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Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Paul Young
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verbrannter Bäume zurückgelassen hatte. Zwischen ihnen wuchs jetzt eine neue Generation heran, die den Tod der vorherigen für das eigene Wachstum nutzte und verwertete. Ein Pfad folgte einem sandigen Flussbett, während ein anderer auf samtweichem Moos kaum erkennbar war, das jeden seiner Fußabdrücke sofort verschluckte. Aber immer kam er an einen neuen Scheideweg und musste zwischen Alternativen wählen.
    Nach stundenlangem Wandern und Sichwundern schien es Tony, dass die Auswahl an Wegen immer weniger wurde. Der Pfad weitete sich allmählich zu einer schmalen Straße. Links und rechts davon standen Bäume und Sträucher dicht an dicht, bildeten eine undurchdringlich scheinende Barriere. Vielleicht gelangte er nun endlich irgendwohin. Er ging schneller. Die Straße war jetzt geteert und führte sanft bergab. Der Wald zu beiden Seiten wurde so dicht, dass Tony schließlich das Gefühl hatte, einen grün und braun tapezierten Korridor entlangzugehen, unter einer blauen, mit weißen Wolkentupfern verzierten Decke.
    Die Straße machte eine Biegung, und dahinter blieb er stehen. Vielleicht einen halben Kilometer voraus wurden die smaragdfarbenen Wände zu Stein. Die Straße führte bergauf vor ein massives Tor in einer kolossalen Festungsmauer. Das Ganze erinnerte Tony an die von mächtigen Bollwerken umgebenen Festungsstädte, die er in Büchern oder als Modellnachbauten in Museen gesehen hatte, nur dass die Dimensionen hier ins Riesenhafte gesteigert waren.
    Er ging weiter auf das zu, was er nun für ein imaginäres Tor in der Mauer einer imaginären Festung hielt. Die enorme Erfindungsgabe des menschlichen Geistes hatte er noch nie infrage gestellt. Er hielt sie für einen der eindrucksvollsten Unfälle der Evolution. Aber diese Kreation war einfach unglaublich, stellte alles in den Schatten, was er je für möglich gehalten hätte. Er vermutete, dass sie das Produkt einer durch stimulierende Medikamente völlig entfesselten Fantasie war, die Essenz sämtlicher Kindermärchen, in denen Ritterburgen und Bollwerke eine Rolle spielten. Aber alles machte einen ganz wirklichen, greifbaren Eindruck, wie in solchen Träumen, an die man sich nach dem Aufwachen lebhaft und in allen Einzelheiten erinnerte, Träume, die sich so echt anfühlten, dass man seine Schritte genau nachverfolgen musste, um sich davon zu überzeugen, dass sie in der Realität unmöglich waren. So war es hier auch: real und doch unmöglich. Die einzig denkbare Erklärung lautete, dass er im Chaos eines besonders lebhaften Traumes gefangen war!
    Als er die Erfahrung auf diese Weise eingeordnet hatte, fühlte er sich sofort besser. Endlich hatte sein Verstand ein organisierendes Prinzip gefunden. Nun war die Sache geklärt. Dies war sein Traum. Es war die Projektion einer entfesselten Psyche, energetisiert durch die besten psychotropen Drogen, die die Medizin zu bieten hatte. Er reckte die Arme hoch und rief: »Ein Traum! Mein Traum! Unglaublich! Ich bin einfach umwerfend!« Seine Stimme hallte von den mächtigen Mauern wider.
    Die Kreativität seines eigenen Geistes war inspirierend und beeindruckend. Als würde er den begleitenden Soundtrack zu diesem Kinofilm seiner eigenen Halluzinationen hören, führte Tony einen kleinen Tanz auf. Die Arme emporgereckt, schaute er nach oben und drehte sich nach links, dann nach rechts. Er war nie ein großer Tänzer gewesen, aber hier konnte ihn niemand sehen, und so bestand nicht die Gefahr, sich zu blamieren. Wenn er tanzen wollte, würde er tanzen. Das war »sein« Traum, und er hatte die Macht und Autorität, das zu tun, was immer er wollte.
    Doch da befand er sich im Irrtum, wie sich zeigte.
    Als gelte es, etwas zu beweisen, richtete Tony seine Handflächen auf das monströse steinerne Bauwerk in der Ferne. Wie ein Zauberlehrling befahl er: »Sesam, öffne dich!« Nichts geschah. Nun, einen Versuch war es wert gewesen. Und es bewies lediglich, dass selbst in einem so lebhaften Traum seine Kontrollmöglichkeiten begrenzt waren. Es hätte keinen Sinn gehabt, umzukehren, also setzte Tony seinen Weg fort, zutiefst fasziniert von der Großartigkeit und Gestaltungskraft seiner Imagination. Da hier sein eigener Geist am Werk war, musste all das eine tiefere Bedeutung haben.
    Als Tony schließlich vor dem Tor ankam, war er zu keinem Schluss über den Sinn seiner Vision gelangt. Obgleich es im Vergleich zu dem gewaltigen Bauwerk, an dem es sich befand, fast schon banal wirkte, war das Tor massiv und ließ ihn sich

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