Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
bin. Aber ich weiß, hundertprozentiges Verstehen ist unmöglich, niemand denkt und fühlt genau wie ich. Und Beziehungsprobleme ergeben sich oft dadurch, dass man selbst meint: Irgendwie genüge ich nicht.
Meine Freunde und Freundinnen sind alle ein bestimmter Typ. Ich mag Menschen, die selbstbewusst, kreativ, intelligent, witzig sind, auf keinen Fall brave Personen. Eine Freundin von mir strahlt viel Glück aus: Sie ist gelassen, ruht in sich, ihr ist es egal, was andere Leute denken, wohingegen ich von Stimmungen leicht angesteckt werde. Wenn jemand schlechte Laune hat, beziehe ich das schnell auf mich. Aber ich merke auch, dass meine Begeisterung sich auf andere überträgt. Wenn es so aus einem raussprudelt, Ideen, Eindrücke, dies und das, reißt das andere mit. Ich erlebe allerdings auch, dass anderen meine Begeisterung nicht geheuer ist, sie finden sie übertrieben und mich überdreht.
Glücklich zu sein ist ein Ziel von mir. Ich bin’s schon, aber ich möchte gern noch glücklicher werden. Es gibt ein Erfüllungsglück, wenn man etwas tut oder ein Hobby hat. Und es gibt ein kurzzeitiges Glück, Momente, in denen man von innen leuchtet, man schwebt ein bisschen, ist wahnsinnig gut gelaunt und genießt ganz stark den Augenblick. Man strahlt dann alle Leute an, einige lachen zurück, andere gucken weg. Aber die Reaktion ist eigentlich unwichtig, weil einen das Gefühl trägt.
Das Gefühl zu schweben habe ich oft durch Alltagssachen: Wenn ich morgens jogge oder durch die Stadt gehe und etwas beobachte, bin ich oft total glücklich, häufig höre ich dabei Musik. Ich gehe gern allein ins Café oder auf den Flohmarkt, ich habe selbst keinen Fernseher, aber ab und zu davor rumzugammeln finde ich herrlich. Es ist ein Luxus, in einer vollen heißen Badewanne zu liegen. Essen spielt eine große Rolle. Meine Eltern kochen sehr gut, ich habe mir einige Tricks abgeschaut und jobbe auch deshalb nebenher, weil ich nicht nur bei Aldi einkaufen will. Lange habe ich gekellnert, aber ich bin darin einfach nicht gut und wollte unbedingt im sozialen Bereich arbeiten. Als ich noch in Trier studierte, betreute ich einen behinderten jungen Mann, er hat Sklerose und Muskelatrophie, manchmal hatte ich am Stück 72 Stunden Dienst. Drei Nächte hintereinander wach zu bleiben brachte mich an meine Grenzen, aber es war eine sinnvolle Aufgabe. Und ich mochte ihn gern.
Große Freude macht es mir, wenn ich neue Leute kennenlerne, in der Berliner U- und S-Bahn werde ich oft in Gespräche verwickelt. Neulich setzte sich ein Mann neben mich, der war ganz schwarz gekleidet und komplett tätowiert, seine Nasenscheidewand war völlig gepierct. Ich konnte nicht weiter lesen, weil ich immerfort hingucken musste, und habe ihn angesprochen: »Entschuldige, stört dich das, wenn ich dir ein paar Fragen stelle?« Unser Gespräch war total interessant und er sehr nett. Das ist eine Form von Glück, weil man so rauskommt aus dem Schubladendenken, ich bedauere, dass unsere Gesellschaft sich so wenig durchmischt.
Dass Menschen Grüppchen bilden beobachte ich überall, auch auf Partys. Viele unterhalten sich nur mit denen, die sie schon kennen, geben sich cool-reserviert. Deshalb mag ich volle Räume Wenn sich alle aneinander vorbeischlängeln müssen, kommt man schneller ins Gespräch. Privat gelingen oft Partys, auf denen improvisiert wird. Wenn zu wenig zu essen da ist und nicht alles perfekt vorbereitet ist, ist es oft am fröhlichsten. Nachts wird der Kühlschrank geplündert, man kocht Spaghetti, der Gastgeber ist nicht gestresst.
Insgesamt ist unsere Generation sicher konservativer als die meiner Eltern, im privaten Bereich, denn Politik spielt eigentlich für viele junge Leute keine große Rolle. Es wird nach meinem Eindruck zunehmend individualistischer. Was mich richtig aufregt ist die Einführung von Studiengebühren, sie vergrößern die Ungleichheit der Bildungschancen. Um bei politischen Themen durchzusteigen und zu durchschauen, was für wirtschaftliche Interessen hinter Abkommen stehen, müsste ich viel häufiger Zeitung lesen. Ich weiß einfach nicht, wo ich das in meinem Alltag noch unterbringen kann. Richtig Angst macht mir die Arbeitslosigkeit, auch mein Vater musste Mitarbeiter entlassen. Meine Eltern involvieren mich nicht in Berufliches, aber ich kriege ihre finanziellen Sorgen natürlich mit. Ohne meine Eltern, meinen Freund würde ich wahrscheinlich gar nicht mehr so oft nach Hamburg fahren. Aber wo meine Eltern wohnen, da
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