Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
Konfettikanone verschossen, stoben die Frauen in größter Unordnung aus der Damentoilette. Irgendwo inmitten dieser aufgeregten Welle schaffte Maggie es, sich wieder fertig zuzuknöpfen. Gestikulierend und hyperventilierend berichtete sie der sie umringenden Schar Frauen und den drei herbeigeeilten Saalordnern von der Männerstimme, die sie gehört hatte. Es gelang ihnen, Maggie ein wenig zu beruhigen. Dann näherten sie sich mit der gebotenen Vorsicht den Klokabinen. Alle Kabinen wurden durchsucht, auch der Besenschrank am Ende des Raumes, erfolglos. Maggie ließ sie noch einmal nachsehen, wiederholte, dass eindeutig ein Mann mit ihr gesprochen hatte. Allerdings hatten die anderen Frauen nichts gehört, außer Georgina Jones, die ständig hoffte, dass ein Mann sie ansprach.
Als feststand, dass sich kein Mann in der Damentoilette versteckt hielt, versammelten sich die Saalordner um Maggie.
»Vielleicht war es ja die Stimme des Herrn, Ms. Maggie?«, sagte einer von ihnen, eine hilfreiche Erklärung suchend. »Wir haben alles abgesucht, und hier kommt kein Mann raus, ohne gesehen zu werden.«
»Es tut mir so leid«, sagte sie. »Ich kann es mir nicht erklären, aber ich habe deutlich gehört, dass ein Mann ›Stopp!‹ sagte. Da bin ich mir sicher.«
Da nichts weiter getan werden konnte, löste sich die Menge auf. Doch keine der Frauen, die von dort geflüchtet waren, mochte die Damentoilette wieder betreten. Keine außer Maggie. Das Ganze war ihr furchtbar peinlich, und daher ging sie fest entschlossen wieder hinein, um selbst nachzusehen. Wäre es Tony möglich gewesen, mit dem Kopf gegen die Wand zu hämmern, er hätte es getan. Was war denn in diese Frau gefahren?
Ihre sorgfältige Durchsuchung ergab, dass sich tatsächlich kein Mann dort aufhielt. Sie gab auf und schaute in einen Spiegel, um ihr Äußeres zu überprüfen. Dabei beobachtete sie wachsam, ob sich niemand von hinten heranschlich. Sie atmete tief durch und beruhigte sich allmählich wieder. Als ihr Körper sich entspannte, fiel ihr ein, was sie vor dem Aufruhr hatte tun wollen. Sie ging in eine der Klokabinen und machte Anstalten, sich wieder zu entblößen.
»Um alles in der Welt, Maggie, stopp!«
In der Maranatha Holy Ghost Church geht es ruhig und zivilisiert zu, verglichen mit der Full Gospel Redeemer Fellowship ein Stück weiter die Straße hinunter, die in dem Ruf stand, dass die Ekstase dort ziemlich laut und heftig ausbrechen konnte. Daher war niemand von den im Kirchensaal still meditierenden Besuchern vorbereitet, als Ms. Maggie ein zweites Mal laut schreiend und mit der Handtasche wedelnd aus der Damentoilette stürzte. Gewiss waren sie schon viele Male Zeugen der Aktivität des Heiligen Geistes geworden, und von einigen regelmäßigen Kirchgängern war bekannt, dass der Geist mitunter recht eindrucksvoll über sie kam. Zwar konnten sie, wenn sie im Gottesdienst entsprechend geführt wurden, durchaus in Ekstase geraten, aber sie schlugen dabei nicht über die Stränge und blieben immer höflich. Wenn eine Frau von der Macht des Heiligen Geistes niedergeworfen wurde, achteten sie darauf, dass sie schicklich bedeckt blieb, besonders wenn die Jugendgruppe voller gaffender pubertierender Jungen am Gottesdienst teilnahm.
Aber noch nie hatten sie erlebt, nicht einmal wenn sie Jesus um Erlösung anflehten, dass der Geist derartig über ein Gemeindemitglied gekommen war. Während des zweiten Refrains von Oh Happy Day platzte Ms. Maggie Saunders in den Kirchensaal wie eine kleine Atombombe, rannte durch den Mittelgang und schrie: »Ich bin besessen! Ich bin besessen!«
Einige bezeichneten es später als wirklich erstaunlichen Zufall, dass sie genau auf Clarence Walker zustürmte, Mitglied des Kirchenvorstandes und zudem begehrtester Junggeselle der Gemeinde.
Wie es sich für ein gutes Kirchenvorstandsmitglied gehört, stand Clarence Walker, als er den Lärm hörte, aber er machte den Fehler, in den Mittelgang hinauszutreten, um die Ursache besser sehen zu können. Dort erstarrte er angesichts der Frau, die wie ein entgleister Schnellzug auf ihn zuraste. Gerade als sie ihre Höchstgeschwindigkeit erreichte, brach einer ihrer Absätze ab, wodurch sie ganz unzeremoniell durch die Luft segelte, genau in Kirchenvorsteher Walkers offene Arme. Zwar war er einige Zentimeter größer als sie, doch das machte sie durch die Anzahl ihrer Pfunde wett, sodass die beiden übereinanderpurzelnd zu Boden gingen und Anstand und Heiligkeit großflächig
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