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Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert

Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert

Titel: Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina von Kleist
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leidenschaftlich zugehen sollte. Dass Georg als Künstler einen Namen hatte, imponierte mir natürlich. Und er war auch noch Oppositioneller, während ich ängstlich war.
    Als ich schwanger wurde, freute ich mich sehr. Ich litt unter der Trennung von meiner ersten Tochter, mein Selbstbewusstsein als Mutter war damals völlig ramponiert. Aber meine Schwangerschaft war sehr belastet. Georg wurde in dieser Zeit aus der DDR ausgewiesen, meine Mutter lehnte den Kontakt zu mir ab, weil ich nicht verheiratet war und sie das Gerede der Leute fürchtete. Als das Baby da war, vergaß sie ihre Vorbehalte. Ein dreiviertel Jahr nach Georgs Übersiedelung nach Frankfurt durfte ich 1981 ebenfalls ausreisen, doch eigentlich gehörte ich nicht zu denen, die die DDR verlassen wollten. Ich hing an meinen Freunden und meiner Umgebung. Bei meiner Ankunft im Westen holten mich Bekannte von Georg ab. Er selbst war auf einer Auslandsreise.
    Wir bekamen bald unser zweites Kind, ich war nun ausschließlich Mutter, mein Wunsch nach einem richtigen Familienleben hat sich jedoch nicht erfüllt. Eine Bekannte sagte mal zu mir: »Du darfst Georg nicht als Mann, du musst ihn als Künstler sehen.« Georg ist tolerant, nicht nachtragend, klug, mir geistig haushoch überlegen. Dass er nicht unbedeutend war, gefiel mir, auch wenn er nicht zur feinen Gesellschaft gehörte. Dazu war er zu quertreiberisch und immer unmöglich angezogen. Er war kein Glamourtyp, er war ein besessener Schaffer, hat Tag und Nacht gearbeitet. An erster Stelle kam die Kunst. Dann vielleicht ich und dann die Kinder. Er fand kaum Zeit für mich, außer im Bett. Aber wenn sich Nähe darauf beschränkt, führt das auch zur Entfremdung.
    Bewusst habe ich nicht so viel vermisst, aber ich fühlte mich immer unwohler in meiner Haut. Unwohl, nicht unglücklich. Unglück konnte ich gar nicht so definieren. Ich habe früher einfach gelebt und vieles nicht verstanden. Ich war ja auch ständig abgelenkt. Als wir für einige Jahre nach Paris umzogen, holte ich vieles nach, was in der DDR für mich unerreichbar gewesen war. Ich habe oft Partys gegeben, bin häufig tanzen gegangen und habe Popmusik für mich entdeckt. In den ersten Jahren im Westen hatte ich eine Art Kaufrausch. Ich kannte alle Boutiquen, neue Klamotten schenkte ich oft ungetragen weiter. Und wir sind viel gereist. Finanziell war Georg ungewöhnlich großzügig. Nicht nur mir hat er ein Haus geschenkt. Wenn ich mir ein Schloss gewünscht hätte, hätte ich es bekommen. Er war wie ein kleiner Fürst darauf bedacht, dass alle in seinem Hofstaat abgesichert waren.
    Er hat mir vieles ermöglicht, hat mich aus meinem provinziellen Sumpf herausgeholt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Meine schönste Erinnerung ist ein Urlaub in Ägypten, den wir einmal zu zweit machten. Sonst jedoch war er immer umlagert von Menschen. Reichtum und schöne Klamotten machen ja sexy und geil, unsere Beziehungskonflikte wurden durch Geld erleichtert. Wenn es mir schlecht ging, konnte ich mit den Kindern spontan eine Reise machen, ich konnte mir einen guten Arzt leisten, Freunde zum Essen einladen, ich konnte mir das Leben versüßen. Doch emotional fühlte ich mich immer ärmer. Ich vermisste meine gewachsenen Freundschaften, durch unseren Lebensstil war ich herausgehoben aus der normalen Gesellschaft, als reiner Privatmensch gehörte ich zu keiner sozialen Gruppe. In vielen Dingen war ich derart lebensfremd, dass mich Menschen manchmal anguckten, als sei ich eine Außerirdische.
    Ich denke, auf seine Weise hat Georg mich geliebt, aber wir sind nie ins Gespräch gekommen, es lief alles ohne Worte zwischen uns, wir haben einander gar nicht richtig kennengelernt. Er sagte einmal, andere hätten eine einfache Arbeit und eine komplizierte Beziehung. Und er hätte einen anstrengenden Beruf und brauche zu Hause Ruhe. Ich denke, er hat unsere Probleme in sich aufgenommen und dann künstlerisch wieder ausgespuckt. Ich hatte dieses Ventil nicht. Wenn ich versuchte, ihn als Vater einzubeziehen, ging es meist schief. Als wir einmal eine Fahrradtour machen wollten, stürzte er sofort. Er machte etwas sehr intensiv oder er war völlig geistesabwesend. Wenn ich mit Freunden zusammensaß und es ging sehr lustig zu, hat er die Atmosphäre kaputtgemacht und Gäste mit Bemerkungen vergrault. Zu gut durfte es nicht sein. Auf einem Karnevalsfest ist er einmal völlig ausgerastet. Warum, habe ich erst später begriffen. Als kleiner Junge hatte er den Bombenangriff auf

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