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Der Weg zur Hölle

Der Weg zur Hölle

Titel: Der Weg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaspar Dornfeld
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Körper gehabt, wären ihm wahrscheinlich beide Beine abhanden gekommen. Natürlich geschah Koss nichts. Allerdings brauchte er einen Moment, um das zu begreifen. Simmons hingegen schrie auf, taumelte, fiel nach vorn und schleuderte dabei die Säge von sich. Die junge Frau schaffte es gerade noch, zur Seite zu springen.
    Der schwer verletzte Mann auf dem Boden gab ein widerliches Bild ab. Er versuchte hilflos, von der Stelle zu krauchen und brüllte wie am Spieß.
    »Du Fotze! Motherfucking bitch! Ich krieg dich noch, und dann schneid' ich dir die Titten ab!«
    Große Schmerzen sind — eine Geisterstatistik belegt das — die häufigste Ursache für schlechte Umgangsformen.
    Evelyn trat Simmons mit voller Wucht ins Gesicht. Er hörte auf zu kriechen und blutete nun auch noch aus dem Mund. Die junge Frau stellte ihren Fuß auf seinen Rücken und hielt die Säge an seine Kehle. Mir schoss unwillkürlich der Gedanke durch den Kopf, dass das bei dem Mord an Meyer genauso ausgesehen haben musste.
    Simmons wimmerte und bettelte, doch er hütete sich, seinen Kopf zu bewegen.
    »Hast du meinen Vater getötet?«
    »Nein! Ich schwör's! Medchenwunder! Ja! Das war ich. Mit den anderen beiden hab ich nichts zu tun. Wirklich!«
    »Warum hast du den umgebracht?«
    »Weil ich geglaubt hab, irgendwer hat deinen Vater wegen unserem Geschäft erledigt. Irgendeiner, dessen Sohn wegen uns jetzt auf irgendwas drauf ist. Medchenwunder musste weg. Den kannten sie alle. Mich nicht. Ich hab's dann so aussehen lassen, als wärs derselbe gewesen, der deinen Vater umgebracht hat. Bitte nicht! Bitte nicht!«
    Er heulte, greinte, und ich konnte feststellen, dass er sich obendrein noch in die Hosen gemacht hatte.
    »Du hast den Tod meines Vaters einfach für deine Scheiße benutzt?«
    »Ja, ja. Ich geb's ja zu. Bitte!«
    »Und als du hier warst, wolltest du mich umbringen!«
    »Das war doch nichts Persönliches!« Was für ein dämlicher Satz! Aber wer kann es unter solchen Umständen besser?
    »Verreck doch, du Schwein«, zischte Evelyn, doch ich bemerkte, dass ihre Hand zitterte. Es ist eben etwas anderes, in rasender Wut um sich zu schlagen, als jemandem, der wimmernd am Boden liegt, die Kehle durchzusägen.
    Plötzlich sprach eine Stimme aus mir heraus, leise und ruhig:
    »Frau Koss. Bitte erschrecken Sie nicht. Ich bin von der Polizei, und ich halte eine Waffe auf Sie gerichtet.«
    Können sich die Leute nicht mal woanders hinstellen? Ich schwebte zur Seite, ganz vorsichtig, als ob selbst eine hektische Bewegung von mir zur Katastrophe führen könnte. Reemund strahlte eine Gelassenheit aus, die ich nie von ihm erwartet hätte. Hinter ihm standen Wedelbeck, Nöhl und Bella Weilandt. Alle mit ihren Dienstwaffen im Anschlag.
    »Mein Name ist Reemund. Ich bin Kriminalhauptkommissar. Wir sind uns bereits begegnet, auf der Beerdigung Ihres Vaters. Drehen Sie sich bitte nicht um, sondern schalten Sie einfach die Säge ab.«
    Evelyn war erstarrt.
    »Wissen Sie, was dieses Dreckschwein gemacht hat?«
    »Wir haben es alle gehört. Es gibt also keinen Grund für Sie, sich unglücklich zu machen. Es wird alles gut. Ich bitte Sie: Schalten Sie die Säge aus.«
    * * *

KAPITEL 17 - SCHULD
SCHULD: Unter S. in moralischer Bedeutung versteht man die Urheberschaft des sittlich Bösen, das aus der Nichtachtung oder der bewußten Leugnung des Sittengesetzes entspringt. Zur S. wie zu dem ihr entgegengesetzten Verhalten gehört daher die Freiheit der Handlung. Die Größe der S. bemißt sich nach dem Grade der angewandten Willensenergie, die auf Grund der Beschaffenheit, Zahl und Stärke der entgegenwirkenden Motive beurteilt wird.
    (Brockhaus' Konversationslexikon, 14. Auflage, Leipzig, 1898)
    »Warum hast du mich mit hergenommen?«, fragte Kojun.
    »Ich dachte, du wolltest mal wieder dabei sein, wenn ein Täter geschnappt wird«, antwortete Reemund.
    »Und was soll ich machen, wenn er weglaufen will? Ihn über den Haufen fahren?«
    Reemund saß auf einer Parkbank. Es war die überlange Bank, auf der die ganze Geschichte für mich begonnen hatte und ziemlich genau ein Tag nach den Ereignissen in Koss' Waldhäuschen. Kojun stand mit seinem Rollstuhl daneben und Eduard Koss und ich schwebten kaum einen Meter entfernt von den beiden in der Luft. Die Nacht drohte, kalt zu werden.
    »Ich glaube, er wird nicht weglaufen«, sagte Reemund.
    Der Polizeipräsident schnaubte verächtlich.
    »Also komm! Du musst zugeben, dass meine Prognosen sich oft als wahr

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