Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
Dresden am 13 .Februar 1945 erlebt. Da war ja Faschingszeit. Binnen weniger Minuten schlug damals die ausgelassene Stimmung um in Tod und Zerstörung.
Euphorisch war Georg bei Erfolg, er genoss Anerkennung und Ruhm. Seine großzügigen Geschenke haben auch eine Vorgeschichte. Seine erste Liebe hat ihn nicht geheiratet, weil er ihr keine Küche kaufen konnte. Vielleicht zog er daraus den Schluss: Frauen kriegt man nur mit Geld. Einmal schenkte er mir Ohrringe aus Bergkristall mit den Worten: »Das sind deine Tränen.« Ich habe sie bald beim Tanzen in der Disco verloren.
Ich war immer häufiger niedergeschlagen, erschöpft, fertig. Das Leben mit Georg verschlang alle meine Kräfte, aber als Partner stand er mir nicht zu Verfügung. Ich war die Frau des Künstlers, ich selbst kam gar nicht vor, auch in Publikationen wurden wir als Georgs Familie fast nie erwähnt. Anpassung, Unterordnung, das war mir ja von meiner Mutter eingetrichtert worden. Äußerte ich gegenüber Georg wirklich mal Kritik, schossen meine Vorwürfe völlig überdosiert aus mir raus. Die Situation wurde unerträglich. Als ich einmal wegen Rückenschmerzen geröntgt wurde, holte ich die Röntgenaufnahme monatelang nicht ab, weil ich geschüttelt wurde von Angst. Die Diagnose meiner Schmerzen war harmlos, die Ursache meiner Angstblockade liegt weit zurück. Heute erkenne ich, dass ich mir in längeren Beziehungen immer Männer mit einer unglücklichen Kindheit ausgesucht haben, die mir meine eigene Sprachlosigkeit und Defizite widerspiegelten. Leidenschaft fand ich eigentlich nur in kurzen Verhältnissen. Sexuell haben wir uns immer viel Freiraum gelassen. Georg hatte Liebschaften und ich hatte Lover, wir waren beide nicht eifersüchtig, aber es wurde in gefährlicher Weise grenzenlos. Geheiratet haben wir nie, weil ich es nicht wollte. Ich wollte ausschließen, dass mir noch einmal die Kinder weggenommen werden können.
Unsere Rückkehr nach Deutschland war unser beider Wunsch. Georg bekam eine Stelle angeboten, unser Leben war mir zu locker, ich sehnte mich nach einer festeren Struktur. Unbewusst wusste ich: Ich muss an mir arbeiten, mir beruflich selbst etwas aufbauen, was im Ausland unmöglich war. Unsere Trennung vor zehn Jahren war ein langer Prozess. Georg war gegen unsere Trennung, aber ich merkte, an seiner Seite schaffe ich es nicht, mich gegen ihn abzugrenzen. Am wichtigsten war es mir, die Kinder zu behalten, materiell hatte ich eine gewisse Grundsicherung. Den letzten Ausschlag allerdings gab, dass Georgs jetzige Frau mich anrief und sagte: »Ich habe mich verliebt.« Als Künstlerin ist sie eine ebenbürtige Gesprächspartnerin. Sie und Georg haben viele alte Kontakte abgebrochen und leben nun für sich allein. Intuitiv weiß ich auch, wenn ein Kunstwerk gut ist, aber ich konnte immer nur wenig dazu sagen.
Ich hatte allerdings gehofft, dass wir freundschaftlich in Verbindung bleiben, Georg hat mich finanziell auch noch lange unterstützt, irgendwann hat er einen Schlussstrich gezogen. Das war zwar hart für mich, aber es hat mich dazu gezwungen, auf eigenen Beinen zu stehen. Als ich wusste, mein Leben muss jetzt anders laufen, habe ich meine materiellen Ansprüche von heute auf morgen heruntergeschraubt. Wenn ich mal verreise, kümmere ich mich um ein billiges Ticket, mehr als eine Woche Urlaub an der Ostsee ist nicht drin, aber ich weine dem Reichtum nicht nach. Ich habe das andere Leben ja gehabt.
Ich bin gesund, besitze eine schöne Wohnung. Ich denke, man muss im Leben gewisse Schwierigkeiten durchlaufen, um seinen Weg zu finden und darf sich in Krisen nicht von der Meinung anderer puschen lassen. Früher kam ich mit allen Menschen aus. Sobald jemand mich angenommen hat, habe ich ihn auch angenommen. Ich hatte nicht das Gefühl, überhaupt wählen zu dürfen; wenn jemand mich abwies, empfand ich das als Untergang. Heute erkenne ich, dass ich lange mit anderen mitgegangen bin und mich um meine eigenen Talente und Probleme kaum gekümmert habe. Seitdem ich meine Meinung stärker vertrete, haben sich einige Freundschaften aufgelöst.
Die nächsten und wichtigsten Menschen für mich sind meine Kinder und mein Enkel. Zu meinen Kindern wollte ich auf keinen Fall sein wie meine Mutter. Bei meiner ersten Tochter hatte ich manchmal den Impuls, sie zu schlagen. In dem Moment, als ich die Hand hob, fiel mir meine Mutter ein. Ich habe es geschafft, aus dem Muster auszubrechen und bin froh, dass man lernt, etwas besser zu machen und nicht
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