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Der Weg zurück

Der Weg zurück

Titel: Der Weg zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.M. Remarque
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wollte mich heranziehen und lächelte sogar dabei, süßlich und geziert, man hätte Mitleid mit ihr haben können, denn sie war ja schließlich nur eine armselige Armeematratze, die jeden Tag zwanzig, dreißig Kerle und mehr aushalten musste – aber ich legte ihr das Geld hin und ging rasch wieder fort, die Treppe hinunter.
    Jupp zwinkerte mir zu. »Wie war’s?«
    »Sache«, antwortete ich wie ein alter Fachmann, und wir wollten fortgehen. Aber wir mussten erst wieder bei dein Sanitätsgefreiten vorbei und bekamen eine neue Protargoleinspritzung.
    Das ist nun die Liebe, dachte ich verzweifelt und matt, als wir unsere Sachen packten, das ist nun die Liebe, von der alle meine Bücher zu Hause voll waren, und von der ich so vieles erwartet hatte in den unbestimmten Träumen meiner Jugend! Ich rollte meinen Mantel und packte meine Zeltbahn, ich empfing Munition, und dann marschierten wir, ich war schweigend und traurig und dachte daran, dass nun von all den hochfliegenden Träumen vom Leben und von der Liebe nichts übrig geblieben war als ein Gewehr und eine fette Dirne und das dumpfe Grollen am Horizont, in das wir langsam hineinmarschierten. Es wurde finster darüber, die Gräben kamen und der Tod, Franz Wagner fiel in dieser Nacht, und wir verloren außerdem noch dreiundzwanzig Mann.
    Von den Bäumen sprüht der Regen, und ich schlage den Kragen hoch. Oft habe ich jetzt Sehnsucht nach Zärtlichkeit, nach scheuen Worten, nach schwingenden, weiten Gefühlen; ich möchte heraus aus der entsetzlichen Eindeutigkeit der letzten Jahre. Aber wie würde es werden, wenn es wirklich gelänge – wenn es wieder zusammenkäme, das Weiche und Weite von früher, wenn wirklich jemand gut zu mir sein wollte, eine schmale, zarte Frau, wie die mit dem Goldhelm und den weichen Gelenken – wie würde es werden, selbst wenn wirklich der Rausch eines blauen und silbernen Abends unendlich und selbstvergessen über uns herniederdämmerte –? Würde nicht das fette Bild der Dirne sich im letzten Augenblick dazwischenschieben, würden nicht die Stimmen meiner Kasernenhofunteroffiziere plötzlich ihre Schweinereien dazwischenwiehern, würden nicht Erinnerungen, Gesprächsfetzen, Kommissdeutlichkeiten jedes reine Gefühl zerfetzen und durchlöchern? Wir sind noch fast keusch, aber unsere Fantasie ist zersetzt worden, ohne dass wir es gemerkt haben, und bevor wir noch von der Liebe etwas wussten, wurden wir schon reihenweise öffentlich auf Geschlechtskrankheiten untersucht. Das Atemlose, Ungestüme, der Wind, das Dunkle, die Frage – alles was da war, wenn wir als Sechzehnjährige hinter Adele und den andern Mädchen im flackernden Laternen-wind herliefen –, es ist später nie mehr wiedergekommen, auch wenn ich nicht bei einer Dirne war und glaubte, es sei anders, und die Frau sich festkrallte und die Gier mich schüttelte. Nachher war ich immer traurig.
    Unwillkürlich marschiere ich schneller und atme heftig. Ich will es wiederhaben – ich muss es wiederhaben. Es soll wiederkommen, sonst hat es keinen Zweck, zu leben! –
    Ich schlage den Weg zu Ludwig Breyers Wohnung ein. In seinem Zimmer ist noch Licht. Ich werfe Steine ans Fenster. Ludwig kommt herunter und öffnet mir die Tür.
    Oben im Zimmer steht Georg Rahe vor den Kästen von Ludwigs Steinsammlung. Er hat einen großen Bergkristall in der Hand und lässt ihn funkeln.
    »Gut, dass ich dich noch treffe, Ernst«, lächelt er, »ich war schon bei dir zu Hause. Morgen fahre ich ab.«
    Er ist in Uniform. »Georg«, sage ich stockend, »du willst doch nicht …«
    »Doch!« Er nickt. »Wieder Soldat werden. Stimmt. Alles schon erledigt. Morgen geht’s los.«
    »Verstehst du das?«, frage ich Ludwig.
    »Ja«, antwortet er, »ich verstehe es. Aber es nützt ihm nichts.« Er wendet sich zu Rahe. »Du bist enttäuscht, Georg, aber überlege dir, dass das natürlich ist. Im Felde waren unsere Nerven immer angespannt bis zum Äußersten, denn es ging stets um Tod und Leben. Jetzt flattern sie umher wie Segel in einer Windstille; denn hier geht es um kleine Fortschritte.«
    »Richtig«, fällt Rahe ein, »um dieses kleinliche Gewürge von Futter, Streberei und ein paar hineingeflickten Idealen, das kotzt mich ja gerade an, und deshalb will ich fort.«
    »Wenn du absolut was unternehmen willst, kannst du ja bei der Revolution mitmachen«, sage ich, »vielleicht wirst du da noch Kriegsminister.«
    »Ach, diese Revolution«, antwortet Georg wegwerfend, »die ist mit den Händen an der

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