief ein. Er fühlte eine Welle von … wovon genau? Er war sich nicht sicher. Euphorie? Nein. Es fühlte sich viel substanzieller an. Tony fand keine Worte dafür, aber es brachte etwas in ihm zum Klingen, war wie die schwache, ferne Erinnerung an den ersten Kuss, der jetzt zu etwas Ätherischem geworden war und doch eine ewige Sehnsucht weckte.
    Was nun? Wie es schien, blieben ihm nur zwei Wahlmöglichkeiten, wenn er nicht einfach an diesem Ort bleiben und abwarten wollte, ob sich hier etwas ereignete. Aber vom Warten hatte er noch nie viel gehalten. Eigentlich gab es noch eine dritte Wahl, nämlich sich von der Klippe zu stürzen und zu sehen, was geschah. Als er diese Alternative ausschloss, musste er unwillkürlich grinsen. Das wäre ja ein kurzes Abenteuer gewesen: auf diese Weise herauszufinden, dass er nicht träumte und nicht tot war.
    Er drehte sich zu der Höhle um und stellte verblüfft fest, dass sie verschwunden war. Die Felswand aus Granit hatte sich geschlossen, als hätte es die Öffnung nie gegeben. Nun blieb ihm nur noch eine Option: der Pfad.
    Am Anfang des Weges zögerte Tony. Er gab seinen Augen Gelegenheit, sich an das dunklere, kühlere Innere des Waldes zu gewöhnen. Er drehte sich zu dem Aussichtspunkt um, den er hinter sich zurückließ. Es widerstrebte ihm, dessen angenehme Sonnenwärme gegen die kühle Unsicherheit einzutauschen, die vor ihm lag. Er schaute wieder nach vorn und sah, dass der Pfad keine zehn Meter voraus ins Unterholz hineinführte. Im Schatten der Bäume war es frischer, aber nicht unangenehm. Das Sonnenlicht fiel durch das Blätterdach, und in seinen Strahlen schwebten schimmernde Staubflocken und Insekten. Üppige Sträucher säumten den steinigen, gut erkennbaren Pfad, der geradezu so wirkte, als hätte ihn jemand frisch angelegt, ihn für Tony vorbereitet.
    Er konnte diese Welt riechen, eine Mischung aus Leben und Fäulnis. Die Feuchtigkeit uralter Vegetation, modrig und doch süß. Tony atmete wieder tief ein und versuchte, den Duft festzuhalten. Er fand ihn fast berauschend, eine Erinnerung an seinen Scotch, den geliebten Balvenie Portwood, aber reicher, reiner und mit einem stärkeren Nachgeschmack. Er lächelte in sich hinein und ging entschlossen den Pfad entlang.
    Nach kaum hundert Metern verzweigte sich der Weg plötzlich. Ein Pfad bog scharf nach rechts, einer führte nach links und steil bergab. Auf dem dritten ging es geradeaus weiter. Tony blieb einen Moment stehen und überlegte.
    Es ist ein komisches Gefühl, eine Entscheidung treffen zu müssen, wenn nicht nur das Ergebnis unvorhersehbar ist, sondern man auch die gegenwärtige Situation nicht kennt und einschätzen kann. Er wusste nicht, woher er kam, wusste nicht, wohin er ging, und hatte bei keinem dieser drei Wege die geringste Ahnung, was ihn erwartete – oder ihm drohte.
    Während er diese unbekannten Optionen abwog, kam Tony plötzlich der verblüffende Gedanke, schon einmal dort gewesen zu sein. Nicht an diesem Ort, aber in vergleichbaren Situationen. Das Leben war eine lange

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